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       # taz.de -- Präsidentschaftswahl in Aserbaidschan: Neues Narrativ gesucht
       
       > Bergkarabach hat sich Aserbaidschan bereits einverleibt. Für die kommende
       > Amtszeit muss sich Dauerpräsident Alijew eine andere Legitimation
       > überlegen.
       
   IMG Bild: Siegesjubel in Aserbaidschan – aber wofür eigentlich?
       
       Viel mehr geht nicht: Über 90 Prozent der Stimmen für Amtsinhaber Ilham
       Alijew lautet das Ergebnis der aserbaidschanischen Präsidentenwahl vom
       Mittwoch. Doch von einer [1][freien und fairen Abstimmung in der
       Südkaukasusrepublik kann keine Rede sein]. Die Veranstaltung war, wie alle
       Wahlen seit Dekaden, eine Farce.
       
       Die politische Opposition boykottierte den Urnengang. Sechs sogenannte
       Mitbewerber feierten den Autokraten als Sieger ab, dem es gelungen sei, mit
       der Rückholung von Bergkarabach im vergangenen Herbst die Souveränität
       Aserbaidschans über sein gesamtes Staatsgebiet wiederherzustellen. Der für
       Baku erfreuliche Begleitumstand dabei ist, dass rund 100.000
       Armenier*innen die Region fluchtartig verlassen haben. Dank massiver
       Repressionen sind die wenigen noch verbliebenen regierungskritischen Medien
       zum Schweigen gebracht.
       
       Nun also weitere sieben Jahre Alijew, die glorreiche neue Ära kann
       beginnen. Doch Obacht: Die Zeiten für den Dauerpräsidenten, dem
       mittlerweile auch das Image seines Regimes im Ausland egal zu sein scheint,
       könnten ungemütlich werden. Bislang war das Narrativ, [2][den Feind
       Armenien] in die Knie zu zwingen und [3][die Kontrolle über Bergkarabach]
       zurückzuerlangen. Jetzt braucht es, um die eigene Macht zu legitimieren,
       eine neue Erzählung.
       
       ## Sollbruchstellen im Land werden sichtbar
       
       Und genau da liegt das Problem. Denn Bergkarabach, wohin die Regierung
       horrende Summen für den Wiederaufbau pumpt, macht die Menschen nicht satt.
       Die Wirtschaft Aserbaidschans stagniert, die Arbeitslosigkeit in den
       ländlichen, abgehängten Gegenden ist hoch. Auch das Gesundheits- und
       Bildungswesen ist ausbaufähig. Alle diese Sollbruchstellen werden sicht-
       und spürbarer, je mehr sich die Siegeseuphorie verflüchtigt. Sie könnten
       entsprechende Unmutsbekundungen nach sich ziehen.
       
       Um von der innenpolitischen Misere abzulenken, bieten sich für
       Aserbaidschans Staatsführung weitere militärische Abenteuer an. Der Süden
       Armeniens oder ein Korridor nach Nachitschewan – eine aserbaidschanische
       Kleinstrepublik, die von Armenien umschlossen ist. Die traurige Gewissheit
       ist, dass die westlichen Staaten – viele von ihnen mit Baku gut im Gas- und
       Ölgeschäft auch dann wieder tatenlos zusehen werden.
       
       8 Feb 2024
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Barbara Oertel
       
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