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       # taz.de -- Prozess gegen Frankfurter OB: Der Rosenkrieg des Peter F.
       
       > Frankfurts OB steht wegen Korruptionsvorwürfen vor Gericht. Diese hat er
       > nun von sich gewiesen – und Details aus dem Privatleben offenbart.
       
   IMG Bild: Unter anderem wegen Bestechlichkeit vor Gericht: Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann
       
       Frankfurt a. M. taz | Mit einer fast zweistündigen Erklärung hat Frankfurts
       Oberbürgermeister Peter Feldmann vor dem Landgericht [1][die gegen ihn
       erhobenen Vorwürfe] der Vorteilsnahme und Bestechlichkeit zurückgewiesen.
       Die in der Anklageschrift unterstellte „stillschweigende Vereinbarung“
       zwischen ihm und den Verantwortlichen des Sozialverbands AWO habe es nie
       gegeben.
       
       Weder habe er 2015 persönlich Einfluss auf die Einstellung seiner damaligen
       Freundin durch die AWO genommen, noch habe er als OB als Gegenleistung für
       eine „wohlwollende Haltung“ der Stadtverwaltung gegenüber der AWO gesorgt,
       so die Erklärung, die sein Verteidiger Daniel Hofferbert verlas.
       
       Es sei allein die Idee der damaligen AWO-Geschäftsführerin Hannelore
       Richter gewesen, seine damalige Freundin Zübeyde T. als Projektleiterin für
       die deutsch-türkische Kita mit einem außertariflichen Gehalt einzustellen
       und mit einem Dienstwagen auszustatten. Sie habe das Projekt einer
       deutsch-türkischen Kita entwickeln sollen, das die AWO als Erfolgsmodell in
       vielen anderen Städten habe weiterverbreiten wollen, so Feldmanns
       Erklärung. Vom übertariflichen Gehalt seiner späteren Ehefrau, 4.500 Euro
       monatlich, habe er erst im Zusammenhang mit dem AWO-Skandal erfahren.
       
       Sowohl damals wie heute seien die Einkünfte des Paares „hermetisch“
       voneinander getrennt gewesen. Seine Frau habe regelmäßig mit einem
       Wutanfall reagiert, wenn er versehentlich einen Briefumschlag mit ihren
       Kontoauszügen geöffnet habe.
       
       ## Er selbst sieht sich als „Klassensprecher“
       
       Sein eigenes Verhältnis zu Hannelore Richter, der Chefin und Förderin
       seiner Frau, nannte er dagegen eher distanziert. Wenn er als OB Anfragen
       und Beschwerden der AWO weitergeleitet habe, dann immer auf dem Dienstweg.
       
       Sein Amt als OB übe er als eine Art „Klassensprecher“ aller BürgerInnen,
       als Anwalt der sozialen Organisationen und Initiativen aus. Dass er für ihm
       oder seiner Frau gewährte Vorteile Gegenleistungen erbracht haben soll,
       wies er erneut entschieden zurück. Als OB habe er ohnehin nicht die
       Kompetenz, in Entscheidungen von DezernentInnen oder Ämtern der
       Stadtverwaltung einzugreifen.
       
       In seiner Erklärung enthüllte der OB Feldmann auch eher peinliche Details
       aus seinem Privatleben. Zum Zeitpunkt der Einstellung seiner damaligen
       Freundin als Projektleiterin hätten beide getrennt gelebt; für ihn sei die
       Beziehung eher eine „Liebelei“ gewesen. Sie habe dagegen ein angebliches
       Eheversprechen eingefordert. Es gab deshalb Konflikte.
       
       Als sie ungewollt schwanger geworden sei, habe er auf eine Abtreibung
       gedrungen, sie habe das nicht mit ihren Moralvorstellungen vereinbaren
       können. Nach internem Streit kam das Kind zur Welt. Es folgte eine
       öffentlich zelebrierte Hochzeit der beiden. Er habe geheiratet, weil im
       Kulturkreis der türkischen Familie der jungen Mutter ein uneheliches Kind
       als „Schande“ gelte, bekannte Feldmann jetzt.
       
       Noch immer sind die beiden verheiratet, leben aber wieder getrennt. Das
       Scheidungsverfahren läuft. Mit dem freiwillig gewährten Einblick in eine
       ziemlich desolate Beziehungsgeschichte wollen Feldmann und seine
       Verteidiger offenbar belegen, dass das überhöhte AWO-Gehalt für die
       Berufsanfängerin an seiner Seite nicht ihm, sondern lediglich ihr zugute
       gekommen ist. Die Spenden von rund 6.000 Euro für seinen zweiten
       OB-Wahlkampf, die Hannelore Richter laut Anklage gesammelt hat, habe sie
       nicht als AWO-Chefin, sondern als Sozialdemokratin eingeworben.
       
       Eine Koalition aus Grünen, CDU, SPD, FDP und Volt wollen nun am 6. November
       per Bürgerabstimmung [2][eine Abwahl des Oberbürgermeisters durchsetzen].
       Hannelore Richter, eine der beiden Hauptfiguren im AWO-Skandal, wird sich
       bald selbst wegen schwerwiegenden Betrugsvorwürfen vor Gericht verantworten
       müssen.
       
       Weshalb hat sie mit Feldmann vor oder unmittelbar nach seiner ersten Wahl
       zum OB eine Rückkehrvereinbarung für die Zeit nach seinem Ausscheiden aus
       dem Amt getroffen, trotz des schwierigen persönlichen Verhältnisses
       zwischen den beiden?, fragt die Staatsanwaltschaft und sieht auch darin
       Belege für eine Unrechtsvereinbarung. Hannelore Richters Zeugenvernehmung
       ist für den 9. November geplant. Am Sonntag davor liegt das Ergebnis der
       Abstimmung über die Abwahl Feldmanns vor.
       
       27 Oct 2022
       
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