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       # taz.de -- Proteste im Iran: Die politische Shitshow
       
       > Die Sanktionen der EU gegen den Iran sind viel zu lasch. Sollen die
       > Menschen in Iran denken, dass sie den Europäern egal sind?
       
   IMG Bild: Solidaritätsbekundung mit den Protesten im Iran beim Grünen Parteitag. Schön, aber reicht das?
       
       Während ich das hier schreibe, erholt sich ein Freund in Teheran von den
       Prügeln der Sicherheitskräfte. Er war auf einer Demo und danach tagelang so
       unter Schock, dass er nicht erzählen konnte, was ihm passiert war.
       
       Von anderen Freund*innen höre ich seit Tagen und Wochen nichts. Über 200
       Menschen sind im Verlauf der Proteste im Iran getötet worden laut der
       unabhängigen iranischen Menschenrechtsorganisation Human Rights Activists
       News Agency. Laut Amnesty International sind auch 23 Kinder zwischen 11 und
       17 Jahren durch die Sicherheitskräfte ermordet worden.
       
       Am Montag hat die EU [1][Sanktionen gegen Institutionen der Islamischen
       Republik] sowie Einzelpersonen eher niedrigeren Ranges verhängt. Diese
       Antwort der EU auf die Geschehnisse im Iran sind ein Hohn gegenüber den
       Menschen dort. Genausogut hätte die EU auch nichts machen können, aber das
       geht als inzwischen zehnjährige Friedensnobelpreistägerin natürlich nicht –
       es muss wenigstens eine Show abgeliefert werden. Zugegeben, Uschi von der
       Leyens Rede für europäische Werte und die Unterstützung iranischer Frauen
       war absolut oscarreif. Sie meinte sicher die Werte, nach denen in diesem
       Jahr schon über 1.200 Menschen durch die europäische Abschottungspolitik
       auf dem Mittelmeer starben.
       
       Oscarreife Performances können auch die Grünen. Auf ihrem Bundesparteitag
       schwor der Co-Vorsitzende Omid Nouripour unter Applaus seiner Partei, man
       Stünde an der Seite von Frauen in Afghanistan, Iran usw. Dabei hat die
       Bundesregierung zugeben müssen, dass über 30 Ortskräfte in Afghanistan
       gestorben seien.
       
       Für Frauen und Mädchen im Iran, in den kurdischen und balutschischen
       Gebieten ist die Situation genauso lebensgefährlich und die Bundesregierung
       gibt nicht mal Minimalforderungen wie dem Aussetzen der Atomverhandlungen
       nach. Es gibt Berichte, dass junge, weibliche Protestierende in
       Erziehungsanstalten gesteckt würden, damit sie keine „unsozialen
       Charaktere“ werden, wie der Bildungsminister Irans, Yousef Nouri, sagte.
       
       Die SPD äußert sich zu solchen Meldungen nur spärlich. Die Co-Vorsitzende
       Saskia Esken konnte sich jetzt immerhin dazu durchringen, ein Aussetzen der
       Atomverhandlungen zu fordern, was ihr Kolege, der außenpolitische Sprecher
       Nils Schmid, als „verantwortungslose Außenpolitik“ bezeichnete.
       
       Die Menschen im Iran müssen den Eindruck bekommen, Bundesregierung und EU
       haben kein Interesse an der Schwächung des Regimes. Man möchte weiter
       ungestört Geschäfte machen.
       
       Was soll man angesichts dieser politischen Shitshow von allen Seiten den
       Menschen im Iran noch sagen, wie trösten? Die Politiker*innen
       hierzulande können sich wenigstens sicher sein, dass sie auf der falschen
       Seite der Geschichte stehen.
       
       19 Oct 2022
       
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