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       # taz.de -- Protest im Hambacher Forst: Polizeieinsatz mit MP5
       
       > Nach einem Einsatz im Hambacher Forst erheben Aktivist*innen Vorwürfe:
       > Eine Beamtin habe eine MP5 auf sie gerichtet. Die Polizei bestätigt das
       > nicht.
       
   IMG Bild: Polizeieinsatz im Hambacher Forst im März 2019
       
       Am Freitag, den 1. Mai, ist die Polizei für einen Einsatz in den Hambacher
       Forst gefahren. Was dort passiert ist, darüber gehen die Darstellungen
       auseinander. Auch dazu, ob Polizeikräfte Schusswaffen auf Menschen
       gerichtet haben. Dass Polizeikräfte eine Maschinenpistole vom Typ Heckler &
       Koch MP5 dabeihatten, bestätigt ein Sprecher der Polizei Aachen gegenüber
       der taz. Dazu, dass diese Waffe auf Menschen gerichtet worden sei, habe man
       bereits eine Dienstaufsichtsbeschwerde erhalten.
       
       Grundsätzlich darf die Polizei Schusswaffen nur auf Menschen richten, wenn
       gegenwärtige Gefahr für Leib und Leben besteht, also zur Verteidigung
       anderer und zum Selbstschutz. Polizeikräfte sind verpflichtet, nur solche
       Maßnahmen zu ergreifen, für die eine Rechtsgrundlage besteht. Ein anderes
       als das mildeste wirksame Mittel dürfen sie nicht wählen. Die
       Maschinenpistole ist die schwerste Waffe, die der Polizei regulär zur
       Verfügung steht.
       
       „Wir haben die Polizei gesehen und eine große Automatikwaffe mit zwei
       Griffen“, sagt ein Aktivist, der sich Spike nennt, der taz. Er glaubte
       sogar, es sei ein „Maschinengewehr“ gewesen, solchen Eindruck machte die
       MP5. „Wir hatten Angst vor Polizeigewalt. Wir wussten ja nicht, was die
       vorhaben. Wir waren zu sechst, sind circa 100 Meter entfernt stehen
       geblieben. Einige von uns hatten Stöcke und geschnitzte Schläger.“ Eine
       Frau habe sich aus der Gruppe gelöst, sei unvermummt, unbewaffnet und mit
       den Händen in der Luft auf die Polizei zugegangen.
       
       „Da hatte ein Polizist seine Pistole schon gezückt“, sagt Spike, „Er und
       die Polizistin mit dem Maschinengewehr haben ihre Schusswaffen abwechselnd
       auf die unbewaffnete Frau und auf uns gerichtet.“ Die Frau habe sich der
       Polizei trotzdem zum Gespräch genähert. „Als sie zurück war, ist sie
       weinend zusammengebrochen.“
       
       Ein Sprecher der Polizei Aachen sagt der taz, der Einsatzanlass sei ein
       aufgebrochener Container gewesen. Es habe ausgesehen, als sei versucht
       worden, den Container anzuzünden. In einiger Entfernung seien dann 10 bis
       15 Vermummte aufgetaucht, teils mit Schlägern bewaffnet. Das Mitführen der
       MP5 sei geplant gewesen.
       
       ## Warum überhaupt eine MP5?
       
       Aber: Dass Beamt*innen Waffen auf Menschen gerichtet hätten, das sei im
       Einsatzprotokoll nicht erwähnt. „Soweit uns derzeit bekannt, ist es also
       nicht zu einer Situation gekommen, in der eine Waffe auf eine Person
       gerichtet wurde.“ Hier könnten Nachforschungen im Zuge der
       Dienstaufsichtsbeschwerde weitere Erkenntnisse bringen. Doch die Frage
       bleibt: Warum hatte die Polizei eine MP5 dabei?
       
       Die Besetzung des Hambacher Forstes begann 2012. Dokumentierte
       [1][Einsätze], also auch das Ziehen gewöhnlicher Dienstpistolen, seien die
       absolute Ausnahme, sagt der Sprecher. Wenn das mildere Mittel jahrelang
       kaum zum Einsatz kommt: Warum dann das härteste Mittel wählen? „Die MP5 hat
       eine ganz andere abschreckende Wirkung als eine Pistole. Dessen sind wir
       uns auch bewusst“, sagt der Sprecher.
       
       Aktivist*innen schildern, ihnen sei zudem auch ein ganz anderer
       Einsatzanlass mitgeteilt worden. „Sie wollten, dass wir Bullis umparken“,
       sagt der Aktivist Spike. „RWE hatte Zettel drangeklebt, dass die bis 30.
       April weg sein müssten, also am Vortag. Das haben wir nicht gemacht, weil
       es dafür keine Rechtsgrundlage gibt.“ Die Beamt*innen hätten sich
       geweigert, die Rechtsgrundlage zu nennen, und gesagt, die interessiere sie
       nicht. Für den Fall, dass die Autos bis zum nächsten Tag nicht umgeparkt
       seien, hätten die Beamt*innen angekündigt, wiederzukommen.
       
       Das ist nicht passiert. Der Polizeisprecher sagt, bei den Fahrzeugen könne
       es sich um eine zivilrechtliche Angelegenheit handeln: „In diesem Fall
       müsste zunächst RWE tätig werden.“ Die Polizei komme erst, wenn ein Titel
       und ein Vollzugshilfeersuchen vorlägen. Überein stimmen die Darstellungen
       darin: Polizeikräfte sind bislang nicht zurückgekehrt, um die Fahrzeuge
       ohne richterlichen Beschluss zu entfernen.
       
       4 May 2020
       
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