URI: 
       # taz.de -- Protestformen in Togo: Frauendemo folgt auf Sexstreik
       
       > Die Frauen in Togo gehen auf die Straße. Sie fordern bessere
       > Lebensbedingungen und Demokratie. Präsident Gnassingbé soll endlich
       > abtreten.
       
   IMG Bild: Rote Proteste in Togos Hauptstadt Lomé.
       
       LOMÉ/ACCRA taz | Knallrote T-Shirts überall, und ab und zu blitzt in Togos
       Hauptstadt Lomé ein Plakat auf. Die Botschaft ist deutlich: Der seit 2005
       amtierende Präsident Faure Gnassingbé soll endlich abdanken.
       
       Seit Wochen schon fordern das mehrere tausend Frauen. Zuerst traten sie in
       einen Sexstreik. Am Donnerstag haben sie ihrem Ärger auf den Straßen von
       Lomé richtig Luft gemacht und demonstriert. In Togo, wo knapp sieben
       Millionen Menschen leben, müsse sofort Demokratie einziehen.
       
       Das Fehlen demokratischer Strukturen beklagt auch Zeus Ajavon, der die
       Oppositionsbewegung „Collectif Sauvons le Togo“ (CST – „Rettet Togo“)
       leitet und regelmäßig Demonstrationen, Kundgebungen und Pressekonferenzen
       organisiert. „Unser Land stagniert seit 2005“, sagt Ajavon. Damals beendete
       Präsident Faure Gnassingbé die 38-jährige Regierungszeit seines Vaters
       Gnassingbé Eyadema. Gebessert hat sich die politische und wirtschaftliche
       Situation mit dem Generationswechsel nicht, im Gegenteil.
       
       In Ajavons Büro kommen immer wieder Oppositionsanhänger, die bei
       Demonstrationen verletzt worden sind. Wunden am Kopf und Oberkörper sind
       notdürftig verpflastert worden. Bei den Pressekonferenzen werden die Videos
       der verletzten Demonstranten gezeigt. Für die Opposition bedeutet all das:
       Kritik von Andersdenkenden ist streng verboten, und die Regierung um
       Gnassingbé will lediglich den Status quo erhalten. Um die Menschen kümmert
       sich niemand mehr.
       
       Das spüren auch die mehreren tausend Frauen, die zuerst den Sex verweigert
       haben und jetzt auf den Straßen ihrem Ärger Luft machen. „Der Alltag ist
       schwierig und hart“, sagt Brigitte Adjamagbo Johnson. Vor zwei Jahren war
       sie Togos erste Präsidentschaftskandidatin, gehört heute der
       Oppositionskoalition „ARC-EN-CIEL“ an und ruft gemeinsam mit CST zu
       Protestveranstaltungen auf. Sie bestätigt: „Die Lebenshaltungskosten haben
       sich extrem erhöht.“
       
       ## Kein Schutz für Frauen
       
       Viele Frauen hätten Schwierigkeiten, überhaupt noch ihre Familien zu
       ernähren, Schulgeld, Strompreise und medizinische Versorgung zu zahlen. Vor
       allem die Preise für Reis und Öl würden immer weiter nach oben klettern.
       Doch die Löhne stagnieren. „Die große Mehrheit der Frauen arbeitet im
       informellen Sektor. Sie verkaufen beispielsweise auf Märkten Obst, Gemüse
       und Reis. Einen Schutz gibt es nicht für sie“, sagt Adjamagbo Johnson.
       
       Eines hat die Opposition mittlerweile jedoch geschafft: Ihr Protest wird
       lauter. „Wir mobilisieren ja bereits seit zweieinhalb Jahren“, sagt
       Jean-Paul Fabre, Präsident der „Alliance Nationale pour le Changement“
       (ANC), der Nationalen Allianz für den Wechsel.
       
       Im Rahmen der letzten Präsidentschaftswahlen im Jahr 2010 sei er jedes
       Wochenende auf die Straße gegangen, um auf das Fehlen demokratischer
       Strukturen aufmerksam zu machen. Geholfen hat das bei der Wahl jedoch
       nicht: Gegen Gnassingbé konnte niemand von der politischen Opposition
       gewinnen.
       
       Positiv stimmt Fabre heute allerdings: „Wir sind eine viel größere Gruppe
       geworden, ein Zusammenschluss aus der Zivilgesellschaft und der Politik.“
       Außerdem würde sein Land stärker unter Beobachtung der internationalen
       Organisationen stehen und rückt wohl auch durch spektakuläre Aktionen wie
       einen Sexstreik mehr in die internationale Öffentlichkeit.
       
       21 Sep 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Katrin Gänsler
       
       ## TAGS
       
   DIR Togo
   DIR Togo
   DIR Ukraine
   DIR Wahlen
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Proteste gegen Regierung in Togo: Auf in den Straßenkampf
       
       Bei Protesten gegen Togos Regierung sind wieder Menschen getötet worden.
       Ein Aktivist erklärt, was die Menschen auf die Straße treibt.
       
   DIR Massenproteste bewegen Togo: Der Präsident soll weg
       
       Tagelang demonstrierten vergangene Woche Hunderttausende gegen Präsident
       Faure Gnassingbé. Das Regime ist in der Defensive.
       
   DIR Sexstreik in der Ukraine: Bei Zeus, warum nie Männer?
       
       Weil sie die Krim nicht an Russland abtreten wollen, rufen ukrainische
       Frauen zum Sexstreik auf. Die Protestform beruht auf alten Rollen und
       Klischees.
       
   DIR Wahlen in Togo: Opposition fürchtet Manipulationen
       
       Bei den Parlamentswahlen drängen Regimegegner an die Urnen, aber sie
       fürchten Gewalt und Manipulation. Seit 50 Jahren ist dieselbe Familie an
       der Macht.
       
   DIR Radikale Kritik: „Jede Menge koloniale Bezüge“
       
       Bei der Konferenz „decolonize the city!“ soll eine rassismuskritische
       Perspektive auf die Stadt entwickelt werden.
       
   DIR Bürgerwehr in Ostkongo: Totenschädel und Rebellion
       
       Die Menschen im Osten Kongos sind die brutalen Überfälle der Hutu-Rebellen
       leid: Sie verteidigen sich selbst. Eine neue Miliz entsteht.
       
   DIR Klage wegen Diskriminierung: Rassismus ohne Folgen
       
       Der Deutschtogolese David G. wurde wegen seiner Hautfarbe nicht in eine
       Reutlinger Disco gelassen. Das müsse er hinnehmen, sagte ein Richter. Jetzt
       geht G. in Berufung.