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       # taz.de -- Präsidentschaftswahl in Brasilien: „Komm, lass uns reden“
       
       > Brasiliens Linke mobilisiert und trägt den Wahlkampf auf die Straße. Der
       > Rechtsextremist Bolsonaro gilt weiterhin als Favorit für die Stichwahl.
       
   IMG Bild: Dier Arbeiterpartei und ihrer Unterstützer machen in Rio mobil
       
       Rio de Janeiro taz | Anspannung und Bangen in den letzten Stunden vor der
       Stichwahl um die Präsidentschaft Brasiliens. Rechtsextremist Jair Bolsonaro
       [1][liegt in Umfragen vorne], doch sein Vorsprung schmilzt. Im ganzen Land
       machen Gegner des Ex-Militärs mobil, um die Stimmung in letzter Sekunde
       noch zu verändern. Niemand will sich wirklich ausmalen, was aus dem Land
       wird, sollte der erklärte Rassist und Befürworter von Folter an die Macht
       gelangen.
       
       Längst geht es nicht mehr um Fernando Haddad, den Kandidaten der
       Arbeiterpartei, dem inzwischen 44 Prozent der Stimmen vorausgesagt werden.
       Für seine Unterstützer ist er aber die Option der Demokratie, der
       Meinungsfreiheit und der Menschenrechte, die gegen die faschistische,
       rückwärtsgewandte Politik von Bolsonado und seinen Anhängern verteidigt
       werden muss.
       
       „Bist du unentschieden? Komm, lass uns reden“, steht auf Pappschildern, die
       Aktivisten allerorten auf belebten Plätzen in die Höhe halten. Es ist
       politische Überzeugungsarbeit in zigtausenden Einzelfällen – eine Art
       Gegenoffensive zu den Millionen Fakenews, die aus Bolsonaros Umgebung per
       WhatsApp verschickt werden und die bei vielen verunsicherten Bürgern
       Wirkung zeigten.
       
       Immer mehr Menschen tragen Sticker oder Aufkleber von Haddad. Die Linke
       gewinnt [2][die Präsenz auf den Straßen zurück], die in den Wochen des
       Bolsonaro-Aufschwungs fast verloren gegangen war. In mehreren Städten
       demonstrierten Zehntausende gegen Bolsonaro und gegen Faschismus.
       
       ## Polizei geht gegen Studenten vor
       
       Im Bolsonaro-Lager löst der Stimmungsumschwung Nervosität aus. Trotz eines
       immer noch großen Vorsprungs von über zehn Millionen Stimmen wird schon
       jetzt behauptet, dass „eine eventuelle Niederlage nur mittels Wahlbetrug
       durch Haddad möglich“ sei.
       
       Inhaltlich setzt Bolsonaro auf Mäßigung. Nein, er werde nun doch nicht aus
       dem Pariser Klimaabkommen aussteigen – sofern dieses keine Auflagen für die
       Ausbeutung des Amazonasgebiets mit sich bringe. Und seine Anhänger rief er
       zu Zurückhaltung auf, nachdem die Presse über immer neue Übergriffe gegen
       Linke berichtete.
       
       Im Gegensatz dazu setzten regionale Wahlgerichte und die Polizei in
       mehreren Bundesstaaten auf eine gefährliche Eskalation. Um verbotene
       Wahlpropaganda an Universitäten zu verhindern, stürmten Uniformierte am
       Donnerstag und Freitag über 15 Unis, rissen Plakate und Transparente ab und
       verhinderten auch einige Diskussionsveranstaltungen. Zumeist ging es nicht
       um Wahlplakate, sondern um Sprüche, in denen vor dem Faschismus gewarnt
       wurde.
       
       Studenten und Professorinnen protestierten umgehend, in Rio de Janeiro und
       anderen Städten kam es zu spontanen Demonstrationen. Schon bald hingen neue
       Transparente an den Unigebäuden, die von „Zensur“ handelten. Am
       Freitagnachmittag kritisierte auch Generalstaatsanwältin Raquel Dodge die
       Durchsuchungsaktionen als „Angriff auf die Meinungs- und Lehrfreiheit“ und
       kündigte rechtliche Schritte an. Dias Toffoli, Präsident des Obersten
       Gerichts, versprach, dass die Justiz die Autonomie und Unabhängigkeit der
       Universitäten schützen werde.
       
       27 Oct 2018
       
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   DIR Andreas Behn
       
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