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       # taz.de -- Quarantäne in Madrid: „I’m gonna get over this“
       
       > Der Soundtrack unserer Roadmovies läuft nun zum Strampeln auf dem
       > Ellipsentrainer. Die Weiten Kastiliens bleiben unerreichbar.
       
   IMG Bild: Hier war es schon mal voller – die Plaza Mayor im Herzen Madrids während des Shutdowns
       
       Was für eine Freude: Manolo ist zurück. Nach einem Wochenende mit
       Dauermusik ohne Ansagen nimmt Manolo Fernández wieder das Mikrofon in die
       Hand und macht sein allwöchentliches Countryprogramm „Toma Uno“ auf Radio
       3, dem Musiksender des spanischen öffentlichen Rundfunks. Der etwas
       schlechtere Ton verrät, der Sprecher geht seiner Arbeit aus dem Homeoffice
       nach. Egal. Was zählt: Er ist zurück.
       
       „On a warm summer’s eve, on a train bound for nowhere...“ – wie könnte eine
       Stunde Countrymusik besser beginnen als mit einer Ballade? Das Programm,
       mit dem Werbeslogan „Radio mit Stiefeln“, gehört zu meinen festen
       Hörgewohnheiten. Nein, nicht live Samstag und Sonntag von 13 bis 14 Uhr –
       „und eine Stunde weniger auf den Kanaren“. Da sind wir üblicherweise
       irgendwo wandern oder mit dem Kanu unterwegs. „Toma Uno“ begleitet uns
       später am Tag als Podcast auf der Rückfahrt.
       
       „Big wheels rollin’, gotta keep ’em goin’, big wheels rollin’. Movin’ on“,
       singt Merle Haggard. Schwarzer Filzhut auf dem Kopf, das kanadische Kanu
       auf dem Autodach, „my Sweetheart“ an der Seite, der Hund auf der Rückbank.
       Vor uns die endlosen Weiten Kastiliens, die schroffen Berge von Gredos oder
       die eher runden 2000er der Sierra de Guadarrama, immer dem Abendhimmel
       entgegen … Midwest ist überall … zumindest [1][bis das Virus zuschlug].
       
       Jetzt sitzt nicht nur Manolo Fernández zu Hause. Wir auch. Seit dem 14.
       März herrscht hier Covid-Ausgangssperre. Quarantäne heißt der neue Alltag,
       von dem auch Steve Forbert jüngstes Werk, der Pandemic Song, handelt:
       „Rand, Rand, you don’t understand, we’re quarantined and watching the news.
       Rand, Rand, we’re changing our plans and won’t be on the holiday cruise.“
       
       So ist denn auch das Kanu auf seinem Platz, Wanderstiefel und Filzhut
       liegen irgendwo im Auto. Der „Truck“ steht im Parkhaus. „Don’t take your
       Love to town“, singt Kenny Rogers, als wäre dies eine realistische Option.
       
       Der Soundtrack unserer Roadmovies ist zur Musik für Aktivitäten geworden,
       die ich vor Wochen noch weit von mir gewiesen hätte. Ich strample auf einer
       dieser Foltermaschinen, wie sie in keinem Fitnessstudio fehlen dürfen, vor
       mich hin. Den Ellipsentrainer haben wir irgendwann mal gekauft. Er geriet
       schnell in Vergessenheit und verstaubte seit Jahren unbeachtet in einer
       Ecke. Bis das Virus und mit ihm die Ausgangssperre kam.
       
       Jetzt steht das Gerät an der Balkontür und ich spule einmal am Tag meine
       Kilometer ab. Die Sonne schient mir ins Gesicht. Ein leichter Wind kommt
       durchs offene Fenster. „I’m gonna get over this. Some day“, heißt der Song
       von T-Bone Burnett, mit dem Manolo Fernández sich für heute verabschiedet,
       während ich dem Horizont entgegenlaufe.
       
       18 Apr 2020
       
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