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       # taz.de -- Proteste in Georgien: EU berät über Lage in Tbilisi
       
       > Nach Protesten erwägt die EU, Sanktionen in Georgien zu verhängen.
       > EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas sprach auch von möglichen Einschränkungen
       > bei der Visavergabe.
       
   IMG Bild: Wütend wegen des auf Eis gelegten EU-Beitritts: Demonstranten in der Nacht vom 30. November in der georgischen Hauptstadt Tbilisi
       
       ## EU-Diplomatin bringt Sanktionen gegen Georgien ins Spiel
       
       Die EU könnte nach Angaben der neuen EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas
       Sanktionen wegen [1][der jüngsten Entwicklungen in Georgien] verhängen. Es
       sei eindeutig, dass Gewalt gegen friedliche Demonstranten inakzeptabel sei
       und die georgische Regierung den Willen des georgischen Volkes sowie die
       georgische Verfassung respektieren sollte, sagte die frühere estnische
       Regierungschefin am Rande von Gesprächen in der ukrainischen Hauptstadt
       Kiew.
       
       Man werde gemeinsam mit den Mitgliedstaaten mögliche Konsequenzen erörtern.
       Als konkrete Beispiele nannte Kallas Sanktionen, aber auch Einschränkungen
       bei der Visavergabe. Es sei offensichtlich, dass die georgische Regierung
       den Willen des georgischen Volkes in Bezug auf die europäische Zukunft
       nicht respektiere, sagte Kallas. Aus ihrer Sicht dürfe es nicht zugelassen
       werden, dass Georgien damit durchkomme.
       
       EU-Sanktionen können allerdings nur dann verhängt werden, wenn alle
       EU-Staaten zustimmen. Insbesondere bei Ungarn gilt dies derzeit als
       fraglich. Grund ist, dass der Ministerpräsident Viktor Orban zuletzt
       Unterstützung für Kobachidse geäußert hatte. (dpa)
       
       ## Georgiens Polizei löst Demos erneut gewaltsam auf
       
       In der Südkaukasusrepublik Georgien ist es in der dritten Nacht in Folge zu
       gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Polizei und regierungskritischen
       Demonstranten gekommen. Georgischen Medien zufolge setzten die Beamten
       Wasserwerfer und Tränengas ein, die Demonstranten beschossen die Polizei
       mit Feuerwerkskörpern. Erst am Morgen gelang es den Uniformierten, die
       Protestierenden vom Parlamentsgebäude am Rustaweli-Prospekt abzudrängen.
       Die Menge hat nun Straßensperren nahe der Staatlichen Universität
       aufgebaut. Die Auseinandersetzungen zwischen der nationalkonservativen
       Regierung und der proeuropäischen Opposition drohen Georgien zu zerreißen.
       
       Bislang gibt es noch keine offiziellen Angaben zur Zahl der Verletzten und
       Festgenommenen. In der vergangenen Nacht hatte die Polizei allein in der
       Hauptstadt Tiflis (Tbilissi) eigenen Angaben nach 107 Menschen wegen
       Rowdytums festgenommen – auch in anderen Städten wird demonstriert.
       
       Hintergrund der Proteste sind die von Fälschungsvorwürfen überschatteten
       [2][Parlamentswahlen Ende Oktober], bei der sich die Regierungspartei
       Georgischer Traum zum Sieger erklären ließ. Die Opposition hat die
       Wahlergebnisse nicht anerkannt – und weigert sich, ihre Mandate anzunehmen.
       Befeuert wurden die Proteste von Regierungschef Irakli Kobachidse, der
       ankündigte, die Beitrittsverhandlungen mit der EU, der er Einmischung und
       Erpressung vorwarf, bis 2028 auf Eis zu legen. Die Mehrheit der Bevölkerung
       will Umfragen zufolge in die EU. Der Beitritt ist auch in der Verfassung
       als Ziel festgeschrieben. (dpa)
       
       ## USA setzen strategische Partnerschaft mit Georgien aus
       
       Als Reaktion auf die politischen Entwicklungen in Georgien setzen die USA
       ihre strategische Partnerschaft mit der Südkaukasusrepublik vorübergehend
       aus. Die Entscheidung der prorussischen Regierungspartei Georgischer Traum,
       den EU-Beitrittsprozess auszusetzen, sei ein „Verrat an der georgischen
       Verfassung“, teilte der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller,
       auf der Online-Plattform X zur Begründung mit. Man verurteile auch „den
       übermäßigen Einsatz von Gewalt gegen Georgier, die ihr Recht auf Protest
       wahrnehmen“, hieß es weiter. (dpa)
       
       ## Präsidentin will ohne Wahlwiederholung nicht zurücktreten
       
       Die pro-europäische Präsidentin Georgiens, Salome Surabischwili, will nach
       eigenen Worten nicht aus dem Amt scheiden, bis [3][die umstrittene
       Parlamentswahl] vom Oktober wiederholt wird. „So lange es keine neuen
       Wahlen gibt und ein Parlament, das einen neuen Präsidenten nach neuen
       Regeln wählt, wird mein Mandat andauern“, sagte Surabischwili am Samstag in
       einem Interview mit der Nachrichtenagentur AFP. Die Regierungspartei
       Georgischer Traum hatte nach ihrem von Betrugsvorwürfen überschatteten Sieg
       bei der Parlamentswahl mit ihrer Parlamentsmehrheit die Wahl eines neuen
       Staatspräsidenten am 14. Dezember beschlossen.
       
       Surabischwili hatte das neue Parlament wegen Wahlbetrugsvorwürfen als
       verfassungswidrig eingestuft und das Wahlergebnis vor dem
       Verfassungsgericht angefochten. Am vergangenen Dienstag legten die
       Abgeordneten in Tiflis den Termin für die Präsidentenwahl auf den 14.
       Dezember fest, Abgeordnete der Opposition boykottierten die Abstimmung.
       Rechtsexperten zufolge sind die Beschlüsse des neuen Parlaments ungültig,
       solange das Gericht nicht über Surabischwilis Antrag entschieden hat.
       
       Die Nachfolgerin oder der Nachfolger der regierungskritischen Präsidentin
       Surabischwili soll erstmals nicht mehr direkt vom Volk, sondern von einer
       300-köpfigen Wahlversammlung aus 150 Parlamentsabgeordneten sowie Lokal-
       und Regionalvertretern bestimmt werden. Das neue Wahlverfahren war 2017 im
       Rahmen einer von der Partei Georgischer Traum vorangetriebenen
       Verfassungsreform verabschiedet worden.
       
       Aufgrund des Verfahrens gilt als ausgemacht, dass das neue Staatsoberhaupt
       auf der Linie der Partei von Regierungschef Irakli Kobachidse liegen wird.
       Der neue Staatschef soll nach Parlamentsangaben am 29. Dezember sein Amt
       antreten, die Amtszeit dauert fünf Jahre. (afp)
       
       1 Dec 2024
       
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