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       # taz.de -- Proteste gegen US-Migrationspolitik: Ausgangssperre in der Innenstadt von Los Angeles
       
       > Bürgermeisterin erlässt eine Ausgangssperre. Trump bezeichnet Proteste
       > als Angriff auf den Frieden. Gouverneur wirft Trump Angriff auf die
       > Demokratie vor.
       
   IMG Bild: Beamte der Polizei sind bei Protesten in Downtown LA im Einsatz
       
       Ausgangssperre in der Innenstadt von Los Angeles verhängt
       
       Los Angeles/Washington/Houston dpa/afp | Angesichts tagelanger
       Demonstrationen gegen die Migrationspolitik von US-Präsident Donald Trump
       in Los Angeles hat die Stadt eine nächtliche Ausgangssperre im Zentrum
       verhängt. Die Regelung gelte zunächst für die Nacht auf Mittwoch
       (Ortszeit), teilte die Bürgermeisterin von LA, Karen Bass, mit. Sie rechne
       aber damit, dass die nächtliche Ausgangssperre über mehrere Tage
       aufrechterhalten werde. Im politischen Machtkampf rund um die
       Demonstrationen verschärft sich derweil der Ton zwischen Trump und
       Kaliforniens Gouverneur, Gavin Newsom.
       
       Der US-Präsident beschuldigte Newsom und Bass der Komplizenschaft mit
       radikalen Demonstranten in LA. Die beiden hätten „Unruhestifter, Aufwiegler
       und Aufrührer bezahlt“, behauptete Trump ohne jeden Beleg. Newsom wiederum
       teilte in einer überraschenden Ansprache an die Bürger gegen Trump aus,
       bezeichnete ihn als Diktator und sein Vorgehen in LA und dem ganzen Land
       als Angriff auf die amerikanische Demokratie.
       
       [1][In Los Angeles demonstrieren seit Tagen Menschen gegen Trumps harten
       Migrationskurs und Abschieberazzien]. Die US-Regierung hat deshalb 4.000
       Soldaten der Nationalgarde und 700 Marineinfanteristen der regulären
       Streitkräfte für den Einsatz in Los Angeles mobilisiert – gegen Newsoms
       Willen. Die Soldaten treffen nach und nach ein und sollen nach Trumps
       Willen so lange in der Stadt bleiben, bis es keine Gefahr mehr gebe. Bisher
       ist ein Einsatz für maximal 60 Tage anberaumt.
       
       Trumps Entscheidung, Mitglieder der Nationalgarde und der regulären
       Streitkräfte gegen den Willen des zuständigen Gouverneurs nach LA zu
       schicken, ist eine bedeutsame Eskalation und Machtdemonstration des
       Präsidenten. Sein Vorgehen ist höchst ungewöhnlich und umstritten.
       
       Nationalgarde auch in Texas im Einsatz
       
       Unterdessen hat auch der US-Bundesstaat Texas nach Protesten gegen die
       Migrationspolitik von Trump den Einsatz der Nationalgarde angekündigt. „Die
       Nationalgarde von Texas wird an verschiedenen Orten im Bundesstaat
       eingesetzt, um Frieden und Ordnung zu gewährleisten“, schrieb der
       republikanische Gouverneur Greg Abbott am Dienstagabend (Ortszeit) im
       Onlinedienst X. Friedlicher Protest sei legal, das „Verletzen von Personen
       oder Eigentum ist illegal und führt zur Festnahme“.
       
       Erneute Proteste in LA
       
       In LA ist es am Dienstag erneut zu Protesten und Festnahmen gekommen,
       allerdings weiter in überschaubarem Ausmaß. Auch am Dienstagnachmittag
       Ortszeit versammelten sich an verschiedenen Orten der Westküstenmetropole
       wieder Hunderte Menschen, um gegen Trumps Abschiebepolitik zu protestieren.
       Ihnen steht eine wachsende Zahl an Polizisten gegenüber – und Soldaten, die
       Bundesgebäude in der Stadt beschützen. Am Abend Ortszeit kurz vor Beginn
       der Ausgangssperre, die zunächst von Dienstagabend 20.00 Uhr bis
       Mittwochmorgen 6.00 Uhr (Ortszeit) gilt, waren allerdings nur noch wenige
       Protestierende im Zentrum von Los Angeles unterwegs. Die Polizeipräsenz
       blieb zunächst aber sichtbar hoch.
       
       Bass beklagte, in der Innenstadt sei es zu Plünderungen gekommen und zu
       Sachbeschädigungen durch Graffiti. Dem wolle man durch die Ausgangssperre
       entgegenwirken. Bass warnte, wer sich nicht an die Vorgaben halte, werde
       festgenommen. Sie betonte zugleich, lediglich ein Bruchteil des gesamten
       Stadtgebietes sei von der Ausgangsbeschränkung betroffen. „Einige Bilder
       von den Protesten und der Gewalt erwecken den Anschein, als handele es sich
       um eine stadtweite Krise“, sagte Bass. Das sei nicht der Fall.
       
       Auch in anderen Städten, wie New York oder Chicago, kam es zu Protesten
       gegen die Migrationspolitik Trumps. Der Republikaner hatte im Wahlkampf
       versprochen, das größte Abschiebeprogramm der US-Geschichte zu starten.
       
       Trump bezeichnet Proteste als Angriff auf den Frieden
       
       Trump bezeichnete die Proteste gegen seine Migrationspolitik als „voll
       entfalteten Angriff auf den Frieden, die öffentliche Ordnung und unsere
       nationale Souveränität“. Bei einer Rede auf dem Militärstützpunkt Fort
       Bragg im Bundesstaat North Carolina versprach er, notfalls weitere Soldaten
       und Ressourcen nach Los Angeles zu schicken, um dort Recht und Ordnung
       wiederherzustellen. Die Demonstranten dort seien „Tiere“.
       
       Der US-Präsident behauptete dabei einfach, Gouverneur Newsom und
       Bürgermeisterin Bass hätten die Unruhestifter engagiert. „Sie sind an
       diesem vorsätzlichen Versuch beteiligt, das Bundesgesetz außer Kraft zu
       setzen und die Besetzung der Stadt durch kriminelle Eindringlinge zu
       unterstützen.“
       
       Bass wies Trumps Anschuldigung in einem Interview des Fernsehsenders CNN
       als „vollkommen absurd“ zurück. Trump hat bereits mehrfach öffentlich
       behauptet, dass die Demonstranten in LA bezahlt würden. Wie oft bei derlei
       Anschuldigungen nannte er dafür aber keinerlei Belege. Trump sagte, das
       Justizministerium werden herausfinden, wer dahinterstecke.
       
       Auf Nachfrage von Journalisten, wer die Demonstranten bezahle, rückte der
       Republikaner nach seinem Auftritt in North Carolina wieder etwas von seinem
       Vorwurf gegen Newsom und Bass ab und sagte: „Irgendjemand bezahlt das.“
       
       Newsom wirft Trump Angriff auf die Demokratie vor
       
       Der kalifornische Gouverneur wiederum wandte sich in einer abendlichen
       Ansprache an die Bürger und nutzte die für einen Rundumschlag gegen Trumps
       Politik – auch jenseits der Auseinandersetzung um LA. Der Präsident hebele
       die Gewaltenteilung in den USA aus, habe Aufseher geschasst, die ihn wegen
       Korruption und Betrug zur Rechenschaft ziehen könnten. Er habe der Kultur
       und der Wissenschaft den Krieg erklärt, wolle Universitäten vorschreiben,
       was sie lehren dürfen und nehme Medien und Meinungsfreiheit ins Visier.
       „Die Demokratie wird vor unseren Augen angegriffen“, sagte Newsom.
       
       Newsom kritisierte, Trump militarisiere die Straßen von LA, traumatisiere
       amerikanische Gemeinden mit seiner Abschiebepolitik und spalte die
       Gesellschaft. Er lasse Tellerwäscher, Gärtner, Tagelöhner und Näherinnen
       festnehmen. „Autoritäre Regime beginnen damit, Menschen ins Visier zu
       nehmen, die am wenigsten in der Lage sind, sich selbst zu verteidigen.“
       
       Mit Blick auf die für das Wochenende geplante große Militärparade in der
       US-Hauptstadt Washington, parallel zu Trumps Geburtstag, beklagte Newsom:
       „An diesem Samstag befiehlt er unseren amerikanischen Helden – dem Militär
       der Vereinigten Staaten – zur Feier seines Geburtstages ein vulgäres
       Spektakel zu veranstalten, so wie es andere gescheiterte Diktatoren in der
       Vergangenheit getan haben.“ Es sei „an der Zeit, dass wir alle für die
       Gerechtigkeit eintreten“, appellierte Newsom an die Bürger und rief
       zugleich dazu auf, friedlich gegen Trumps Regierung zu protestieren.
       
       ## Das Duell
       
       Trump und Newsom liefern sich rund um die Anti-Regierungs-Proteste in der
       LA seit Tagen einen politischen Zweikampf. Die beiden überziehen einander
       wiederkehrend mit schweren Anschuldigungen. Zeitweise hatte Trump sogar
       öffentlich Zustimmung für die Idee geäußert, Newsom notfalls festnehmen zu
       lassen, falls dieser die Arbeit der US-Regierung behindern sollte.
       
       Der demokratische Gouverneur ist ein Lieblingsfeind Trumps. Es gilt als
       offenes Geheimnis, dass Newsom selbst Ambitionen auf die Präsidentschaft
       hat und auf eine mögliche Kandidatur für die Demokraten bei der Wahl 2028
       schielt.
       
       11 Jun 2025
       
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