# taz.de -- Proteste in Belarus: Die Prügelorgie geht weiter
> Die Polizei geht auch die dritte Nacht in Folge mit äußerster Brutalität
> gegen Demonstrant*innen vor. Unbeteiligte werden auf ihren Balkonen
> beschossen.
IMG Bild: Polizisten und Demonstranten stehen sich in Minsk seit der Wahl jeden Tag gegenüber
Kiew taz | Die dritte Nacht in Folge sind Belaruss*innen in mehreren
Städten des Landes auf die Straße gegangen. Dabei ging die Polizei [1][mit
besonderer Brutalität] vor. So berichtet der weißrussische Telegram-Kanal
Nexta, die Polizei habe in Minsk mit Gummigeschossen gezielt auf Menschen
geschossen, die von den Balkonen ihrer Wohnungen die Auseinandersetzungen
beobachteten.
Videos von Nexta zeigen Gruppen behelmter Polizisten, die auf am Boden
liegende Personen einschlagen. Ein Autofahrer, der aus Solidarität mit den
Demonstranten gehupt hatte, wurde von Uniformierten aus seinem Wagen
gezerrt und festgenommen.
Besonders angespannt war die Situation vor der Haftanstalt, in der die
[2][vorläufig Festgenommenen] festgehalten werden. Mehrere hundert Menschen
hatten sich dort auf der Suche nach ihren Angehörigen eingefunden. Dabei
kam es immer wieder zu Rangeleien mit Polizisten.
Allein in der Nacht zum Mittwoch sollen nach Angaben des Innenministeriums
landesweit 1.000 Menschen verhaftet worden sein. Das Gesundheitsministerium
berichtet von 51 Verletzten in der Nacht zu Mittwoch. Zehn russische
Journalisten seien in Minsk festgenommen und misshandelt worden, berichtet
das Nachrichtenportal gazeta.ru.
## Blut in der U-Bahn
Der Telegram-Kanal Nexta interviewte eine Reinigungskraft, die eine
U-Bahn-Station vom Blut eines Passanten säuberte. „Der Mann war kein
Demonstrant“, sagt die Frau. Als die Omon-Polizisten ihn gesehen haben,
haben sie ihn zusammengeschlagen und mitgenommen.
Der Mann in der U-Bahn sei nicht der einzige Passant gewesen, den man
willkürlich verhaftet habe, berichtet die Frau. „Heute Nacht haben sie
meinen Sohn aus dem Auto gezerrt. Einfach so. Er war mit einem Freund
unterwegs gewesen. Nun sitzt er für zehn Tage in Haft.“
Inzwischen ist es auch mit der relativen Ruhe in den Provinzstädten vorbei.
In Grodno rammte ein Polizeijeep ein Auto. Anschließend brachte man ein
fünfjähriges Kind ins Krankenhaus und den Vater in die Zelle.
In Uruchcha am Stadtrand von Minsk drückten Polizisten einem Motorradfahrer
eine Pistole an die Schläfe und schlugen ihn. In Saslauje überfielen
Polizisten einen Lebensmittelladen und misshandelten zwei Kunden.
Anschließend schlugen sie die Einrichtung des Geschäfts kurz und klein,
berichtet die Menschenrechtsorganisation Charta 97 unter Berufung auf den
Telegram-Kanal Basta. Am Mittwoch protestierten 250 Frauen mit einer
Menschenkette vor der Kamarouski-Markthalle im Zentrum von Minsk gegen die
Festnahmen.
## EU berät über Sanktionen
Unterdessen berichtet der Anwalt des nicht zu den Präsidentschaftswahlen
zugelassenen inhaftierten Politikers Viktor Babariko, man habe ihm „aus
technischen Gründen“ den Kontakt zu seinem Mandanten verweigert.
Am nächsten Freitag wollen die Außenminister der EU zu einem
außerordentlichen Treffen zusammenkommen. In Brüssel will man auch darüber
beraten, ob neue Sanktionen gegen Belarus verhängt werden sollen.
12 Aug 2020
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## AUTOREN
DIR Bernhard Clasen
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