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       # taz.de -- Proteste in der Türkei: Wieder Verletzte durch Polizeigewalt
       
       > Seit Wochen dauern die Proteste gegen die Regierung an. Polizisten
       > schießen Tränengas in die Kneipen von Istanbul. Zivile Schläger machen
       > Jagd auf Oppositionelle.
       
   IMG Bild: Proteste in der Nacht zum Sonntag in Istanbul
       
       ISTANBUL taz | Istanbul, Ankara und die Provinzhauptstadt Antakya im Süden
       der Türkei erlebten am Wochenende erneut heftige Szenen entfesselter
       Polizeigewalt gegen regierungskritische Demonstranten. Anlass für die
       Demonstrationen der Gezipark-Bewegung waren die Festnahmen führender
       Mitglieder der Taksim-Plattform Bürgerbewegung und die Beerdigung des
       verstorbenen Demonstranten Ali Ismail Korkmaz.
       
       Aufgeheizt von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan ging die Polizei am
       Samstagabend in den drei Städten mit brachialer Gewalt gegen die
       Demonstranten vor. In einer Rede am Vortag in Bingöl hatte Erdogan die
       Gezi-Demonstranten als Provokateure und Putschunterstützer bezeichnet. Wie
       schon in den Tagen zuvor verfolgte die Polizei zahlreiche Demonstranten
       erneut auch in Seitenstraßen rund um den Taksimplatz und schoss dabei auch
       Tränengasgranaten in Kneipen. Zahlreiche Touristen wurden erneut in
       Mitleidenschaft gezogen.
       
       In Ankara mussten zeitweilig in dem von den Demonstranten als Stützpunkt
       genutzten kleinen Kuglupark mehr als 100 Verletzte behandelt werden. Über
       Twitter baten Demonstranten um Hilfe von Notärzten. Ein ähnliches Bild bot
       sich in Antakya, wo die Polizei zwei Tage zuvor schon den Beerdigungszug
       von Ali Ismail Korkmaz angegriffen hatte. Korkmaz war in der letzten Woche
       Verletzungen erlegen, die er durch Knüppelschläge bei einer Demonstration
       in Eskisehir drei Wochen zuvor erlitten hatte. Korkmaz stammt aus Antakya,
       studierte aber in Eskisehir.
       
       Es gibt Videoaufnahmen, auf denen zu sehen ist, wie Ali Korkmaz zwischen
       eine Polizeikette und zivile Schläger geriet, von denen man bis heute nicht
       weiß, ob es sich um Zivilpolizei oder islamistische Unterstützer Erdogans
       gehandelt hat. Bilder aus einer Hotelkamera, die den Sachverhalt hätten
       klären können, sind angeblich verloren gegangen. Ali Korkmaz ist der fünfte
       Mann, der im Zuge der Gezi-Demonstrationen getötet wurde.
       
       Zivile Schläger tauchen jetzt immer häufiger bei Demonstrationen auf, so
       auch wieder am Samstag. Mit Messern und Knüppeln bewaffnet gingen sie auf
       Demonstranten los. Die Polizei lässt sie gewähren, was selbst die dem
       religiösen Lager zugehörende Zeitung Sundays Zaman befürchten lässt, dass
       die Türkei zu den 90er Jahren zurückkehren könnte, als der Staat sich im
       Krieg gegen die PKK krimineller Mafiosi bediente, um PKK-Leute zu töten.
       
       14 Jul 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jürgen Gottschlich
       
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