URI: 
       # taz.de -- Polizei in Berlin: Schwarz-rot rüstet auf
       
       > Der Senat will das Berliner Polizeigesetz verschärfen. Taser und Bodycams
       > würden damit Standard, Präventivgewahrsam soll auf fünf Tage ausgeweitet
       > werden.
       
   IMG Bild: Ab ins Gewahrsam. Oder etwa doch nicht?
       
       BERLIN taz | Der schwarz-rote Senat will bis September die [1][Befugnisse
       für Polizei und Sicherheitsbehörden deutlich ausweiten]. Zu einem 52 Punkte
       umfassenden [2][Sofortprogramm], auf das sich die Landesregierung am
       Wochenende einigte, gehört demnach auch eine Überarbeitung des Allgemeinen
       Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (Asog), wie Innensenatorin Iris Spranger
       (SPD) am Montag im Innenausschuss sagte.
       
       Zu den ersten Maßnahmen – gedacht als Reaktion auf die Blockaden der
       Letzten Generation – gehört die Verlängerung des Präventivgewahrsams von
       maximal 48 Stunden auf fünf Tage. Dabei, so zeigen es Zahlen, die der taz
       vorliegen, scheitern schon jetzt die meisten Anträge auf vorbeugendes
       Gewahrsam vor Gericht. Seit Januar 2022 beantragte die Polizei in 325
       Fällen einen Unterbindungsgewahrsam – 68 Mal wurde dies gerichtlich
       angeordnet. Seit April dieses Jahres gab es bei 68 Anträgen 11 Anordnungen.
       
       Wie am Montag bekannt wurde, hat das Berliner Landgericht erstmals den
       Vorwurf der Nötigung gegen die Letzte Generation aufgrund von
       Straßenblockaden abgelehnt. „Ein Umsteigen auf den öffentlichen Nahverkehr
       oder das Einplanen von mehr Zeit“ sei für Autofahrer:innen generell
       möglich, hieß es in der Entscheidung. Auch sei eine Blockade von etwas mehr
       als einer Stunde „moderat“ angesichts „der üblichen Stauzeiten“ in Berlin.
       Im Ausschuss berichtete Spranger derweil von 900 Fällen, in denen die
       Polizei Gebührenbescheide gegen die Letzte Generation prüfe: 669
       Kostenbescheide seien bereits erlassen worden. Festgeklebten Personen
       würden 241 Euro für das Ablösen in Rechnung gestellt.
       
       Mit der Asog-Novelle soll zudem der flächendeckende Einsatz von Bodycams
       für Polizeibeamte, auch innerhalb von Wohnungen, geregelt werden, ebenso
       der Einsatz von Dashcams für Feuerwehrfahrzeuge. Als neue Bewaffnung – über
       einen bislang begrenzten Testversuch hinaus – sollen [3][Taser] zur
       Ausstattung von Polizist:innen gehören. Spranger zeigte sich überzeugt:
       „Wir schränken keine Grundrechte ein, wir schaffen klare Rechtsgrundlagen.“
       
       ## Deeskalation nicht erwiesen
       
       Deutliche Kritik kam aus Reihen der Opposition: Niklas Schrader von der
       Linken sprach von einem „Kurswechsel des Rückschritts“ durch „Eingriffe in
       Grundrechte“. Der Grüne Vasili Franco kritisierte eine fehlende
       Datengrundlage für die Behauptung, dass Bodycams zur Deeskalation
       beitrügen. Er zeigte sich zudem enttäuscht, dass Schwarz-Rot ein Vorhaben
       der Vorgängerregierung gestrichen habe: Quittungen für Polizeikontrollen,
       um Racial Profiling entgegenzuwirken.
       
       CDU-Innenpolitiker Burkhard Dregger sagte: „Uns geht es nicht darum, das
       Maß zu verlieren, weder bei der Intervention noch der Repression.“
       Gleichzeitig warb er für weitere Vorhaben der Koalition: eine verstärkte
       Videoüberwachung, den Einsatz und die Abwehr von Drohnen und die Ausweitung
       der Telekommunikationsüberwachung.
       
       Weder Spranger noch Polizeipräsidentin Barbara Slowik distanzierten sich
       von [4][Ermittlungen gegen den Tagesspiegel-Journalisten Julius Geiler].
       Gegen ihn hatte die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren wegen übler
       Nachrede und Verleumdung eingeleitet, nachdem er über den Berliner
       Polizisten und AfD-Lokalpolitiker André G. berichtet hatte. Zum Verfahren
       könnten sie sich nicht einlassen. Dass die Staatsschutz-Abteilung für
       politisch motivierte Kriminalität links gegen Geiler ermittelt, erkläre
       sich daraus, dass bislang „Pressedelikte“ beim Staatsschutz angesiedelt
       seien.
       
       12 Jun 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Innere-Sicherheit-in-Berlin/!5923457
   DIR [2] /Erste-Klausurtagung-der-Landesregierung/!5937384
   DIR [3] /Alleingang-der-Innensenatorin/!5893557
   DIR [4] /Ermittlungen-gegen-Journalisten/!5936306
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Erik Peter
       
       ## TAGS
       
   DIR Innensenatorin Iris Spranger
   DIR Neue Generation
   DIR Schwarz-rote Koalition in Berlin
   DIR Polizeigesetz
   DIR Schwarz-rote Koalition in Berlin
   DIR Polizeigesetz
   DIR Haushaltsgesetz
   DIR Repression
   DIR Schwerpunkt Klimaproteste
   DIR Schwerpunkt 1. Mai in Berlin
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Protest gegen Polizeigesetz: Gefährliche neue Spielzeuge
       
       Rund 50 Aktivist*innen demonstrieren in Berlin gegen das neue
       Polizeigesetz. Sie kritisieren vor allem die Anschaffung von Tasern und
       Bodycams.
       
   DIR Novelle des Berliner Polizeigesetzes: Juristischer Murks
       
       Experten halten den Entwurf für das neue Polizeigesetz für unausgegoren und
       fehlerhaft. Die Grünen warnen bereits vor der Schwächung des Rechtsstaats.
       
   DIR Neues Polizeigesetz für Berlin: Mehr Rechte für die Polizei
       
       Taser und Bodycams kommen und auch die Präventivhaft wird verlängert. Doch
       nicht alle Repressionswünsche gegen Klimaprotestler sind durchsetzbar.
       
   DIR Haushaltspolitik: Klimaliebling Polizei
       
       Noch immer ist unklar, wofür genau das milliardenschwere Sondervermögen
       Klimaschutz verwendet werden soll. Die Innensenatorin hat da eine Idee.
       
   DIR 4.100 Euro für Flughafenbesetzung: Letzte Generation soll blechen
       
       Die Polizei rückte an, als die Gruppe den Flughafen BER besetzte – dafür
       sollen Aktivist:innen zahlen. Sind sie aber eine kriminelle Vereinigung?
       
   DIR Kritik nach Räumung von Waldbesetzung: Vorgeschobene Gründe für Law-and-Order
       
       An der Räumung der Waldbesetzung in der Berliner Wuhlheide mehrt sich die
       Kritik. Der schwarz-rote Senat ließ mit teils hanebüchener Begründung
       räumen.
       
   DIR Nach dem 1. Mai in Berlin: Aufrüstung gegen Abrüstung
       
       Trotz friedlicher Demonstrationen will die Innensenatorin weitere
       Investitionen in die Sicherheit. Die Polizei erdrückte die Demos teilweise
       geradezu.