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       # taz.de -- Pressefreiheit in Georgien bedroht: Viele Medien stehen unter Druck, Kritik ist unerwünscht
       
       > Regierungskritische Sender schließen, Journalisten werden bedroht.
       > Georgiens Medienlandschaft steckt zwischen Zensur und Protest.
       
   IMG Bild: Abend für Abend: Demonstrierende protestieren vor dem Gebäude des georgischen öffentlichen Rundfunks (GPB)
       
       „Solidarität und Freiheit für [1][Mzia Amaghlobeli]“: So hatte Vasil
       Ivanov-Tschikovani, Nachrichtenmoderator beim Staatlichen georgischen
       Rundfunk (GPB), im Februar seine Sendungen begonnen. Kurz darauf war er
       seinen Job los. Es läuft eine interne Untersuchung gegen ihn. Überprüft
       wird, ob er mit seiner Solidaritätsbekundung für die inhaftierte Kollegin
       [2][gegen die Berufsethik] verstoßen habe.
       
       Der GPB wird vollständig aus dem Staatshaushalt finanziert. Der frühere
       Direktor und jetzige Aufsichtsratsvorsitzende, Vasil Maghlapheridze, wurde
       2021 zum Vize-Vorsitzenden der Regierungspartei [3][Georgischer Traum] (KO)
       gewählt. Im Januar 2024 forderten Mitglieder des US-Kongresses
       Außenminister Marco Rubio auf, gegen Maghlaperidze wegen „undemokratischer
       Aktivitäten“ Sanktionen zu verhängen.
       
       Obwohl aus der Staatskasse finanziert, ist der GBP zu einem wichtigen
       Anlaufpunkt der proeuropäischen Proteste in Tbilissi geworden. Jeden Abend
       versammeln sich Dutzende Menschen vor dem historischen Gebäude. Sie
       fordern, dass der Sender der Gesellschaft Sendezeit für wichtige Themen
       einräumt.
       
       Solange er dieser Forderung nicht nachkommt, diskutieren die Teilnehmer
       live auf den Treppen des Gebäudes über Themen, die aus ihrer Sicht auf die
       Agenda gehören: Umweltfragen, Arbeitsrechte, Armut, eine Justiz, die von
       der Politik beeinflusst wird und eine Polizei, die oft gegen das Gesetz
       verstößt.
       
       Nicht nur der GBP hat mit massiven Problemen zu kämpfen. Am 11. Dezember
       2024 stellte der oppositionelle und reichweitenstärkste TV-Sender Mtavari
       Arkhi seinen Betrieb ein. Gegründet hat ihn 2019 Nika Gwaramia, der
       ehemalige Generalstaatsanwalt. 2024, sechs Monate vor den Parlamentswahlen,
       gründete Gwaramia die Partei Akhali.
       
       ## Das „Russengesetz“
       
       Das Bündnis „Koalition für Veränderungen“, dem die Partei mit anderen
       oppositionellen Gruppierungen angehört, erreichte 11,3 Prozent der Stimmen.
       Die Opposition erkennt die Wahlergebnisse nicht an. Die Schließung von
       Mtavari Arkhi wird auf Unstimmigkeiten sowie auf eine künstlich
       herbeigeführte Finanzkrise zurückgeführt.
       
       Im Gegensatz zu Radio- und TV-Sendern, die unter Druck geraten, hat sich
       die Online-Medienlandschaft in Georgien über die Jahre gefestigt. Nun steht
       auch sie vor einer ungewissen Zukunft. Unter anderem das im Frühjahr 2024
       verabschiedete Gesetz über „ausländische Agenten“, das die Bevölkerung als
       „Russengesetz“ bezeichnet, bedroht die Medien.
       
       Der KO hält nun ein Gesetz gegen aus dem Ausland finanzierte Organisationen
       für unzureichend und arbeitet an einem neuen Gesetz, das dem US-Gesetz zur
       Regulierung von Lobbyarbeit entsprechen soll. Darüber hinaus brütet das
       Einparteienparlament über Änderungen des Rundfunkgesetzes. Es sollen die
       Finanzierung und Einflussnahme der Medien auf die redaktionelle Politik
       eingeschränkt und kontrolliert werden.
       
       In den letzten zehn Jahren ist Georgien im Pressefreiheitsindex um fast 20
       Plätze zurückgefallen – 2014 belegte das Land Platz 84 von 180, 2024 war es
       auf Platz 103 abgerutscht. Dieser Wert wird sich 2025 voraussichtlich
       verschlechtern – auch wegen der Inhaftierung der Manager von Onlinemedien
       wie Batumelebi und Netgazeti und zahlreicher ungeklärter Fälle von Gewalt
       gegen Journalisten.
       
       11 Mar 2025
       
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