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       # taz.de -- Polizeigewalt in Nordrhein-Westfalen: Ganz schön hart
       
       > In NRW will die Landesregierung von CDU-Chef Armin Laschet das
       > Versammlungsgesetz verschärfen. Gegen Kritik ging die Polizei am Samstag
       > brutal vor.
       
   IMG Bild: Unter den Demonstrant:innen: Fans des 1. FC Köln
       
       Bochum taz | Mit massiver Härte und Gewalt ist die Polizei gegen
       Demonstrierende vorgegangen, die am [1][Samstag in Düsseldorf gegen das
       neue nordrhein-westfälische Versammlungsgesetz protestiert] haben. Mehrfach
       wurden Teile des Demonstrationszugs eingekesselt. Ihr Ziel, den Landtag,
       erreichten die Protestierenden nicht. „Die Polizei hat von Anfang an auf
       eine gewaltsame Eskalation gesetzt, um unsere Demonstration zu verhindern“,
       sagte Gizem Koçkaya, eine der Sprecher:innen des Bündnisses
       „Versammlungsgesetz NRW stoppen!“, der taz.
       
       Demo-Sanitäter:innen zählten etwa 100 Verletzte, vor allem durch
       Schlagstöcke und Pfefferspray der Polizeibeamt:innen. Videos im
       Internet zeigen, wie Teilnehmer:innen von der Polizei bis in
       Tiefgaragen verfolgt und dort zu Boden gebracht wurden. Eingekesselte
       hatten bei Temperaturen von bis zu 30 Grad offenbar über Stunden keinen
       Zugang zu Wasser.
       
       Attackiert wurden auch Journalist:innen: Ein Fotograf der dpa berichtete,
       ein Polizeibeamter habe ihn mehrfach mit einem Schlagstock geprügelt.
       Mindestens ein weiterer Pressevertreter sei ebenfalls angegriffen worden.
       dpa-Chefredakteur Sven Gösmann sprach von einem „nicht hinnehmbaren Angriff
       auf die Pressefreiheit“.
       
       Die Demo, zu der mehr als 80 Organisationen von Fridays for Future über
       Jusos bis hin zu Erwerbslosen-Initiativen aufgerufen hatten, richtete sich
       gegen den [2][Entwurf eines verschärften Landesversammlungsgesetzes]. Das
       von CDU-Innenminister Herbert Reul vorgelegte Papier sieht unter anderem
       mehr Videoüberwachung sowie ein strafbewehrtes Vermummungsverbot vor. Zum
       Vergleich: selbst im CSU-regierten Bayern gelten Verstöße dagegen nur als
       Ordnungswidrigkeit.
       
       ## Klausel gegen Overalls
       
       Mit einem sogenannten „Militanzverbot“ soll untersagt werden, durch das
       Tragen von „Uniformen oder uniformähnlichen Kleidungsstücken“
       Gewaltbereitschaft zu signalisieren und einschüchternd zu wirken. Der
       Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) warnt aber, dass damit nicht nur Aufzüge
       von Rechtsextremen, sondern auch Proteste etwa von Belegschaften in
       einheitlicher Arbeitskleidung untersagt werden könnten.
       
       Auch Fußballfans in Vereinstrikots fürchten um ihre Demonstrationsfreiheit
       – ebenso wie Klimaschützer:innen. In der Gesetzesbegründung werden weiße
       „gleichfarbige Overalls“ (wie bei den Garzweiler-Demonstrationen im Sommer
       2019) mit den „Springerstiefeln und Bomberjacken“ von Neonazis
       gleichgesetzt.
       
       Mit den Stimmen von CDU und FDP will Reul das Gesetz nach der Sommerpause
       durch den Landtag bringen. Nach der Polizeigewalt vom Samstag sieht sich
       der Innenminister von CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet allerdings mit
       Rücktrittsforderungen konfrontiert. Reul müsse „die Verantwortung für den
       völlig überzogenen Polizeieinsatz übernehmen und zurücktreten“, fordert
       nicht nur Peter Bastian vom Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen.
       Auch der innenpolitische Sprecher der NRW-Linken, Amid Rabieh, sagte der
       taz, Reuls Abgang sei überfällig.
       
       Reul selbst wollte sich zu dem Einsatz nicht äußern. SPD und Grüne werden
       die Polizeigewalt deshalb in Aktuellen Stunden des Landtags zum Thema
       machen. „Wir verlangen lückenlose Aufklärung“, so SPD-Fraktionschef Thomas
       Kutschaty.
       
       27 Jun 2021
       
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