# taz.de -- Protest in Serbien gegen Präsident Vučić: Demonstranten besetzen Sender
> Tausende haben am Sonntag in Belgrad erneut gegen das Regime
> demonstriert. Einige drangen in den staatlichen Rundfunk ein.
IMG Bild: Nach dem Protest am Sonntag: die gegenseitigen Beschimpfungen werden schärfer
Belgrad taz | Rund zwei Dutzend oppositionelle Demonstranten sind in der
Nacht auf Sonntag in Belgrad in das Gebäude des staatlichen serbischen
Rundfunks (RTS) eingedrungen. Sie forderten von der Chefredaktion eine
objektive Berichterstattung und den Zugang zum Informationsprogramm des
ihrer Ansicht nach „politisch kontrollierten“ öffentlich-rechtlichen
Senders. Nach einigen Stunden drängten Sondereinheiten der Polizei die
Demonstranten aus dem Rundfunkgebäude heraus.
Staatspräsident Aleksandar Vučić kündigte daraufhin eine Pressekonferenz
für Sonntag um 12 Uhr im Präsidentenpalast im Zentrum Belgrads an. Die
Opposition wiederum rief die Bürger Serbiens auf, um „fünf vor zwölf“ den
Palast zu umzingeln. Mehrere Tausend folgten jenem Aufruf. Sie forderten
den Rücktritt des „serbischen Diktators“ und „notorischen Lügners“.
Polizeikordons mit voller Ausrüstung beschützten das Gebäude.
Vučić lehnte es derweil ab, mit den protestierenden „Dieben und Verrätern“
zu reden. Die Pressekonferenz hielt er kurz, die Buhrufe auf der Straße
waren während der Liveübertragung zu hören. Nach Angaben der Opposition
wurden etliche Menschen, die in den Rundfunk eingedrungen waren, verhaftet.
[1][Seit über drei Monaten demonstrieren] Bürger Serbiens in rund 100
Städten friedlich gegen die Gleichschaltung der serbischen Medien, gegen
„unaufhörliche Hass- und Rufmordkampagnen“ gegen Andersdenkende, gegen die
Blockade des Parlaments für die Opposition, Korruption und Machtmissbrauch
– kurz, gegen die Diktatur eines Mannes, der sich über Gesetze, Parlament
und Regierung gesetzt hat: Aleksandar Vučić. Hunderte
Universitätsprofessoren und Künstler unterstützen diese Bürgerproteste.
Deren Organisatoren und Oppositionsführer fordern freie und unabhängige
Medien und faire Wahlbedingungen. Vertreter des Regimes lehnen jedoch
jeglichen Dialog mit jenen ab, die „mit Gewalt an die Macht kommen wollen,
nur um Serbien ausplündern zu können“.
Serbiens Innenminister Nebojša Stefanović verurteilte scharf „die
Zerstörung des staatlichen Eigentums“ und kündigte Strafanzeigen gegen alle
am Protest Beteiligten an. Zerstört wurde tatsächlich eine Glastür am
Rundfunkgebäude. In Sonderprogrammen sprachen die hundertprozentig
gleichgeschalteten Fernsehsender und regimetreue Zeitungen von einem
„versuchten Staatsstreich“, von „ausländischen Söldnern“, von „einer
Handvoll Gewalttätern“. Vučić bezeichnete die Oppositionsführer als eine
„diebische Faschistenbande“.
Die Opposition bezeichnete es als einen „unhaltbaren Zustand“, dass sie zu
„Volksschädlingen“ erklärt und aus Medien und politischen Institutionen
ausgeschlossen worden ist.
Die bislang friedlichen Bürgerproteste haben sich am vergangenen Wochenende
radikalisiert, ebenso die Drohgebärden des Regimes. In den kommenden Tagen
und Wochen ist eine Zuspitzung auf beiden Seiten zu erwarten.
17 Mar 2019
## LINKS
DIR [1] /Praesident-Vucic-in-der-Kritik/!5562929
## AUTOREN
DIR Andrej Ivanji
## TAGS
DIR Serbien
DIR Aleksandar Vucic
DIR Serbien
DIR Serbien
DIR Serbien
DIR Reiseland Serbien
DIR Serbien
## ARTIKEL ZUM THEMA
DIR Parlamentswahl in Serbien: Vučić räumt ab
Die Partei des serbischen Präsidenten erhält über 60 Prozent der Stimmen.
Eine „echte“ Opposition ist nicht mehr im Parlament vertreten.
DIR Proteste in Serbien: Mit Lärm gegen Vučić
Seit Tagen demonstrieren immer mehr Serben aus dem coronabedingten
Hausarrest gegen den Präsidenten. Der herrscht mittlerweile allein.
DIR Pressefreiheit in Serbien: Alles nur Scheinwahrheiten
Serbiens Präsident Aleksandar Vučić hat die Medien im Land unter seine
Kontrolle gebracht. Die Opposition warnt nun vor einer „Autokratie“.
DIR Serbiens autonome Provinz Vojvodina: Europa im Kleinen
Der Norden Serbiens ist ein Schmelztiegel verschiedener Kulturen und Werte.
Menschen aus 26 Nationen und ethnischen Gruppen leben hier.
DIR Präsident Vucic in der Kritik: Tausende Serben protestieren
Samstag ist Demotag: Abermals haben sich Demonstrationen in Serbien
formiert. Der Protest richtet sich gegen den autoritären Präsidenten.