# taz.de -- Pressefreiheit in Belarus: Freie Medien zu lesen ist gefährlich
> Belarus ist nicht erst seit den gefälschten Wahlen von 2020 eine
> lupenreine Diktatur. Lange gibt es keine unabhängigen Medien mehr im
> Herzen Europas.
IMG Bild: Der Journalist Gennadi Mozheiko wurde unter anderem wegen Präsidentenbeleidigung zu drei Jahren Haft verurteilt
Auf der Weltkarte der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen ist Belarus
dunkelrot. Das heißt: „sehr ernste Lage“. Der kleine Staat im Herzen
Europas ist nicht erst seit den gefälschten Präsidentschaftswahlen vom
August 2020 eine Diktatur. Anfang 2024 gab es rund 1.400 politische
Gefangene im Land, die Dunkelziffer könnte dreimal so hoch sein. Laut der
Konrad-Adenauer-Stiftung kamen Mitte 2003 auf eine Million Einwohner in
Belarus 167 politische Gefangene, in Russland sind es 3,9. Unter den
politischen Gefangenen in Belarus sind [1][über 30 Medienschaffende]. Die
Lage für Journalist*innen unabhängiger Medien ist dort schon lange
gefährlich.
Nach den „Wahlen“ und den folgenden Massenprotesten versuchte Diktator
Alexander Lukaschenko kritische Berichterstattung komplett zu unterdrücken.
Viele Journalist*innen wurden verhaftet, Dutzende Medien als
extremistisch eingestuft und gesperrt. Alle ausländischen
Korrespondent*innen verloren ihre Akkreditierungen. Printmedien und
TV-Sender sind jetzt fest in staatlicher Hand. Für Medienschaffende hat das
gravierende Folgen. Allein 2023 wurden drei Journalistinnen zu langen
Haftstrafen verurteilt.
Zwei von ihnen hatten früher bei beim populären Internetportal tut.by
gearbeitet. Im Mai 2021 wurde es gesperrt, offiziell wegen [2][„Verstoßes
gegen das Massenmediengesetz“ und „Steuerhinterziehung“]. Mindestens 13
tut.by-Journalist*innen wurden festgenommen. Die meisten kamen nach
Schuldbekenntnissen und Geldstrafen wieder frei, einige flohen ins Ausland.
Chefredakteurin Maryna Zolateva und Geschäftsführerin Ljudmila Tschekina
verweigerten Schuldeingeständnisse und wurden im März 2023 nach zwei Jahren
U-Haft zu je zwölf Jahren in einer Strafkolonie verurteilt. Die
Herausgeberin des „Belarussischen Jahrbuchs“, Valerija Kascjugova, wurde zu
zehn Jahren Haft verurteilt.
Der häufige Vorwurf für Strafverfahren ist „Gründung, Führung und
Beteiligung an extremistischen Gruppen“. Auch Telegram-Kanäle werden immer
häufiger als „extremistisch“ eingestuft. Es ist schon gefährlich, Beiträge
freier Medien überhaupt zu lesen. Die meisten belarussischen
Medienschaffenden haben das Land verlassen. Laut dem unabhängigen
belarussischen Journalistenverband flohen fast 400 ins Ausland. Von dort
berichten sie weiter über ihre Heimat, in die sie nicht zurückkönnen.
So gibt es in Polen mit [3][Nexta] den größten russischsprachigen
Telegram-Kanal zur politischen Situation in Belarus, der auch auf
[4][YouTube], Twitter und anderen Social-Media-Kanälen aktiv ist. Aus Polen
sendet auch Belsat, ein von der polnischen Regierung und dem polnischen
Fernsehen betriebener TV-Sender, der vor allem mit belarussischen
Journalist*innen arbeitet. Belsat gilt in Belarus als „extremistische
Organisation“. Wer dem Sender ein Interview gibt, kann zu mehrjährigen
Haftstrafen verurteilt werden.
Belarus: Rangliste der Pressefreiheit: Platz 167
Dieser Artikel ist am 3. Mai 2024 als Teil einer gemeinsamen Sonderbeilage
der taz Panter Stiftung und Reporter ohne Grenzen zum Tag der
Pressefreiheit erschienen. Weitere Infos [5][hier].
6 May 2024
## LINKS
DIR [1] https://www.reporter-ohne-grenzen.de/belarus/inhaftierte
DIR [2] /Gesperrtes-Nachrichtenportal-in-Belarus/!5773545
DIR [3] /Repressionen-in-Belarus/!5932215
DIR [4] https://www.youtube.com/c/NEXTALive
DIR [5] /Krieg-gegen-die-Medienfreiheit/!vn6008357/
## AUTOREN
DIR Gaby Coldewey
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