URI: 
       # taz.de -- Reaktion auf Gewalt gegen Protestierende: Weiter Streit um Iran-Politik
       
       > Die Bundesregierung drängt auf neue Sanktionen gegen den Iran. Opposition
       > und Abgeordnete der Ampelparteien kritisieren das als zu zögerlich.
       
   IMG Bild: Brennendes Kopftuch: Bei Protesten von Regimegegner:innen in Teheran am 20. Oktober
       
       Berlin taz | Die Proteste gegen das Mullah-Regime in den Städten und
       Provinzen Irans halten nach wie vor an. Und Teheran [1][geht weiter brutal
       gegen die Demonstrierenden vor]. Wie es aus dem Auswärtigen Amt heißt,
       werden die Beziehungen zum Iran derzeit einer genauen Prüfung unterzogen
       und angepasst.
       
       Auch weitere Maßnahmen gegen das Regime sind geplant. Dazu zählt, dass
       bereits am Montag im EU-Außenrat ein weiteres Sanktionspaket verabschiedet
       werden soll. Im Kern geht es dabei darum, weitere Verantwortliche für die
       [2][staatliche Gewalt und Repression in Iran] zu sanktionieren. Auf
       EU-Ebene besteht dazu ein weitreichender Konsens. Auch mit den USA, Kanada
       und Großbritannien laufen derzeit Absprachen zu Sanktionen.
       
       Strittigstes Thema ist nach wie vor, ob [3][die Revolutionsgarden] auf der
       Terrorsanktionsliste gelistet werden können. Ein europäischer oder auch
       internationaler Konsens scheint sich derzeit aber nicht abzuzeichnen.
       
       Die Regierung will zudem die Aufklärung von Menschenrechtsverletzungen in
       Iran vorantreiben. In rund zwei Wochen will der UN-Menschenrechtsrat dafür
       zu einer Sondersitzung zusammenkommen. Ziel ist die Abstimmung einer
       Resolution, die es erlauben würde, eine Art Untersuchungskommission
       aufzulegen, die solche Menschenrechtsverletzungen nicht nur sammelt,
       sondern auch aufarbeitet. Indes ist unklar, ob eine Mehrheit für einen
       solchen Mechanismus zustande kommt – und ob eine solche Kommission ins Land
       gelassen würde.
       
       ## SPD räumt auch Fehler ein
       
       Im Bundestag beschloss die Ampel am Mittwochabend, den Druck auf das Regime
       in Teheran zu erhöhen und die Protestbewegung zu unterstützen. Angesichts
       von über 14.000 Festgenommenen drängten die Opposition und die FDP auf ein
       schnelleres Handeln der Regierung. Zudem wurde das Festhalten an einem
       Atomabkommen in Frage gestellt.
       
       Außenministerin Annalena Baerbock verteidigte die deutsche Iran-Politik.
       „Wir lassen nicht nach“, beteuerte die Grüne. Man wolle Verantwortlichen
       zur Rechenschaft ziehen. Unterschiede in der Rechtslage würden einem
       schnellem Vorgehen, wie das der USA und Kanadas im Wege stehen.
       
       Nils Schmid (SPD) räumte indes auch Fehleinschätzungen ein. Mit dem
       Ampelantrag forciere man nun aber weitere Sanktionen. Auch soll damit
       geprüft werden, ob und wie eine Schließung des Islamischen Zentrums in
       Hamburg möglich ist. Der Verein wird derzeit durch einen Staatsvertrag
       zwischen Hamburg und der Schura gefördert, obwohl er vom Hamburger
       Verfassungsschutz als extremistisch eingestuft wird.
       
       Norbert Röttgen (CDU) kritisierte, dass 10.000 Angehörige der iranischen
       Revolutionsgarde von Kanada bereits sanktioniert seien, während es in
       Deutschland lediglich 11 Personen und vier Organisationen sind. Das
       deutsche Handeln werde dem Ausmaß der Ereignisse nicht gerecht. Es handle
       sich nicht mehr um Proteste, sondern um eine Revolution.
       
       ## Röttgen beklagt „Minisanktionen“
       
       Röttgen forderte Kanzler Scholz auf, sich in einer öffentlichen Rede an die
       Menschen im Iran zu wenden. Bisher gebe es nur „Minisanktionen“ und ein
       „obligatorisches Mindestmaß an Druck“. Auch eine Prüfung zum Islamischen
       Zentrum sei nicht notwendig, da es lange genug durch den Verfassungsschutz
       beobachtet würde.
       
       Renata Alt (FDP) ging der vorliegende Antrag ebenfalls nicht weit genug.
       Sie fordert entschlosseneres Handeln und weitere Sanktionen, die Regierung
       handele zu zögerlich. Hämische Zwischenrufe bekam sie von der Union, als
       sie beklagte, dass sich schon wieder eine Frau für ihr Vorgehen
       rechtfertigen muss.
       
       Während man sich einig war, dass Iran keine Atomsprengkörper erlangen darf,
       wurden die Verhandlungen zu einem Abkommen von der CDU/CSU kritisiert. Es
       sei ein Spiel auf Zeit und die Einbestellung des iranischen Botschafters zu
       wenig, um das iranische Regime unter Druck zu setzen. Auf ein Abkommen
       könne man derzeit nicht warten. Schmid hielt dem entgegen, dass man ohne
       Abkommen in eine Pattsituation wie in Nordkorea geraten könnte.
       
       Die Linke forderte schließlich in einem eigenen Antrag, Verfolgte
       aufzunehmen und Abschiebungen nach Iran zu stoppen. Der Antrag wurde von
       allen anderen Fraktionen abgelehnt.
       
       Zu einem möglichen Verbot des Islamischen Zentrums in Hamburg erklärte die
       dortige Innenbehörde, dies sei Aufgabe des Bundesinnenministeriums. Dieses
       ließ eine Anfrage zu dem Fall vorerst unbeantwortet.
       
       10 Nov 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Proteste-in-Iran/!t5884344
   DIR [2] /Shirin-Ebadi-ueber-die-Proteste-im-Iran/!5888438
   DIR [3] /Neue-EU-Sanktionen-gegen-Iran/!5885449
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sebastian Ridder
   DIR Tanja Tricarico
       
       ## TAGS
       
   DIR Proteste in Iran
   DIR Sanktionen
   DIR Bundesregierung
   DIR Teheran
   DIR Proteste in Iran
   DIR Proteste in Iran
   DIR Proteste in Iran
   DIR Proteste in Iran
   DIR Proteste in Iran
   DIR Proteste in Iran
   DIR Proteste in Iran
   DIR Proteste in Iran
   DIR Wochenkommentar
   DIR Proteste in Iran
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Hinrichtungen in Iran: Chamenei gehört auf die Terrorliste
       
       Es ist nicht nachvollziehbar, warum Irans Revolutionsführer Ali Chamenei
       und die Revolutionsgarden von der EU nicht härter sanktioniert werden.
       
   DIR Generalstreik in Iran: Ins Herz des Regimes
       
       Die landesweiten dreitägigen Generalstreiks haben die iranische Führung
       schwer getroffen. Das zeigen auch Maßnahmen wie das Abschalten des
       Internets.
       
   DIR Proteste in Iran: Frau Leben Freiheit
       
       Seit Jahren stehen die iranischen Frauen an vorderster Front gegen das
       unterdrückerische Regime. Der Westen darf ihrem Kampf nicht tatenlos
       zusehen.
       
   DIR Atomverhandlungen mit Iran ausgesetzt: Keine Kompromisse
       
       Das offizielle Ende der Verhandlungen ist auch ein Zeichen an die
       Protestierenden. Statt bisherige Sanktionen zu erweichen, braucht es jetzt
       neue.
       
   DIR Protokoll einer Gefangenen in Iran: „Die Agenten verbanden mir die Augen“
       
       In Iran geht das Regime weiter gewaltsam gegen jeglichen Protest vor. Eine
       Iranerin schildert, wie sie tagelang verhört wurde – ein Protokoll.
       
   DIR Proteste in Iran: Nur ein Leben in Freiheit
       
       Es sind die unter 40-Jährigen, die mit ihrem Zorn gegen die Islamische
       Republik auf die Straße ziehen. Sie lassen sich von der Gewalt nicht
       schrecken.
       
   DIR Aufstand in Iran: Baerbock weist Drohungen zurück
       
       Teheran drohte, auf Deutschlands Iran-Politik entschlossen zu antworten.
       Die deutsche Außenministerin verweist auf mögliche neue Sanktionen.
       
   DIR Iranische Studierende in Deutschland: „Wie soll ich mich konzentrieren?“
       
       Die Proteste in ihrer Heimat nehmen iranische Studierende auch in
       Deutschland mit. Vier von ihnen berichten, wie sie mit der Situation
       umgehen.
       
   DIR Angriff auf Mahnwache vor Iran-Botschaft: Fatales Signal
       
       Während des Angriffs will die Berliner Polizei alles richtig gemacht haben.
       Doch die Attacke zeigt: Nicht mal im Ausland sind Exiliraner sicher.
       
   DIR Proteste in Iran: Der Vollständigkeit halber
       
       Die Revolution auf ein singuläres Ereignis zu reduzieren, ist falsch. Fünf
       Punkte, um ein realistisches Gesamtbild Irans zu bekommen.