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       # taz.de -- Probleme beim BVG-Angebot: Es wird noch eine lange Reise
       
       > Neue Zahlen zeigen: Von der Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit früherer
       > Tage ist die BVG extrem weit entfernt. Am Montag wird erst mal gestreikt.
       
   IMG Bild: U-Bahn-Fahren könnte so schön sein
       
       Berlin taz | Ganz so schlimm kommt es auch bei der BVG nicht oft: Am
       Donnerstagnachmittag ging auf den U-Bahnlinien U1, U2, U3 und U4 gar nichts
       mehr. Wegen einer Stellwerksstörung wurde der Verkehr auf den Strecken
       zeitweilig komplett stillgelegt. Immerhin war es eine gute Gelegenheit für
       die Verkehrsbetriebe, ihre neue Strategie „empathischer“ Service-Ansagen
       umzusetzen. „Tief durchatmen, uns nervt es genau wie Sie“, hieß es aus den
       Lautsprechern. Auch auf Englisch wurden die Fahrgäste beruhigt.
       
       Deren ganz normaler Leidensweg durch die Stadt drückt sich in Zahlen aus,
       die weniger spektakulär daherkommen, aber dennoch die aktuellen Probleme
       des Unternehmens mit Material- und Personalproblemen abbilden. Aus der
       [1][Antwort der Senatsverkehrsverwaltung] auf eine parlamentarische Anfrage
       des verkehrspolitischen Sprechers der SPD-Fraktion, Tino Schopf, geht
       hervor, dass man immer noch weit von der Zuverlässigkeit früherer Jahre
       entfernt ist.
       
       So lag die „Pünktlichkeitsquote“ aller U-Bahnen im vergangenen November bei
       97,90 Prozent – der schlechteste Wert im Jahr 2024. Den besten erzielte das
       Angebot auf den 9 Berliner Linien mit 98,53 Prozent im März. Was für
       Uneingeweihte nach einem satten Erfolg klingen mag, relativiert sich beim
       Blick auf die Definition eines pünktlich abfahrendes Zuges im
       Verkehrsvertrag mit dem Land Berlin: Erst wenn dieser mehr als dreieinhalb
       Minuten nach Plan einen Bahnhof verlässt, rutscht er in den roten Bereich
       der Statistik.
       
       Auf einzelnen Linien ist die Performance noch deutlich schlechter. So fuhr
       die U1 im November gerade mal eine Pünktlichkeitsquote von 91,54 Prozent
       ein, bester Monat war ebenfalls der März mit 96,73 Prozent. Zum Vergleich:
       Die Schöneberger Mini-Linie U4, auf der sich praktisch keine Verspätungen
       anhäufen können, glänzte im Dezember mit einer fast schon
       realsozialistischen Quote von 99,82 Prozent.
       
       ## Am Fahrplan geschraubt
       
       Nicht in dieser Aufstellung erscheinen die komplett ausgefallenen Bahnen.
       Auch die hat Schopf abgefragt. 110.268 sogenannte Nutzkilometer konnte die
       BVG demnach im Dezember nicht erbringen. Das liegt etwas unter dem
       Vorjahresmonat, allerdings lagen die Ausfälle in den übrigen Monaten des
       Jahres 2024 zum Teil ein Vielfaches über denen von 2023.
       
       Im Herbst hatte die BVG notgedrungen schon am U-Bahn-Fahrplan geschraubt:
       Takte wurden verändert, die U1 in den Nachtstunden nur noch zwischen
       Nollendorfplatz und Uhlandstraße eingesetzt.
       
       Darüber, wie es in den Bahnen aussieht, sagen die Zahlen im Übrigen nichts.
       Aus der Antwort auf eine Anfrage der Grünen-Abgeordneten Antje Kapek im
       vergangenen September war hervorgegangen, dass die sogenannte
       „Erfüllungsquote der Regelkapazität“ [2][auf den Linien U1 und U3
       dramatisch abgesackt ist]. Sprich: Die Bahnen fahren zwar (meistens), aber
       weil aufgrund technischer Probleme mit dem überalterten Fuhrpark viele Züge
       mit weniger Wagen auf die Schiene geschickt werden, fehlt es an Platz in
       den Bahnen.
       
       ## Pünktlichkeitstrauerspiel bei Trams und Busse
       
       Noch deutlich unterhalb der U-Bahn liegt die Pünktlichkeit bei Trams und
       Bussen. Die Straßenbahnen kamen in der Summe auf 88,28 Prozent im Dezember,
       die Busse auf 88,15 Prozent – beide Werte gehörten über das Jahr gesehen zu
       den besseren. Deutlich zurückgegangen ist im Busverkehr die Zahl der
       ausgefallenen Kilometer. Das liegt aber auch daran, dass das Angebot zum
       Jahresbeginn 2024 auf vielen Linien eingeschränkt wurde, um den Betrieb zu
       stabilisieren.
       
       Nach Angaben der BVG in der Antwort auf Schopfs Anfrage ist die häufigste
       Ursache für den Ausfall von Fahrten bei U-Bahn, Straßenbahn und Bus das
       Fehlen von Fahrpersonal. Die Verkehrsbetriebe haben mit diesem Problem seit
       Jahren zu kämpfen, denn auch erfolgreiche Rekrutierungskampagnen können die
       Abwanderung und das altersbedingte Ausscheiden von FahrerInnen nicht
       kompensieren.
       
       Ob die Ergebnisse der laufenden Tarifverhandlungen mit der Gewerkschaft
       Verdi deutlich höhere Löhne beinhalten werden, bleibt abzuwarten. Die BVG
       verweist auf ihr Ziel, einen „fairen und guten“ Tarifvertrag abzuschließen,
       „um weiterhin eine attraktive Arbeitgeberin zu bleiben“. [3][Am Montag wird
       allerdings erst mal wieder gestreikt.]
       
       Als weiteren Lichtblick nennt das landeseigene Unternehmen die bestellten
       neuen Fahrzeuge in allen Verkehrssparten, „an deren Einflottung intensiv
       gearbeitet wird“. So ist im laufenden Jahr die Lieferung von 13 der
       besonders langen „Urbanliner“-Straßenbahnen und von 50 E-Gelenkbussen
       geplant. „Bis Jahresende“ sollen auch 140 neue U-Bahn-Wagen des
       Kleinprofil-Modells JK „geliefert und eingeflottet“ werden.
       
       7 Feb 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/19/SchrAnfr/S19-21316.pdf
   DIR [2] /Ausfaelle-bei-der-U-Bahn/!6040893
   DIR [3] /Warnstreiks-in-Berlin/!6067895
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Claudius Prößer
       
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