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       # taz.de -- Projekt „Event Horizon Telescope“: Erstes Bild von Schwarzem Loch
       
       > Schwarze Löcher sind eines der größten Mysterien im Universum. Gesehen
       > wurden sie noch nie – doch das hat sich jetzt geändert.
       
   IMG Bild: So sieht ein Schwarzes Loch aus – erstmals aufgenommen mit den Event-Horizon-Teleskopen
       
       Berlin/Bonn taz/dpa/afp | Sie sind unfassbar schwer, sie verschlucken
       Materie in einem Strudel und sie haben eine so starke Gravitation, dass
       Licht ihr nicht entkommen kann. Stoff für allerlei Endzeit-Fantasien:
       Schwarze Löcher im Universum. Aber niemand hat diese bizarren Objekte des
       Weltalls je gesehen. Noch kein Teleskop konnte [1][ein Schwarzes Loch]
       direkt ablichten.
       
       Nachgewiesen werden konnten diese Materie verschlingenden
       Schwerkraftgebilde nur auf indirektem Weg. Doch das hat sich an diesem
       Mittwoch geändert, als ein Forscherteam auf sechs zeitgleichen
       Pressekonferenzen rund um den Globus ein „bahnbrechendes Ergebnis“
       präsentierte: das erste Bild eines Schwarzen Lochs.
       
       Seit Jahren arbeitet das internationale Team daran, die erste Aufnahme zu
       machen. Dabei nutzt es nicht nur ein einziges Instrument, sondern eine
       Verknüpfung aus acht riesigen Radioteleskopen, die über den Globus verteilt
       sind. Sie stehen auf Hawaii, in Arizona, in Spanien, in Mexiko und Chile
       bis hin zum Südpol. [2][„Event Horizon Telescope“ (EHT)] nennen die
       Forscher*innen das Projekt. Auch das deutsche Max-Planck-Institut ist daran
       beteiligt.
       
       Jason Dexter, Teil des Forschungsteams am Max-Planck-Institut für
       extraterrestische Physik in Garching bei München, zeigt sich begeistert:
       „Es ist eine gute Zeit, um an Schwarzen Löchern zu forschen“, sagt er der
       taz. Seit den 70er Jahren sei dies das große Ziel von Wissenschaftlern. Nun
       sei das durch einen großen Einsatz technologischer Instrumente möglich.
       
       ## Hatte Albert Einstein Recht?
       
       Das Max-Planck-Institut kümmert sich um die Auswertung der Daten. Die
       Datenmenge, die die Forscher*innen sammelten, war so groß, dass sie nicht
       über das Internet verschickt werden konnten. Stattdessen wurden sie auf
       Festplatten gespeichert und mit Flugzeugen zur Verarbeitung transportiert.
       
       Mit dem Zusammenschluss von acht Teleskopen gelingt es, virtuell ein
       Observatorium von riesiger Größe zu bilden. Es hat einen effektiven
       Durchmesser von 12.000 Kilometern – also dem Durchmesser der Erde. Die
       Forscher*innengruppe hat damit zwei Schwarze Löcher beobachtet.
       
       Das eine liegt von der Erde aus gesehen im Sternbild des Schützen. Daher
       hat das schwarze Loch seinen Namen Sagittarius A* – die lateinische Form
       von Schütze. Sagittarius A* liegt im Zentrum unserer Galaxie, der
       Milchstraße. Es ist rund 26.000 Lichtjahre von unserem Sonnensystem
       entfernt und hat einen Durchmesser von etwa 44 Millionen Kilometern. Das
       hört sich riesig an, entspricht jedoch von der Erde aus gesehen lediglich
       der Größe eines Golfballs auf dem Mond.
       
       Das zweite ist das weitaus größere Schwarze Loch in der elliptischen
       Riesengalaxie Messier 87. Es ist 1500 Mal so groß wie Sagittarius, und
       befindet sich in noch weiterer Ferne.
       
       Das EHT-Projekt ist aber nicht nur eine Weltpremiere, es gilt auch als der
       bislang größte Testlauf für die Allgemeine Relativitätstheorie von Albert
       Einstein. Einstein hatte die Theorie vor rund einem Jahrhundert aufgestellt
       und die Schwarzen Löcher darin dargestellt. Demnach sind sie Gebilde, in
       denen die Masse von bis zu mehreren Milliarden Sonnen auf einen Punkt
       komprimiert ist. Durch die riesige Gravitation kann aus der direkten
       Umgebung nicht einmal Licht entkommen. Der US-Physiker John Archibald
       Wheeler gab ihnen deswegen Mitte der 60er Jahre ihren Namen.
       
       ## Der Trick: Radiowellen
       
       Genau diese Eigenschaften machen die Abbildung des Schwarzen Loches so
       schwierig. Es ist auch für die besten Teleskope unsichtbar. Zeichnungen auf
       Grundlage der Allgemeinen Relativitätstheorie zeigen oft einen schwarzen
       Kreis mit einem strahlend hellen Ring. Die Innenseite dieses Rings markiert
       den sogenannten Ereignishorizont: bis hier hin kann noch Licht entkommen.
       Man fotografiert also nur den strahlend hellen Ring um das Schwarze Loch.
       
       Noch ein Vorteil von EHT: Die Astronom*innen nutzen Radioteleskope. Im
       Gegensatz zu elektromagnetischen Wellen werden Radiowellen von Gas und
       Staub nicht so stark geschluckt und kommen besser durch die dichte Schicht
       rund um das schwarze Loch.
       
       ## Mehr Wissen über das Universum
       
       Bleibt abschließend noch die Frage zu klären: Was bringt den Astronom*innen
       ein Bild von einem Schwarzen Loch überhaupt? „Wir sind sehr nah dran, zu
       verstehen, wie diese Gebilde funktionieren und damit neue Erkenntnisse zu
       gewinnen, wie Gas und Materie sich unter dem Einfluss extremer Anziehung
       verhalten“, sagt Jason Dexter vom Max-Planck-Institut. Die
       Relativitätstheorie werde also unter den extremsten
       Gravitationsbedingungen, die es im Universum gibt, geprüft.
       
       Darüber hinaus sind auch viele Fragen zu den Schwarzen Löchern noch nicht
       geklärt, etwa wie die Materie genau in den Schlund strudelt. Oder warum bei
       manchen Schwarzen Löchern ein Teil dieser Materie vor Erreichen des
       Ereignishorizonts in einem scharf gebündelten Strahl wieder
       hinausgeschleudert wird. Solche Erkenntnisse bestimmen das Bild, das
       Astrophysiker gegenwärtig von unserem Universum haben.
       
       Übrigens gibt es auch einen Film, der sich an die Darstellung eines
       Schwarzen Loches gewagt hat: das 2014 erschienene Science-Fiction-Drama
       Interstellar. Von der Realität waren die Filmemacher*innen gar nicht mal so
       weit weg.
       
       10 Apr 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Erwachendes-Schwarzes-Loch-entdeckt/!5211088
   DIR [2] https://eventhorizontelescope.org/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Maike Brülls
       
       ## TAGS
       
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