# taz.de -- „Quick Freeze“: Nur noch schnell Daten einfrieren
> Justizminister Buschmann kann endlich seinen Gesetzentwurf für eine
> Alternative zur Vorratsdatenspeicherung vorlegen. Das Kanzleramt gab
> grünes Licht.
IMG Bild: Auf richterliche „Sicherungsanordnung“ werden hier zukünftig Daten eingefroren, Server in einem Rechenzentrum in Karlsruhe
Freiburg taz | Die Ampelkoalition hat eine ihrer Blockaden gelöst. Das
Kanzleramt gab grünes Licht für einen Gesetzentwurf von Justizminister
Marco Buschmann (FDP), mit dem das [1][„Quick Freeze“-Verfahren] in die
Strafprozessordnung eingeführt werden soll. Es soll dabei die rechtswidrige
Vorratsdatenspeicherung ersetzen. Im Gegenzug legte Buschmann auch einen
Gesetzentwurf zur Verlängerung der Mietpreisbremse vor, die der SPD wichtig
ist.
Bei der anlasslosen Vorratsdatenspeicherung aller Telefon- und
Internetdaten hätten Telefonfirmen zehn Wochen lang festhalten müssen, wer
wann wen angerufen oder -geschrieben hat. Bei Mobiltelefonen hätte vier
Wochen lang auch der Standort registriert werden müssen. So wäre ein
riesiger Datenfundus entstanden, auf den die Polizei bei Bedarf hätte
zugreifen können.
Nach einem ersten Anlauf im Jahr 2007, der 2010 am Bundesverfassungsgericht
scheiterte, beschloss die Große Koalition 2015 erneut eine
Vorratsdatenspeicherung. Diese wurde wegen grundrechtlicher Bedenken aber
nie praktiziert. 2022 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) dann auch
diese deutschen Regeln ausdrücklich als Verstoß gegen EU-Recht eingestuft.
Die anlasslose Speicherung der Daten der gesamten Bevölkerung greife
unverhältnismäßig in die Grundrechte ein.
Allerdings weist Innenministerin Nancy Faeser (SPD) darauf hin, dass der
EuGH die Vorratsdatenspeicherung von IP-Adressen, die bei der Einwahl ins
Internet entstehen, [2][ausdrücklich erlaubt hat], damit auf diese Weise
Kinderpornografie bekämpft werden kann. Im April 2024 hat der EuGH zudem
ermöglicht, dass die [3][Vorratsdatenspeicherung] von IP-Adressen zur
Aufklärung jeglicher Kriminalität genutzt werden kann.
## Quick Freeze erfordert richterliche Anordnung
Justizminister Buschmann pochte aber auf den Koalitionsvertrag, in dem nur
„anlassbezogene“ Datenspeicherungen vorgesehen sind. Buschmann hat daher
bereits 2022 den Entwurf für die Einführung eines Quick-Freeze-Verfahrens
vorgelegt.
Beim Quick Freeze müssen Provider auf richterliche „Sicherungsanordnung“
alle noch gespeicherten Telekommunikationsdaten einfrieren, die „für die
Erforschung des Sachverhalts oder zur Ermittlung des Aufenthaltsorts eines
Beschuldigten von Bedeutung sein können“.
Voraussetzung ist der Verdacht auf bestimmte schwere Straftaten, etwa Mord,
Bandendiebstahl oder sexueller Kindesmissbrauch. Nach der
Sicherungsanordnung, in der die Daten quasi eingefroren werden, sollen die
Strafverfolgungsbehörden einen bis maximal drei Monate Zeit haben, um beim
Gericht das Wiederauftauen der Daten zu beantragt. Sie würden dann die
Daten von den Providern zur Auswertung erhalten.
Polizeipraktiker:innen kritisieren, dass damit oft nicht die
Kommunikation im Vorfeld einer Tat nachvollzogen werden kann, weil die
Taten vom Provider bereits gelöscht wurden.
Schon im April hatte sich die Bundesregierung geeinigt, dass Buschmann den
Quick-Freeze-Entwurf einbringen kann, wenn er gleichzeitig einen Entwurf
für die Verlängerung der Mietpreisbremse vorlegt. Dann aber verhakten sich
die Ressorts im Detail, und es war nicht sicher, ob der
Quick-Freeze-Entwurf überhaupt noch ins Kabinett kommt. Doch nun gab das
Bundeskanzleramt überraschend doch noch grünes Licht.
Parallel dazu legte Buschmann auch den [4][Gesetzentwurf zur
Mietpreisbremse] vor. Im Koalitionsvertrag war eine Verlängerung „bis zum
Jahre 2029“ vorgesehen. Buschmann schlug als Endpunkt aber nur den 31.
Dezember 2028 vor, blieb also am untersten Rand des Vereinbarten. Beide
Entwürfe sollen Anfang 2025 beschlossen werden.
17 Oct 2024
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## AUTOREN
DIR Christian Rath
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