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       # taz.de -- Prozess gegen Halle-Attentäter: Der Waffennarr
       
       > Nach drei Wochen Pause wurde der Prozess zum Anschlag auf die Synagoge in
       > Halle fortgesetzt. Im Fokus: Die Waffenobsession des Angeklagten.
       
   IMG Bild: Hatte viele Waffen in seinem Bettkasten deponiert: Der Attentäter von Halle Stephan B
       
       Magdeburg epd | Der Synagogen-Attentäter von Halle hat sich offenbar über
       Jahre ein beträchtliches Waffenarsenal angelegt und sich intensiv mit dem
       Bau von Waffen beschäftigt. Dies wurde am sechsten Prozesstag am Dienstag
       vor dem Oberlandesgericht Naumburg deutlich. Kriminalbeamte des
       Bundeskriminalamts (BKA) berichteten im Zeugenstand, welche Waffen bei dem
       Angeklagten sichergestellt wurden. Einige Bauteile der Waffen stammten aus
       einem 3-D-Drucker, sagte ein 49-jähriger Kriminalhauptkommissar vor
       Gericht.
       
       Der Angeklagte selbst dokumentierte sein Waffenarsenal selbst in einem
       „Pre-Action-Report“. Dabei zeigte ein Foto, dass Stephan B. im Bettkasten
       seines Zimmers zahlreiche Waffen deponiert hatte. Unmittelbar vor der Tat
       machte der Angeklagte noch ein Selfie in der Wohnung seines Vaters, bei dem
       er „in voller Montur“ vor einem Spiegel posierte. Nach Angaben des Zeugen
       soll seine gesamte Ausrüstung, die er zum Beginn der Tat an der Synagoge
       trug, etwa 29 Kilogramm schwer gewesen sein.
       
       Dokumentiert wurden unter anderem Schusswaffen, Messer, ein bereits im Mai
       2011 im Internet gekauftes Schwert, eine selbstgebaute „Grabenkeule“ aus
       einem Holzstiel mit einem Zahnrad sowie Munition. Allein auf die 40 Jahre
       alte Passantin, die er vor der Synagoge tötete, soll er 15 Schüsse, ein
       ganzes Magazin, abgegeben haben. Er schoss der Frau mehrfach in den Rücken.
       
       Am Rande des sechsten Prozesstages gab es einen kleinen Zwischenfall: Ein
       Nebenklagevertreter wies das Gericht darauf hin, dass eine ihm bekannte
       Rechtsextremistin unter den Zuschauern ohne Mund-Nasen-Schutz sitze. Die
       Vorsitzende Richterin Ursula Mertens ließ sich daraufhin das vermeintliche
       ärztliche Attest zeigen und ordnete das Tragen der Mund-Nasen-Bedeckung an.
       Trotz Asthma und ärztlicher Empfehlung sei die Bedeckung beim ruhigen
       Sitzen, ohne körperliche Anstrengung zumutbar, so die Richterin.
       
       ## Lebenslange Haft samt Sicherheitsverwahrung?
       
       Am 9. Oktober 2019 hatte der Angeklagte einen [1][Anschlag] auf die
       Synagoge in Halle verübt, zwei Menschen erschossen und weitere verletzt.
       Die Bundesanwaltschaft hat den 28-Jährigen wegen Mordes in zwei Fällen und
       versuchten Mordes in mehreren Fällen sowie weiteren Straftaten angeklagt.
       Mit Sprengsätzen und Schusswaffen versuchte er vergeblich, in die
       abgeschlossene Synagoge zu gelangen, um möglichst viele Juden zu töten. Zum
       höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur hielten sich dort 52 Gläubige auf.
       
       Der Angeklagte hatte bereits an den ersten beiden Prozesstagen ein
       umfassendes Geständnis abgelegt und keinen Hehl aus seiner
       menschenverachtenden Einstellung gemacht. Ihm droht bei einer Verurteilung
       [2][eine lebenslange Freiheitsstrafe]. Zudem kommt eine anschließende
       Sicherungsverwahrung in Betracht.
       
       Der Prozess wird seit dem 21. Juli geführt. Aus Platzgründen findet der
       Prozess in Räumlichkeiten des Magdeburger Landgerichts statt. Es gibt 45
       Nebenkläger. Für Mittwoch sind weitere sechs Zeugen geladen. Dann soll das
       soziale Umfeld des Angeklagten beleuchtet werden, insbesondere seine
       Aktivitäten im Internet.
       
       25 Aug 2020
       
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