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       # taz.de -- Prozess zu mutmaßlichem Rechtsterror: Vorbild Christchurch-Attentäter
       
       > In Hildesheim hat der Prozess gegen einen 22-Jährigen begonnen. Er soll
       > aus rechtsradikaler Überzeugung einen Anschlag auf Muslime geplant haben.
       
   IMG Bild: Prozessbeginn in Hildesheim: Der 22-Jährige soll Anschläge auf Muslime geplant haben
       
       Hildesheim taz | Ein 22-jähriger Hildesheimer soll Anschläge auf Muslime
       geplant haben. Ein Chatpartner hatte den Angeklagten der Polizei gemeldet,
       die daraufhin seine Wohnung durchsuchte und ihn vorläufig festnahm. Jetzt
       muss sich der Mann vor dem Landgericht Hildesheim verantworten.
       
       Er befinde sich vor einer Moschee, sei im Besitz von Waffen und wolle
       gleich Muslime töten, schrieb der nun Angeklagte Felix F. Ende Mai 2020
       seinem – ihm unbekannten – Chatpartner über die Plattform Omegl. Dort
       werden Nutzer*innen zufällig Chatpartner*innen zugeteilt. Er wolle „Rache
       für die islamistischen Terroranschläge“ und er wolle seine Tat so ausführen
       wie Brenton Tarrant, der 2019 [1][in zwei Moscheen in Christchurch
       insgesamt 51 Menschen ermordet hatte].
       
       Sein Chatpartner aus Nordrhein-Westfalen informierte damals die Polizei,
       die Felix F. ausfindig machte und einen Tag später durch Spezialkräfte
       festnehmen ließ. In seiner Wohnung in Hildesheim fanden die Beamt*innen
       Waffen und persönliche Notizen, [2][die auf die Planung eines Anschlags
       hindeuteten].
       
       Vor dem Landgericht Hildesheim hat nun der Prozess gegen Felix F. mit der
       Verlesung der Anklageschrift begonnen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm
       insgesamt sechs Straftaten vor. Darunter die Vorbereitung einer schweren
       staatsgefährdenden Gewalttat, die Störung des öffentlichen Friedens durch
       Androhung von Straftaten, Volksverhetzung, Beleidigung und Bedrohung.
       
       ## Bewaffnung: Armbrüste und Messer
       
       Bereits 2017 soll Felix F. eine damals 15-Jährige unter einem falschen
       Namen auf Facebook kontaktiert und ihr mehrere Bilder seiner Genitalien
       geschickt haben. Das Mädchen versuchte, den Kontakt abzubrechen, wurde
       daraufhin durch den Angeklagten bedroht und beleidigt. Als die Mutter
       ankündigte, die Polizei einzuschalten, drohte der Angeklagte, er werde ihre
       Tochter „mit einem Messer töten, mit Benzin übergießen und anzünden“.
       
       Mutmaßlich im Jahr 2019 begann Felix F. sich laut der Anklageschrift der
       Staatsanwaltschaft online weiter zu radikalisieren. Er beschäftigte sich
       mit dem Verschwörungsmythos des Bevölkerungsaustauschs und sah sich den
       Holocaust verharmlosende Videos an. Er trat mehreren rassistischen
       Online-Gaming Gruppen bei und vertiefte seinen Hass auf Frauen, schwarze
       Menschen und Jüd*innen.
       
       Im Chatportal Omegl traf F. im August 2019 auf einen schwarzen Chatpartner,
       den er rassistisch beschimpft haben soll. Weiter habe er seinem Chatpartner
       mit den Worten „deine Rasse wird ausgerottet“ bedroht. Er freue sich
       darauf, wenn Schwarze Menschen „alle in Lager sperrt und vergast“ würden.
       
       Ab Juli 2019 soll sich Felix F. näher mit der Planung eines Anschlags
       befasst haben. Im Internet recherchierte er nach Waffen um möglichst viele
       Muslime zu töten. In seinen persönlichen Notizen schrieb er, er wolle sich
       Waffen beschaffen, um damit einen Amoklauf zu begehen. Sein Ziel sei es,
       mindestens 20 Menschen zu töten, um so zur Legende zu werden. Die ganze
       Welt werde über ihn sprechen. Sein Anschlag solle den bisherigen
       rechtsextremen Anschlägen gleich kommen.
       
       ## Anschlagsziel: Wahhabitische Moscheen
       
       Als Anschlagsziel nannte er laut Staatsanwaltschaft konkret wahhabitische
       Moscheen. Bis zum Mai 2020 beschaffte sich Felix F. zwei Armbrüste mit
       Zielfernrohr und Pfeilen sowie mehrere Messer und einen
       Teleskopschlagstock. Die Waffen wurden im Rahmen der Hausdurchsuchung
       sichergestellt. Die Generalstaatsanwaltschaft wirft F. vor, sich die Waffen
       zur Durchführung eines Anschlags beschafft zu haben. Online begann F.
       verschlüsselt über den Tor-Browser zu chatten.
       
       In den kommenden Wochen soll vor Gericht ein Gutachter zur Schuldfähigkeit
       des Angeklagten aussagen und klären, ob er womöglich psychische Problem
       hat. Der Verteidiger Kurt Georg Wöckener kündigte an, dass sich auch Felix
       F. selbst im Laufe des Prozesses zu den Vorwürfen äußern wolle.
       
       7 Dec 2020
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR David Speier
       
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