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       # taz.de -- Räumung Hambacher Forst: Jetzt soll Lorien weichen
       
       > Die Räumung des letzten unberührten Baumhausdorfs hat begonnen. Die
       > Polizei hat auch die Brücke abgerissen, von der ein Journalist in den Tod
       > stürzte.
       
   IMG Bild: Polizisten begutachten ein Baumhaus
       
       “Apfel? Apfel?“ Der Mann geht die Sitzblockade entlang und füttert die
       AktivistInnen. Auf einem Teller hat er auch Nudeln mit Thunfisch und Bohnen
       dabei. Auf Wunsch löffelt er zu. Der Blockade gegenüber stehen
       PolizistInnen lose, für sich. AktivistInnen sind eingehakt, manche stehend,
       manche sitzend.
       
       Schon vorher ist der Aktivist die etwa 100 Meter lange Menschenkette
       abgelaufen, mit Wasser. Er setzte Durstigen die Flasche an den Mund,
       kippte, vorsichtig. Die PolizistInnen lassen ihn gewähren. Hinter ihren
       Rücken rattern Walzen und Raupen. Die Geräte räumen die gerade gefällten
       Bäume und schieben Erdmassen weg, ein LKW bringt Sand. Hier entsteht ein
       Rangierplatz. Deshalb ist die Polizei vorgerückt: Sie steht hier als Schutz
       für die Arbeiten, die Platz schaffen sollen für die Räumung von Lorien: Dem
       letzten von der Räumung unberührten Baumhausdorf.
       
       [1][Seit fast zwei Wochen läuft die Räumung.] Sie begann im Osten, ist
       jetzt am westlichen Waldrand angekommen. Als die Hebebühnen am Dienstag im
       mittel-westlich gelegenen Beechtown ausfuhren, harrten oben nur noch zwei
       AktivistInnen aus. Beide seilten sich freiwillig ab. Dann stand Beechtown
       leer – der Abriss begann.
       
       Die Seile der Brücke, von der [2][der Journalist Steffen Meyn knapp eine
       Woche zuvor gestürzt war], schnitt ein Polizist mit einem Messer durch. Es
       knallte, als die Brücke unten aufschlug. Der Abriss wurde nicht zuende
       gebracht: Inzwischen ist Beechtown wieder besetzt. Parallel arbeiteten
       Einsatzkräfte am Dienstag auch in Cosytown. In Lorien wurde nur ein
       außerhalb gelegener Tripod geräumt, eine Blockade, die aussieht, wie ein
       großer dreibeiniger Hocker.
       
       ## Gegner im Gespräch
       
       Am Mittwoch haben sich viele der BesetzerInnen mit noch mehr Zugereisten in
       Lorien versammelt: Insgesamt etwa 200 Menschen. Sie liegen in Hängematten,
       die zwischen Baumkronen gespannt sind, sitzen auf einem Tripod, singen
       darunter in einer Sitzblockade oder halten sich im Hintergrund auf. Die
       meisten allerdings sind Teil der Kette, die Lorien in Richtung der
       Räumgeräte abschirmt – eine Mauer aus Menschen.
       
       Die Polizei ist so weit vorgerückt, wie nötig, um zwischen den Menschen und
       den Arbeiten zu stehen. Nun wartet alles, einander gegenüber. Polizeihunde
       winseln, Walzen brummen. Beim Zurückdrängen der Blockade hat ein junger
       Polizist einem Mann ins Gesicht geschlagen. Schlagstöcke waren gezogen.
       
       Jetzt ist stundenlang Stillstand, bis auf Einzelne, die losrennen und sich
       vor die Räummaschinen werfen. “Power to the people, people got the power“,
       singt die Menschenkette. Ein Aktivist geht zwischen Polizei und Blockade
       entlang und ruft: “Diese Grenze darf nichts bedeuten für uns. Wir sind alle
       Menschen.“ Manche PolizistInnen drehen sich um, schauen den Räumarbeiten
       zu, auf der kahlen Fläche, wo eben noch Bäume wuchsen.
       
       Manchmal redet man miteinander: Wissend, dass man, sobald die Arbeiten im
       Hintergrund erledigt sind, vom Gegenüber geräumt wird, beziehungsweise den
       Gegenüber räumen muss. Wie es mit der Blockade weitergeht, wird sich
       zeigen. Zu Redaktionssschluss waren Blockade und Polizeikette noch immer
       von Walzgeräuschen umgeben.
       
       26 Sep 2018
       
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