# taz.de -- Proteste in Spanien: Ohne Wasser Wüste
> Landwirte in Spanien protestieren in Madrid: Die Regierung will ihnen
> weniger Wasser zugestehen. Der Streit entzweit die politischen Lager.
IMG Bild: Protest in Madrid: Tanzen fürs Wasser – und gegen den Plan der Zentralregierung
Madrid taz | Wirtschaft oder Umwelt? Für die Landwirte, die am Mittwoch vor
dem Ministerium für den ökologischen Umbau in Madrid demonstrierten, war
das keine Frage. Mehrere Tausend Menschen forderten, dass die Menge des
Wassers nicht eingeschränkt wird, das vom zentralspanischen Fluss Tajo auf
Obst- und Gemüseplantagen an der Mittelmeerküste rund um Alicante, Murcia
und Almeria geleitet wird.
Grund der Aufregung ist der „Tajo-Plan 2022–2027“. Er sieht eine
„ökologische Mindestdurchflussmenge“ vor, um den Fluss sowie Flora und
Fauna drumherum zu erhalten. Der [1][Tajo] ist über 1.000 Kilometer lang
und fließt bei Lissabon in den Atlantik. Die Menge des von dort ans
Mittelmeer überführten Wassers soll durch den Plan sinken.
Die Mindestdurchflussmenge geht nicht zuletzt auf Gerichtsurteile zurück,
die die zentralspanische Region Castilla-La Mancha erstritten hat. Hier
entspringt der Tajo, hier wird das Wasser für die Mittelmeerküste aus zwei
riesigen Stauseen entnommen.
„Ohne Wasser – Wüste und Arbeitslosigkeit“ hieß das Motto der aus Alicante,
Murcia und Almeria angereisten Demonstranten. Die mit dem Tajo bewässerten
Anbauflächen in den drei Regionen produzieren 71 Prozent des Gemüses und 25
Prozent des Obstes, das Spanien exportiert. Über 100.000 Menschen arbeiten
in diesem Teil der Landwirtschaft. Das wiederum trägt drei Milliarden Euro
zum spanischen Bruttoinlandsprodukt bei – ein Fünftel dessen, was der
gesamte Gemüse- und Obstexport ausmacht.
## Studie bestätigt: Arbeitsplätze sind bedroht
Eine von der Universität Alicante durchgeführte Studie kommt zum Ergebnis,
dass die Schaffung der ökologischen Mindestdurchflussmenge im Tajo den
Verlust von 27.314 Hektar bewässerter Fläche in den drei betroffenen
Regionen zur Folge hat. Dies würde den Verlust von 15.323 Arbeitsplätzen
nach sich ziehen und Flächen und Installationen im Wert von 5,6 Milliarden
Euro vernichten.
Das insgesamt 286 Kilometer lange Kanalsystem vom Tajo zum Küstenfluss
Segura stammt aus den 1970er Jahren. Seither haben die bewässerten Flächen
ebenso ständig zugenommen wie Hotels und Bungalows für Touristen. In
Zentralspanien dagegen blieb immer weniger Wasser zurück.
Der Tajo-Plan führt zu einem Konflikt zwischen den Regionen Spaniens. Auch
Regierungsvertreter der betroffenen Regionen Valencia, Murcia und
[2][Andalusien] waren unter den Demonstranten. Die konservative
andalusische Regionalregierung sieht im Tajo-Plan „eine politische Laune“
der sozialistischen Zentralregierung in Madrid. Und die Regierung in
Valencia – sozialistisch wie die von Castilla-La Mancha – wirft Madrid vor,
„einseitig gehandelt“ zu haben.
Wenn es ums Wasser geht, lösen sich die ansonsten so unversöhnlich
zerstrittenen politischen Lager in Spanien auf. Das Land steht vor einem
Superwahljahr. Im Mai werden Lokal- und Regionalwahlen stattfinden, im
Herbst oder Winter Parlamentswahlen. Vom Streit ums Wasser verspricht sich
so mancher Stimmen – egal welches Parteibuch er in der Tasche hat.
Teresa Ribera, Ministerin für den ökologischen Umbau, hält den Konflikt für
„eher emotional“ als „rational“. Es müsse nun darum gehen, „Lösungen zu
finden, um sicherzustellen, dass das Wasser, das wir in unseren Haushalten
verbrauchen, und das Wasser, das wir für einen großen Teils der Wirtschaft
benötigen, verfügbar ist“. Keine leichte Aufgabe. In Spanien regnet es
immer weniger. [3][2022 war ein extrem trockenes Jahr]. Ribera verspricht
den Landwirten deshalb mehr Meerwasserentsalzungsanlagen. Deren Wasser ist
aber viel teurer als das aus Zentralspanien.
12 Jan 2023
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## AUTOREN
DIR Reiner Wandler
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