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       # taz.de -- Radsport der Frauen: Am Ende wartet L’Alpe-d’Huez
       
       > Die Tour de France Femmes hat begonnen. Erstmals außerhalb Frankreichs,
       > in Rotterdam, starteten die besten Radsportlerinnen ihre große Rundfahrt.
       
   IMG Bild: Laten we gaan: In Rotterdam starteten 154 Radprofis zur Tour de France Femmes
       
       Am Anfang waren die Tränen. [1][Demi Vollering], gelernte Floristin aus der
       Provinz Zuid-Holland, war gerührt, wie viele Menschen zum Tour-Auftakt an
       den Straßenrand gekommen waren.
       
       „Das ist unglaublich, wie viele Leute hier sind“, sagte sie bei der
       Vorstellung vor dem Start der 1. Etappe in Rotterdam. „Ich bin als kleines
       Mädchen auf dem Bauernhof aufgewachsen und jetzt fahren wir genau durch
       diese Gegend.“ Dabei konnte sie die Tränen nicht zurückhalten. „Dort gibt
       es viele Gewächshäuser und ich bin sehr stolz, die Menschen zu
       repräsentieren, die dort immer sehr hart arbeiten.“
       
       Und ja, man nahm es ihr ab. Denn auch ihre Eltern verdienen mit dem
       Aufziehen von Blumen in Gewächshäusern ihren Lebensunterhalt und Vollering
       selbst arbeitete als Floristin, bevor sie Radprofi wurde.
       
       Als solche ist sie sehr erfolgreich. Sie gewann im letzten Jahr die
       [2][Tour de France Femmes], räumte in diesem Jahr bei Etappenrennen ab. Sie
       gewann die Spanienrundfahrt der Frauen, die Baskenland-, die
       Burgosrundfahrt sowie die Tour de Suisse. Nach dem Karriereende der
       überragenden [3][Annemiek van Vleuten] ist sie das Gesicht des
       Frauenradsports. Und sie hat nicht vergessen, wo sie herkommt, eben aus der
       Gewächshäuserinfrastruktur von Zuid-Holland.
       
       Dass so viele Menschen den Tour-Auftakt erleben wollten, zeigt, wie sehr
       die Niederlande das Herzland des gegenwärtigen Frauenradsports sind. Seit
       der Neuauflage der Frankreichrundfahrt gewannen nur Niederländerinnen. Bei
       der Spanienrundfahrt schaut es ähnlich aus. Beim [4][Giro d’Italia Donne],
       dem klassischen Mehretappenrennen der Frauen, muss man bis ins Jahr 2016
       zurückblättern, um eine Siegerin zu finden, die nicht aus den Niederlanden
       stammt. Gut, in diesem Jahr durchbrach die Italienerin [5][Elisa Longo
       Borghini] die Oranje-Serie. An der Dominanz ändert sich aber wenig.
       
       ## Auftakt mit Charlotte Kools Sprintsieg
       
       Das zeigte auch die Auftaktetappe am Montag. Lorena Wiebes, Top-Favoritin
       auf den Sprintsieg in Den Haag, verlor nach einer Kollision zwar ihr
       Schaltwerk und konnte nicht in das Hochgeschwindigkeitsfinale eingreifen.
       Statt ihrer gewann aber Landsfrau Charlotte Kool. Die hielt sich vor lauter
       Glück beim Überqueren des Zielstrichs die Hand vor dem Mund. „Das ist der
       beste Tag meines Lebens“, jubelte sie im Siegerinterview.
       
       Etappensieg und Gelbes Trikot beim Tour-de-France-Ausflug in die Heimat ist
       das größte Saisonziel für die Niederländerinnen, größer sogar noch als ein
       Olympiasieg in Paris. Das Straßenrennen dort hatten sie mit „nur“ Silber
       für Routinierin Marianne Vos ohnehin verpatzt. Daher bietet die Tour nun
       beste Gelegenheit zur Rehabilitation vor den eigenen Fans, die Gold
       erwartet hatten.
       
       Dass diese ihre Stars nicht mit Missachtung, sondern extremer Zuneigung
       bedenken, liegt allerdings nicht nur an der tiefen Verankerung von
       [6][Radfahren und Radsport in der Alltagskultur]. Die Veranstalter vom
       Grand Départ taten auch das Ihre, um die Begeisterung weiter anzufachen.
       
       ## Radsport und Alltagskultur
       
       Sie riefen das Programm „Rotterdam Peloton“ ins Leben, ein mehrmonatiges
       Trainingsprogramm für ambitionierte Amateurfahrerinnen. Die Kampagne „Pass
       on Your Bike“ will den 22 Prozent der Rotterdamer Einwohner*innen, die kein
       eigenes Rad haben, eines geben. Immerhin 600 gespendete Fahrräder kamen
       bereits zusammen.
       
       Im Projekt „Radfahren in der Schule“ wurden 8.500 Kinder zwischen 10 und 14
       Jahren über das tägliche Fahren mit dem Rad und das Verhalten im
       Straßenverkehr aufgeklärt. Die Basis für neue Champions, Nachfolgerinnen
       von Vollering und Vos, Kool und Wiebes, ist damit gelegt.
       
       Von Demi Vollering gibt es übrigens ein schönes Kinderbild, das sie auf
       einem pink-grünen Kinderrad zeigt. Ihre kleine Schwester Bodine sitzt da
       noch auf dem Gepäckträger, und auf einem eigenen kleinen Rad folgt die
       mittlere Schwester Nena. Beide versuchten sich ebenfalls als
       Rennfahrerinnen.
       
       Bodine nahm in diesem Jahr sogar an der Thüringenrundfahrt teil, dem
       wichtigsten Etappenrennen für Frauen in Deutschland. Schwester Demi hat
       indessen die Titelverteidigung bei der Tour im Blick. Am Sonntag, in den
       mythischen Kehren von L[7][’Alpe-d’Huez], will sie diesen Erfolg perfekt
       machen. War der Auftakt in den flachen Niederlanden den Sprinterinnen
       gewidmet, so wird die Gesamtsiegerin nach acht Etappen in den Alpen
       gekrönt.
       
       13 Aug 2024
       
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