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       # taz.de -- Protest in Guatemala: Korruption und Sozialabbau
       
       > Aus Protest gegen den neuen Haushaltsplan der Regierung gehen in
       > Guatemala Tausende auf die Straße. Viele fordern den Rücktritt des
       > Präsidenten.
       
   IMG Bild: Am brennenden Parlament steht, was die DemonstrantInnen von denen drinnen halten: Diebe
       
       Die Wut über den Staatshaushalt des kommenden Jahres hat am Samstag
       Tausende in Guatemala auf die Straße getrieben. Am Rande eines
       Protestmarschs in Guatemala-Stadt setzten mehrere Hundert meist vermummte
       Demonstrantinnen und Demonstranten [1][das Parlamentsgebäude in Brand].
       Durch einige Fenster schlugen heftig Flammen aus dem Inneren des Gebäudes,
       doch die Feuerwehr bekam das Feuer schnell in den Griff.
       
       Polizisten ging unterdessen mit Tränengas gegen die Protestierenden vor.
       Angaben der Polizei zufolge wurden 30 Personen festgenommen. Das Rote Kreuz
       meldete, dass 50 Verletzte zur Behandlung ins Krankenhaus gebracht worden
       seien.
       
       Präsident Alejandro Giammattei forderte umgehend, konsequent gegen die
       militanten Aktivistinnen und Aktivisten vorzugehen. Im Land herrsche zwar
       Demonstrationsfreiheit, aber man werde nicht zulassen, dass öffentliches
       und privates Eigentum dem Vandalismus zum Opfer falle, erklärte der
       64-Jährige. „Wem nachgewiesen wird, dass er sich an den kriminellen Taten
       beteiligt hat, dem droht die volle Härte des Gesetzes“, twitterte er.
       
       Am Mittwoch hatten die Abgeordneten in einer Nachtaktion einen Haushalt
       verabschiedet, der Einschnitte in sozialen Bereichen vorsieht. Sowohl im
       Gesundheits- und Bildungssektor als auch bei der Staatsanwaltschaft für
       Menschenrechte soll gespart werden. Zugleich sehen die Planungen vor,
       Einrichtungen zu stärken, die traditionell für Korruption anfällig sind. So
       etwa das Ministerium für Infrastruktur und Wohnen, in dem Privatunternehmen
       großen Einfluss haben.
       
       ## Kritik an Präsident und korrupten Strukturen
       
       Viele der Protestierenden richteten ihre Kritik gegen die korrupten
       Strukturen und grundsätzlich gegen den Präsidenten Alejandro Giammattei,
       der erst im Januar sein Amt angetreten hatte. „Weg mit Giammattei“, riefen
       sie und schwenkten die guatemaltekische Flagge.
       
       Auch der Haushalt steht unter Beschuss, weil er das Land komplett
       verschulden wird. Im Vergleich zum Vorjahr sollen die Ausgaben um ein
       Viertel erhöht werden. Noch in der Nacht zum Samstag hatte Vizepräsident
       Guillermo Castillo dem Präsidenten vorgeschlagen, gemeinsam „für das Wohl
       des Landes“ zurückzutreten.
       
       ## Unternehmen und Zivilgesellschaft gegen Haushalt
       
       Sowohl Unternehmerverbände als auch Organisationen der Zivilgesellschaft
       sprachen sich gegen den Haushalt aus, der von einer Parteienkoalition
       verabschiedet wurde, die Giammattei unterstützt. Die guatemaltekische
       Bischofskonferenz bezeichnete den Beschluss als „unverantwortlich“ und
       forderte den Präsidenten auf, sein Veto dagegen einzulegen. Angesichts der
       Coronapandemie und der Zerstörungen, die [2][jüngst die Wirbelstürme Eta
       und Iota] angerichteten hatten, entspreche er nicht den Bedürfnissen des
       Landes, ergänzte das Krisenkomittee der Tourismusbranche.
       
       Für Jordán Rodas, den Staatsanwalt für Menschenrechte, sind die Proteste
       ein grundsätzlicher Ausdruck der Unzufriedenheit mit der Politik
       Giammatteis. Die Fehler im Umgang mit der Pandemie und Zweifel am Verbleib
       der Millionengelder, die in ihre Bekämpfung gesteckt wurden, hätten ebenso
       wie zunehmende Korruptionsskandale zu der massiven Mobilisierung geführt,
       erklärte er.
       
       ## Schlechte Betreuung der Opfer des Hurrikans
       
       In seinem Wahlkampf hatte Giammattei versprochen, gegen die Korruption und
       die organisierte Kriminalität in seinem Land vorzugehen. Im Moment steht er
       jedoch auch wegen der schlechten Betreuung der Opfer der Hurrikans in der
       Kritik. Die Hilfen seien zu spät bei den Betroffenen angekommen.
       
       22 Nov 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.youtube.com/watch?v=e71_XGf_X5o
   DIR [2] /Hurrikan-Iota-in-Zentralamerika/!5729878
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Wolf-Dieter Vogel
       
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