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       # taz.de -- Problemwölfe in Schleswig-Holstein: Nabu gibt grünes Licht für Abschuss
       
       > Tote und verletzte Schafe wurden im Kreis Pinneberg hinter Schutzzäunen
       > gefunden. Falls es ein Wolf war, würde der Nabu einen Abschuss mittragen.
       
   IMG Bild: Tote Schafe in Baden-Württemberg im April 2018: Auch dort war die Täterschaft zu klären
       
       Hamburg taz | Einen „situationsabhängigen Umgang mit Wölfen“ möchte der
       Naturschutzbund (Nabu) in Schleswig-Holstein. „Im Ernstfall würden wir
       nicht grundsätzlich gegen eine Entnahme opponieren“, sagt
       Landesgeschäftsführer Ingo Ludwichowski. Damit würden die Naturschützer die
       Tötung verhaltensauffälliger Wölfe akzeptieren. Wenn deren Gefährlichkeit
       eindeutig nachgewiesen worden sei, „tragen wir das mit“, so der Biologe.
       
       Im Kreis Pinneberg gibt es derzeit möglicherweise einen derartigen
       „Problemwolf“. Am 28. Dezember wurden auf einer Weide in der Ortschaft
       Hemdingen drei verletzte Schafe gefunden – „hinter einem 108 Zentimeter
       hohen, wolfssicheren Flexinetz-Zaun mit 8.500 Volt“, wie das
       Umweltministerium mitteilt. Im benachbarten Bilsen war es am 2. Januar
       hinter Zäunen gleichen Typs zu zwei weiteren Vorfällen gekommen. „Wir
       nehmen die Angelegenheit sehr ernst“, versichert der grüne Umweltminister
       Jan Philipp Albrecht.
       
       In zwei bis drei Wochen sollen die Ergebnisse der DNA-Spuren vorliegen. Das
       EU-Artenschutzrecht, das Wölfe unter strengen Schutz stellt, sieht auch
       Ausnahmen vor. Bei Wölfen, die wolfssichere Zäune überwinden, kann ein
       Antrag auf Abschuss gestellt werden. Bei den jüngsten Vorfällen sei die
       „Sachlage ziemlich klar“, will der Minister bereits wissen, auch
       Naturschützer Ludwichowski geht „mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit“ von
       einem Wolf aus.
       
       „Wir stellen uns im Falle eines Wolfsnachweises auf einen solchen Antrag
       ein“, so Albrecht. Wölfe, die sich auf Nutztiere spezialisieren,
       gefährdeten auch das Ziel des Artenschutzes, die Koexistenz von Wolf und
       Mensch in der Kulturlandschaft zu erreichen, so Albrecht. Dann würde ein
       Jäger mit der Tötung des fraglichen Wolfes beauftragt.
       
       Ludwichowski trägt das Vorgehen mit. Wölfe seien intelligente und
       lernfähige Tiere, sagt er. „Wenn ein ganzes Rudel lernt, wie es solche
       Zäune überwinden kann, dann haben wir echte Probleme auf dem Land“, glaubt
       er. Ohne eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung für die normalerweise
       eher scheuen Räuber sei die Existenz der vor mehr als 200 Jahren
       ausgerotteten, nun aber langsam wieder einwandernden Wölfe aber kaum zu
       sichern.
       
       Die in Schleswig-Holstein zusammen mit den Grünen und der FDP regierende
       CDU-Fraktion übt denn auch schon Druck auf Albrecht aus. Wenn ein
       „Problemwolf“ erkannt worden sei, sollte zügig gehandelt werden, erklärte
       am Montag ihr jagdpolitischer Sprecher Hauke Göttsch. Das könne in diesem
       Fall nur über eine sogenannte Entnahme – also einen Abschuss – des Tieres
       geschehen.
       
       Das Problem im Land habe sich verschärft, sagte Göttsch. „Wolfssichere
       Zäune scheint es – anders als erhofft – nicht geben zu können.“ Die
       Koalition müsse nun gemeinsam und besonnen neue Strategien erarbeiten, um
       sowohl den Tierhaltern als auch dem geschützten Wolf gerecht werden zu
       können.
       
       „Wolfssichere Zäune werden in der Regel nicht überwunden und sind daher
       auch weiterhin die beste Präventionsmaßnahme gegen Wolfsrisse“, beharrte
       Albrecht, räumte aber ein: „Sie bieten jedoch keinen einhundertprozentigen
       Schutz.“
       
       Nun müssten zunächst die genetischen Untersuchungen aus den Pinneberger
       Vorfällen abgewartet werden, sagte Albrechts Sprecherin Jana Ohlhoff auf
       taz-Anfrage. „Wir werden den Schutz vor Wölfen weiterhin evaluieren und die
       Maßnahmen im Lichte neuer Erkenntnisse kontinuierlich anpassen“,
       versicherte sie.
       
       8 Jan 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sven-Michael Veit
       
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