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       # taz.de -- Präsidentschaftswahl in den USA: Wen kümmert das Klima?
       
       > Mit Donald Trump als Präsident werden die USA weit mehr CO2 ausstoßen als
       > mit Kamala Harris. Klimapräsidentin wird aber auch sie nicht.
       
   IMG Bild: Folgen des Klimawandels in den USA: Waldbrände in Kalifornien im September 2024
       
       Berlin taz | In ihren Reden könnten sich Donald Trump und Kamala Harris
       kaum stärker unterscheiden: „Ich habe immer daran geglaubt, dass die
       Klimakrise echt ist, dass sie drängend ist“, sagte Harris im Interview mit
       CNN. Trump dagegen hält das Pariser Klimaabkommen, die Erderhitzung auf 1,5
       bis höchstens 2 Grad zu begrenzen, für unnötig: „Das Paris-Abkommen hätte
       uns Billionen gekostet. Es war Abzocke, und ich habe es beendet“, sagte
       Donald Trump in der Fernsehdebatte mit Präsident Joe Biden im Juni.
       
       Unter Trump hatten die USA das Pariser Klimaabkommen im November 2020
       verlassen – nur um wenige Monate später unter Biden wieder beizutreten.
       Während seiner Präsidentschaft versprach Biden, die USA würden ihre
       Emissionen im Vergleich zu 2005 bis 2030 um 50 bis 52 Prozent reduzieren
       und bis 2050 klimaneutral werden.
       
       Wenn Trump gegen Harris gewinnt, sei das „der Pause-Knopf für den
       Klimaschutz“, sagt Johan Rockström, Leiter des Potsdam-Instituts für
       Klimafolgenforschung, „und das in einer Zeit, in der sich entscheiden wird,
       ob wir die 1,5-Grad-Grenze einhalten werden oder nicht“.
       
       Der wichtigste Teil von Bidens Klimapolitik [1][war der Inflation Reduction
       Act IRA], ein Paket aus Steuervorteilen und vergünstigten Krediten, die
       Investitionen in erneuerbare Energien, E-Autos und effizienteres Heizen von
       Wohnhäusern anregen sollen. Diese Förderungen sind nicht gedeckelt,
       Schätzungen kommen auf 400 Milliarden bis eine Billion US-Dollar
       Subventionen.
       
       ## Auch Republikaner profitieren vom IRA
       
       Trump hat den IRA als „grünen Schwindel“ bezeichnet und angekündigt, die
       Gelder zu streichen. Auf dieser Grundlage hat die Denkfabrik CarbonBrief
       fünf Studien ausgewertet, um den Effekt einer Trump-Präsidentschaft auf das
       Klima zu errechnen. Im Jahr 2030 würden die USA demnach ohne IRA etwa 5
       Milliarden Tonnen CO2 ausstoßen, unter Harris 3,8 Milliarden Tonnen CO2.
       Zum Vergleich: Japan hat jährliche Emissionen von 1 Milliarde Tonnen CO2,
       die EU will ihre Emissionen von aktuell etwa 3 Milliarden Tonnen CO2 auf
       etwas weniger als 2 Milliarden Tonnen CO2 im Jahr 2030 reduzieren.
       
       CarbonBrief geht in ihren Modellen davon aus, dass Trump den IRA abschaffen
       wird. Dass es so weit kommt, ist aber eher unwahrscheinlich. Dafür
       profitieren republikanische Politiker*innen zu sehr von den
       Steuervergünstigungen. Der Vorsitzende des Ausschusses für Umwelt und
       Industrie im Repräsentantenhaus zum Beispiel, der Republikaner Buddy
       Carter, wurde in einem Wahlkreis in Louisiana gewählt, in dem Hyundai und
       LG auch wegen der IRA-Subventionen für 7,6 Milliarden US-Dollar eine
       E-Auto-Fabrik bauen. 80 Prozent der IRA-Gelder fließen in Wahlkreise, die
       2020 republikanisch gewählt haben.
       
       Unter einer Trump-Regierung würde der IRA sicherlich einiges an Schlagkraft
       verlieren. Die Beratungsfirma Wood Mackenzie geht davon aus, dass zum
       Beispiel E-Autos weniger gefördert werden. Trium Capital, ebenfalls ein
       Beratungsunternehmen, vermutet aber, dass die Subventionen für Atomkraft,
       Wasserstoff und CO2-Speicher weitgehend sicher vor Trump sind.
       
       Davon profitieren auch fossile Öl- und besonders Gasunternehmen. Sie
       bekommen Subventionen dafür, mit Erdgas Wasserstoff herzustellen. Und mit
       den CO2-Speichern wollen sie ihre Klimabilanz aufbessern, ohne die
       Gasförderung einzustellen.
       
       ## Harris will doch kein Fracking-Verbot mehr
       
       Der IRA wird die Emissionen in den USA zwar verringern. Aber ob Trump oder
       Harris: Die USA tun nicht genug, um die Erderhitzung auf 1,5 Grad zu
       begrenzen. Würden Harris und ihre Nachfolger*innen bis 2050 einfach
       Bidens Klimapolitik weiterführen, wäre nicht wie versprochen
       Klimaneutralität erreicht, sondern die US-Emissionen lägen immer noch bei
       3,3 Milliarden Tonnen CO2 pro Jahr.
       
       Dass Harris ambitionierter wäre als Biden, ist unwahrscheinlich. Im
       Wahlkampf hat sie kaum über Klimaschutz gesprochen, auch keinen Klimaplan
       vorgelegt. Die Demokraten sehen das Klima nicht als Gewinnerthema: In den
       Staaten, in denen die Wahl knapp wird, halten 39 Prozent der
       Wähler*innen Klimaschutz für „sehr wichtig“, aber nur 4 Prozent für das
       wichtigste Wahlkampfthema. Das ergab eine Umfrage von Bloomberg.
       
       Den IRA erwähnte Harris trotz des vielen Geldes für republikanische
       Regionen im Wahlkampf nur selten, einmal während ihrer TV-Debatte mit
       Donald Trump: „Ich war die entscheidende Stimme im Senat für den IRA“,
       sagte sie und ergänzte: „Damit haben wir neue Pachtverträge fürs Fracking
       erlaubt.“
       
       Als Harris 2020 Präsidentschaftskandidatin der Demokraten werden wollte,
       hatte sie noch ein Fracking-Verbot gefordert. Während ihrer Zeit als
       Staatsanwältin in Kalifornien ist sie gegen fossile Unternehmen
       vorgegangen, hat einen Pipeline-Hersteller verklagt und gegen Exxon Mobile
       wegen Falschinformationen zum Klimawandel ermittelt. Und jetzt prahlt sie
       mit neuen Fracking-Projekten?
       
       Auch damit führt Harris die Politik Joe Bidens fort. Unter Biden wurde zwar
       2023 erstmals mehr in erneuerbare Energien investiert als in fossile.
       Trotzdem genehmigten Bidens Behörden mehr Öl- und Gasprojekte als unter
       Trump. Nie haben die USA so viel Öl und Gas gefördert [2][wie in den
       vergangenen vier Jahren]. Ein „Weiter so“ unter Harris würde also auch
       nicht reichen, um die Erderhitzung [3][bei 1,5 Grad zu stoppen].
       
       6 Nov 2024
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Jonas Waack
       
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