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       # taz.de -- Planetarer Generationenvertrag: Nicht O.K., Boomer
       
       > In der Coronakrise tragen die Jungen das Vorsorgeprinzip mit. Die
       > Klimakrise aber bleibt ungelöst. Wann zahlen die Älteren an die Jüngeren
       > zurück?
       
   IMG Bild: Post-Boomer am 18. Mai in Berlin
       
       Es brauchte 3,7 Milliarden Jahre, bis der Mensch so weit entwickelt war,
       wie er heute ist. Diesen Entwicklungsstand, und speziell den der Männchen
       mag man für mau halten, aber man kann es auch so sehen, dass wir in einem
       Universum von zwei Billionen Galaxien eine unfassbar privilegierte Stellung
       zugewiesen bekommen haben, die wir als Species seit kurzer Zeit so
       umfassend auskosten, dass das System des Planeten kollabiert. Es braucht
       jetzt dringend eine sachgemäße Kühlung der Erdoberfläche.
       
       Das ist der Rahmen, den man in den großen und gern auch den kleinen Krisen
       des Jetzt aus den Augen verliert. Aus bekannten Gründen ist speziell unsere
       bundesdeutsche Gegenwart mit der jüngeren Vergangenheit verknüpft. Und nun
       geht es in diesem Moment, da die [1][Staats-Billiarden] in Europa rausgetan
       werden, um eine strukturelle Verknüpfung mit der Zukunft. Also nicht nur
       ‚Nie wieder‘ sondern auch ‚So wie noch nie‘.
       
       Das ist leicht gesagt, aber wie soll das gehen, wo in der pandemischen
       Erschütterung die herrschende Sehnsucht nach dem ‚So wie immer‘ noch
       stärker ist? Eine zentrale Sache ist die Verstärkung einer neuen
       Perspektive – jener der jungen Menschen. Die „Normalität“, die wir uns so
       denken, ist immer noch weitgehend eine männliche Boomer-Welt, also geprägt
       von den privilegierten westdeutschen Nachkriegs-Babyboomerjahrgängen (und
       vergrößert durch die sich aus verständlichen Gründen anschmiegende
       Generation X).
       
       Diese Leute zwischen 40 und 75 sind nach unserem Verständnis gar nicht
       homogen. Aber wir blicken hier mal in einer Art kosmischem Kontext drauf.
       Und da sind sich viele in der Grundstruktur ähnlicher, als sie es im Alltag
       des konsumistischen, ästhetischen, moralischen und politischen
       Differenzierungstrebens wahrnehmen können.
       
       ## Die Jungen werden jetzt doppelte Opfer
       
       Während die Jungen in der Coronakrise entgegen einer verzerrten
       Medienwahrnehmung das politische Vorsorgeprinzip mittragen, das
       insbesondere das Leben der Älteren schützen will und die Kosten wohl
       überwiegend den Jungen überlässt, haben die Boomer den Jüngeren bisher die
       Risikovermeidung versagt, indem sie die Kosten einer ernsthaften
       Klimapolitik nicht mittragen wollen.
       
       Dadurch werden die Jungen jetzt doppelte Opfer. Wenn sie den Boomern nicht
       klarmachen können, dass die jetzt zurückzahlen müssen – und das bedeutet,
       die Corona-Krisenbewältigung mit Klimakrisenbewältigung und
       Transformationswirtschaft zu koppeln. Wenn den schon sehr ICH-igen Boomern
       alles nach ihnen schnurz ist, weil sie definitiv ihren [2][Spaß] gehabt
       haben, dann war es das. Aber vielleicht hilft es, ihnen die andere Welt zu
       zeigen, die sichtbar wird, wenn die Lebensperspektive bis ins 21.
       Jahrhundert reicht.
       
       Aus dieser verlängerten Weltperspektive ergibt sich zwangsläufig eine
       andere Politik. Deshalb ist es albern, dem Grünen Bundesvorsitzenden Robert
       Habeck vorzuwerfen, er wolle das Wahlrecht ja nur auf 16 senken, um damit
       junge Wähler zu gewinnen. Ja, was denn sonst? Jemand muss die
       Post-Boomer-Welt vertreten. Ob die Grünen diese Partei sein können, ist
       unklar. Klar ist aber, dass es für die Lebensperspektive der
       Unter-40jährigen dringend eine weitgehendere politische Repräsentation
       braucht als bisher. Eine klimapolitisch und sozialökologisch grundierte
       Vergabe der Corona-Milliarden folgte daraus praktisch zwangsläufig.
       
       Tja, Unfried, höre ich neuerdings süffisant: Und wie passt da die Forderung
       des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Kretschmann nach einer
       Prämie für Autos mit Verbrennungsmotoren dazu? Bei aller Sorge um die
       Beschäftigten in der baden-württembergischen Zulieferer-Industrie: Gar
       nicht.
       
       Aus Sicht der Jungen ist das Restauration der Boomer-Welt. Und nicht O.K.
       
       31 May 2020
       
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