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       # taz.de -- Räumung des Köpi-Wagenplatzes in Berlin: Kein Zuhause mehr vor der Köpi
       
       > Am Freitag räumt die Polizei mit einem Großaufgebot den Wagenplatz der
       > Köpi. 38 BewohnerInnen werden vom Gelände geholt. Abends TagX-Demo.
       
   IMG Bild: Die Polizei ist auch schon da: Freitag vor der Räumung des Köpi-Wagenplatzes in Berlin-Mitte
       
       Berlin taz | Der Wagenplatz des linksautonomen Hausprojekts Köpi ist
       geräumt: Bis Freitagnachmittag holte die Polizei eigenen Angaben zufolge 38
       Menschen von dem Gelände an der Köpenicker Straße in Mitte. Sie seien zu
       den Polizeifahrzeugen geführt worden, wo die Identitäten erfasst wurden.
       Bis zum Nachmittag zählte die Polizei 50 Freiheitsentzüge und
       freiheitsbeschränkende Maßnahmen. Das Einsatzgebiet umfasse allerdings
       nicht nur die Straßen um den Köpi-Wagenplatz, sondern auch beispielsweise
       Protestaktionen von UnterstützerInnen im Rest der Stadt, sagte eine
       Sprecherin.
       
       Um 10.20 Uhr hatte die Polizei begonnen, gegen die [1][Barrikaden vor dem
       Köpi-Wagenplatz] vorzurücken: Von zwei Seiten, von der Adalbertstraße und
       der Köpenicker Straße, drangen die BeamtInnen mit Räumpanzern in das
       linksautonome Wagendorf ein. Mit fahrbaren Gerüsten versuchte die Polizei
       zudem, über den hohen Zaun zu gelangen, den die BewohnerInnen rund um den
       Wagenplatz errichtet haben. Vom Wagenplatz her flogen Flaschen in Richtung
       der EinsatzbeamtInnen. Auch aus Feuerlöschern wurde gesprüht.
       
       Der Polizeieinsatz diente dazu, einer Gerichtsvollzieherin den Zutritt zu
       ermöglichen, die auch gegen Mittag den Wagenplatz betrat. Damit wurde ein
       gerichtlicher Räumungsbeschluss gegen die Köpi offiziell vollzogen. Der
       Eigentümer des Geländes hatte ihn erwirkt, nachdem Gespräche über einen
       Verkauf des Grundstücks an das Land Berlin gescheitert waren.
       
       Insgesamt hatte die Polizei bis zu 2.000 BeamtInnen für den Einsatz
       aufgeboten, davon 700 aus anderen Bundesländern. Die massive
       Polizeipräsenz, auch bereits bei Unterstützer-Demos im Vorfeld der Räumung,
       ist wohl auch eine Antwort auf die heftigen Auseinandersetzungen im Juni in
       der [2][Rigaer94 im Friedrichshainer Nordkiez]. Dort hatten die
       BewohnerInnen des linken Hausprojekts versucht, eine Brandschutzbegehung zu
       verhindern, weil sie eine stille Räumung fürchteten.
       
       ## Demo in Neukölln am Abend
       
       Eine Polizeisprecherin sagte der taz am Freitagnachmittag, sie könne den
       Einsatz noch nicht abschließend bewerten. Man müsse auch abwarten, „wie der
       restliche Tag und die Demonstration verlaufen“. Für den Abend ist ab 20 Uhr
       am U-Bahnhof Schönleinstraße eine sogenannte „TagX-Demo“ von
       Köpi-UnterstützerInnen geplant.
       
       Auf Twitter berichteten Menschen vor Ort auch von „gewaltsamen“ Szenen. Es
       kommt zu Rangeleien zwischen Demonstrierenden und PolizistInnen; Schläge
       fallen. Der Neuköllner [3][Linken-Politiker Ferat Kocak] twitterte, die
       Polzei gehe „brutal“ gegen demonstrierende AktivistInnen vor den Barrikaden
       vor, um sie am Weitergehen zu hindern. Insgesamt bleiben die Gegenproteste
       vor der Köpi aber relativ überschaubar.
       
       Jörg Reichel, Pressesprecher der Journalistengewerkschaft DJU bei Verdi,
       war ebenfalls auf der Räumung im Pressebereich vor Ort. Er kritisierte
       gegenüber der taz, dass Journalisten vom abgesperrten Pressebereich in der
       Köpenicker Straße lediglich auf die Blechzäune blicken konnten. Im Köpi-Hof
       selbst waren keine Journalisten erlaubt.
       
       Laut Reichel hätten sich im Pressebereich auch nicht berechtigte Personen
       wie der AfD-Politiker und Rechtsanwalt Roger Beckamp aufgehalten. Dies
       twitterte auch der Watch-Blog „Friedensdemo-Watch“ mit entsprechenden
       Fotos. Reichel habe die Beamten vor Ort informiert, diese hätten nicht
       reagiert. Die Pressesprecherin der Polizei vor Ort teilte der taz mit,
       nichts von diesem Vorfall zu wissen. Man müsse den Sachverhalt zuerst mit
       den Kollegen klären, die vor Ort im Einsatz waren.
       
       Das Wagencamp auf einem Gelände an der Köpenicker Straße gilt als eines der
       letzten Symbolprojekte der linken Szene in Berlin. Auf dem rund 2.600
       Quadratmeter großen Grundstück neben einem 1990 besetzten Haus am
       ehemaligen Mauerstreifen wohnten etwa 50 Menschen in Bauwagen. Der
       Grundstückseigentümer hatte mit Hinweis auf eine Baugenehmigung im Juni
       erfolgreich auf Räumung geklagt. Einen Eilantrag der Bewohner zum Stopp der
       Zwangsvollstreckung wies das Berliner Kammergericht am Mittwoch ab.
       
       „In unseren Augen sind nicht wir die Kriminellen, sondern Sigfried Nehls“,
       tönt es am Freitag auch aus einem Megaphon vom Wagenplatz. Die Firmen des
       Berliner Unternehmers treten seit 2007 als wechselnde Eigentümerinnen von
       Wagenplatz und dem Köpi-Gebäude auf. Bis zuletzt hatte der Senat offenbar
       versucht, sich mit Nehls zu einigen und mithilfe des landeseigenen
       Wohnungsunternehmens Howoge das Gelände zu übernehmen. [4][Doch die
       Verhandlungen scheiterten].
       
       Zum Wagenplatz gehört ein großes Hinterhaus, das aber nicht geräumt werden
       soll. Das Gebäude am Mauerstreifen von Ost-Berlin wurde 1990, im Jahr nach
       dem Mauerfall, besetzt. Neben Wohnungen in den oberen Stockwerken gibt es
       im Keller und den unteren Geschossen einen Konzertraum, eine Kletterwand,
       eine kleine Sporthalle und ein Kino. (mit dpa)
       
       15 Oct 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Koepi-Wagenplatz-vor-Raeumung/!5804468
   DIR [2] /Hausdurchsuchung-Rigaer-Strasse-94/!5801684
   DIR [3] /Anklagen-im-Neukoelln-Komplex/!5792719
   DIR [4] /Koepi-Wagenplatz-vor-Raeumung/!5804468
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sara Guglielmino
   DIR Manuel Aguigah
       
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