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       # taz.de -- Reaktion auf rechte Bürgerwehr: Protest für ein Recht auf Asyl
       
       > Rechtsextreme laufen an der Grenze zu Polen Streife, um Geflüchtete zu
       > vertreiben. Dagegen fand in Guben eine Mahnwache statt.
       
   IMG Bild: Teilnehmer*innen der Mahnwache in Guben an diesem Wochenende
       
       Berlin taz | Mit einer 24-Stunden-Mahnwache hat ein Bündnis an der
       polnischen Grenze bis Sonntagmittag für das Recht auf Asyl demonstriert. Zu
       der Mahnwache in der brandenburgischen Grenzstadt Guben hatten die Gruppe
       „Gubener:innen für Menschenrechte“ aufgerufen; Initiativen wie Welcome
       United, Jugendliche ohne Grenzen, Seebrücke Lausitz und Potsdam hatten sich
       angeschlossen.
       
       Anlass war eine Ankündigung der rechtsextremen Kleinstpartei Der dritte
       Weg, die für die Nacht zu sogenannten „Grenzgängen“ mobilisiert hatten.
       Damit wollten die Neonazis sich gegen Grenzübertritte [1][von aus Polen
       kommenden Flüchtlingen] stellen.
       
       Am Sonnabend hatten sich nach Angaben von Polizei und Veranstaltern rund
       120 Menschen bei der Mahnwache an der Berliner Straße in Guben eingefunden;
       sogar in der Nacht seien es noch 25 Menschen gewesen. „Es ist uns gelungen,
       ein Zeichen gegen Rassismus und Nationalismus zu setzen“, sagte Jibran
       Khalil von Jugendliche ohne Grenzen über die Mahnwache der taz am Sonntag.
       
       Auch Gruppen aus Berlin, Potsdam und Frankfurt (Oder) hatten nach Guben
       mobilisiert, aus Berlin war am Samstagmittag ein Solibus gestartet. An der
       Kundgebung hätten sich zahlreiche Menschen aus Guben beteiligt, der Pfarrer
       habe mit einem Redebeitrag das Anliegen unterstützt und Räume zur Verfügung
       gestellt, berichtete Khalil. Am Rande der Kundgebung habe es Provokationen
       gegeben; die Polizei hatte Platzverweise erstellt. Andere Passant:innen
       hätten ihren Zuspruch deutlich gemacht.
       
       „Rassismus ist in Guben kein neues Phänomen. Schon [2][1999 gab es dort
       eine tödliche Hetzjagd von Neonazis]“, berichtete Khalil. „Die Politik muss
       sich dafür einsetzen, dass Bewegungsfreiheit auch für Menschen gilt, die
       nicht deutsch oder nicht weiß sind und sich gegen Push-Backs aussprechen.“
       Mit Push-Backs wird das Zurückdrängen von Menschen an Grenzen von Ziel-
       oder Transitländern bezeichnet, in den meisten Fällen gilt das als illegal.
       
       „Wenn Neonazis dazu mobilisieren, Menschen aktiv zu bedrohen, müssen wir
       uns dem als Zivilgesellschaft entgegenstellen“, hieß es im Aufruf zur
       Kundgebung. „Die Menschen, die nach wochenlanger Flucht bei uns ankommen,
       brauchen unsere Unterstützung und keinen Hass von Neonazis!“
       
       Die Polizei griff währenddessen in der Grenzregion in der Nacht zu Sonntag
       nach eigenen Angaben rund 50 Menschen auf, die sie dem Umfeld der
       rechtsextremen Partei zuordnet und die wohl als eine Art selbsternannte
       Bürgerwehr unterwegs waren. Wie die in Cottbus ansässige brandenburgische
       Polizeidirektion Süd mitteilte, habe man bei der Überprüfung der
       aufgegriffenen Personen Pfeffersprays, ein Bajonett, eine Machete und
       Schlagstöcke sichergestellt.
       
       Die größte Personengruppe, etwa 30 Menschen, sei bereits vor Mitternacht
       beim Dorf Groß Gastrose angetroffen worden. Außerdem habe man am Neiße-Damm
       einige Personen aufgespürt sowie vereinzelt im Stadtgebiet von Guben. Sie
       hätten allesamt Platzverweise für die Grenzregion um Guben im Landkreis
       Spree-Neiße erhalten.
       
       Die aufgegriffenen Personen stammten zum Teil aus der unmittelbaren
       Umgebung, etliche seien aber auch aus anderen Bundesländern angereist. Die
       Polizei sagte, sie werde auch weiterhin im Gebiet patrouillieren, hieß es
       am frühen Morgen. Man sei mit zahlreichen Einsatzkräften vor Ort und
       arbeite eng mit der Bundespolizei zusammen.
       
       Das für Brandenburg und Berlin zuständige Präsidium der Bundespolizei hat
       nach eigenen Angaben im Oktober bisher 1.922 Einreisen über die Grenze
       zwischen Polen und Brandenburg registriert, bei denen sie davon ausgehen,
       dass die Menschen über Belarus nach Polen gekommen sind. Im gesamten Jahr
       waren es laut Bundespolizei bereits 3.478 Einreisen aus Polen nach
       Brandenburg.
       
       Berlin stellt sich unterdessen darauf ein, in den kommenden Monaten mehr
       Flüchtlinge aufzunehmen. Im Land würden derzeit Unterkünfte vorbereitet und
       wieder eröffnet, die teils schon länger geschlossen waren, teilte das
       Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) mit. Diese seien auch für
       die zuletzt gestiegene Zahl der Menschen vorgesehen, die über Polen nach
       Deutschland einreisen und aus Brandenburg nach Berlin weiterverteilt
       werden.
       
       „Wir sind gut vorbereitet und nehmen weitere Unterkünfte in Betrieb, um die
       geflüchteten Menschen dort unterzubringen“, sagte Berlins Sozialsenatorin
       Elke Breitenbach (Linke) der taz auf Anfrage. „Es kommen mehr geflüchtete
       Menschen nach Berlin. Doch von einer Situation, wie wir sie in den Jahren
       2015/2016 erlebt hatten, sind wir weit entfernt.“
       
       Demnach sollen etwa die leerstehenden Container am Blumberger Damm in
       Marzahn-Hellersdorf ab Mitte November wieder in Betrieb genommen werden.
       Dazu kommen nach Angaben des LAF in den kommenden vier Wochen weitere
       Unterkünfte in Spandau, Neukölln, Mitte und Lichtenberg mit insgesamt 1.200
       Plätzen. Bis Ende des Jahres soll eine Reihe weiterer Unterkünfte – teils
       auch in Containern – dazukommen. Auch die Container auf dem Tempelhofer
       Feld sollen wieder hergerichtet und bezogen werden.
       
       24 Oct 2021
       
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