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       # taz.de -- Pläne der EU-Kommission: Protest gegen Chat-Überwachung
       
       > Die EU-Kommission will, dass Messenger-Dienste wie Whatsapp Nachrichten
       > scannen. Bürgerrechtler:innen protestieren, Minister Wissing ist
       > besorgt.
       
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       Berlin taz | Gegen die in der vergangenen Woche von der EU-Kommission
       vorgestellten Pläne zur Überwachung von Chats formiert sich Widerstand in
       der Zivilgesellschaft. Einer [1][Petition mehrerer Bürgerrechtsgruppen]
       schlossen sich innerhalb weniger Tage deutlich über 100.000
       Unterzeichner:innen an. Die Petition fordert Innenministerin Nancy
       Faeser (SPD) auf, die Pläne auf EU-Ebene zu stoppen. „Wir haben es hier mit
       dem umfassendsten [2][Überwachungsgesetz] der letzten zehn Jahre zu tun“,
       sagt Jakob Rieger vom Vorstand des Vereins Digitale Freiheit.
       
       Das Vorhaben der EU-Kommission: Anbieter von Messenger-Diensten wie
       Whatsapp, Signal oder Threema sollen zum Durchleuchten von Kommunikation
       auf Inhalte, die mutmaßliche Darstellungen von sexualisierter Gewalt an
       Kindern enthalten, verpflichtet werden können. Die Pläne sind aus
       zahlreichen Gründen umstritten. So müssten die Anbieter, um ihrer
       Verpflichtung nachzukommen, entweder ihre Verschlüsselung brechen, damit
       sie die eigentlich Ende-zu-Ende-verschlüsselte Kommunikation scannen
       können. Oder die Anbieter durchsuchen die Inhalte vor dem Versand direkt
       auf den Endgeräten der Nutzer:innen.
       
       Beides würde die Vertraulichkeit der Kommunikation untergraben und beide
       Ansätze wären auch zweckentfremdbar – etwa um nach politisch unliebsamen
       Inhalten zu suchen. Tom Jennissen vom Verein Digitale Gesellschaft wagt
       einen Vergleich: Wenn Post- und Telefonanbieter die gesamte Kommunikation
       überprüfen und gegebenenfalls an die Sicherheitsbehörden weiterleiten
       müssten, so Jennissen, wäre die Empörung zu Recht riesig.
       
       Darüber hinaus kritisieren Expert:innen, dass die Technologie
       fehleranfällig sei: „Niemand will einen besseren Schutz von Kindern
       verhindern“, sagt Felix Reda von der Gesellschaft für Freiheitsrechte. Die
       Pläne seien aber nicht geeignet, dieses Ziel zu erreichen. Unter anderem
       sei die Filterpflicht nicht auf bereits bekannte Missbrauchsdarstellungen
       beschränkt. „Es wird unweigerlich zu zahlreichen Falschmeldungen kommen“,
       sagt Reda.
       
       Der Europaabgeordnete [3][Patrick Breyer wies im taz-Interview darauf hin],
       dass die einschlägigen Kriminellen für das Weiterverbreiten der
       Darstellungen nicht auf Messengerdienste zurückgriffen, sondern andere
       Verbreitungswege nutzten. Breyer fordert daher unter anderem mehr Personal
       etwa für verdeckte Ermittlungen und für Prävention.
       
       Kritische Töne kamen diese Woche auch von Digitalminister Volker Wissing
       (FDP): „Allgemeine Chatkontrollen sind nicht hinnehmbar“, erklärte er am
       Dienstag. „Einige der Vorschläge der Kommission beunruhigen mich, weil sie
       einen Eingriff in den geschützten Raum der Vertraulichkeit der
       Kommunikation darstellen könnten.“
       
       SPD, Grüne und FDP hatten in ihrem Koalitionsvertrag ein Recht auf
       Verschlüsselung vereinbart. Die Pläne der EU-Kommission wären mit so einem
       Recht kaum vereinbar.
       
       18 May 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://aktion.campact.de/datenschutz/chatkontrolle-stoppen/teilnehmen?utm_medium=cms&utm_source=homepage&utm_campaign=slider
   DIR [2] /Schwerpunkt-Ueberwachung/!t5007813
   DIR [3] /Jurist-ueber-WhatsApp-Ueberwachung/!5841468
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Svenja Bergt
       
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