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       # taz.de -- Rebellenarmee vertreibt Regierungstruppen: Kongos Armee auf der Flucht
       
       > Die M23-Rebellen haben im Osten der Demokratischen Republik Kongo mit
       > einer Großoffensive begonnen. Tausende Zivilisten und Soldaten fliehen
       > nach Uganda.
       
   IMG Bild: Mitglieder der kongolesischen Regierungsarmee.
       
       BERLIN taz | Die neue Rebellenarmee M23 (Bewegung des 23. März) im Osten
       der Demokratischen Republik Kongo ist aus ihren Stützpunkten in den
       Vulkanbergen an der Grenze zu Ruanda vorgestoßen und hat eine Reihe von
       Ortschaften sowie die wichtigste Straße aus dem Ostkongo nach Uganda
       erobert. Nach der Kleinstadt Jomba am Donnerstag fiel am Freitagmorgen die
       Grenzstadt Bunagana unter die Kontrolle der M23, bestätigten Einwohner.
       
       „Die Stadt Bunagana und ihr Umland befinden sich seit heute morgen unter
       Kontrolle unserer Streitkräfte, nach einer versuchten Gegenoffensive der
       Regierungsstreitkräfte“, teilte der Führer der M23, Oberst Sultani Makenga,
       in einer am Freitag verbreiteten Erklärung mit. Er forderte die in der
       wichtigen Grenzstadt stationierten Polizisten und UN-Blauhelmsoldaten aud,
       die Sicherheit der Bevölkerung zu garantieren.
       
       Es gehe seiner Bewegung nicht darum, Territorialgewinne zu erzielen, so
       Makenga weiter - ein kriegserfahrener einstiger Tutsi-Rebellenführer
       Ostkongos, der 2009 in die Regierungsarmee eingetreten war und sie im April
       2012 wieder verlassen hatte, um die M23 zu gründen. Es gehe darum, die
       Regierung zur Umsetzung der Friedensabkommen von 2009 zu zwingen.
       
       Kongos Regierung hatte in den vergangenen Wochen Tausende Truppen unweit
       der Distrikthauptstadt Rutshuru in der ostkongolesischen Provinz Nord-Kivu
       zusammengezogen, um eine Offensive gegen die an der ruandischen Grenze
       verschanzte M23 zu führen. Allerdings waren von diesen Truppen immer wieder
       erhebliche Teile zu den Rebellen übergelaufen. Eine diese Woche
       eingeleitete Armeeoffensive scheiterte.
       
       Die M23 behauptete, Kongo habe Einheiten der im Kongo kämpfenden
       ruandischen Hutu-Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas)
       angeworben, um die Armee bei ihren Angriffen zu unterstützen. Recherchen
       der taz und einer UN-Expertengruppe hatten zuvor ergeben, dass die M23
       selbst demobilisierte FDLR-Kämpfer in Ruanda anwirbt.
       
       ## Armee von Versorgungslinien abgeschnitten
       
       Die Kämpfe, die zur Einnahme Jombas und Bunaganas durch die M23 führten,
       war sehr heftig, berichten Augenzeugen. Die UN-Mission im Kongo (Monusco)
       bestätigte den Tod eines indischen UN-Blauhelmsoldaten. „Als Jomba und
       wichtigsten Dörfer drumherum fielen, darunter Tshengerero auf der Straße
       von Rutshuru nach Bunagana, waren die Regierungstruppen in Bunagana von
       ihren Versorgungslinien abgeschnitten“, schildert ein Bewohner der
       Provinzhauptstadt Goma mit Angehörigen im Kampfgebiet den Ablauf
       
       „Die Armeesoldaten in Tshengerero zogen sich zurück nach Rutshuru oder
       Karambi.“ Die in Bunagana mussten schließlich die Flucht nach Uganda
       ergreifen, zusammen mit zahlreichen Zivilisten. „Die meisten von der M23
       eroberten Dörfer sind komplett leer, weil die Kämpfe so heftig waren.“
       
       Ugandas Armee erklärte, 600 kongolesische Soldaten seien nach Uganda
       geflohen. Man habe sie entwaffnet und sei dabei, sie in der westugandischen
       Stadt Kisoro als Flüchtlinge aufzunehmen, hieß es. Das
       UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR sprach von 5.000 kongolesischen Flüchtlingen,
       die Uganda seit Donnerstag früh rreicht hätten.
       
       Kevin Nabutuwa Busima vom ugandischen Roten Kreuz sagte, mehrere tausend
       Zivilisten seien auf der Flucht. „Die Kämpfe fanden nur 40 Meter von der
       Grenze statt, also kamen die Leute herüber auf unsere Seite“, sagte er
       gegenüber Reuters. 1785 Menschen seien am Donnerstag eingetroffen, 500 am
       Freitag und „2200 sind am Grenzposten und warten ab, wie sich die Lage im
       Kongo entwickelt, bevor sie entscheiden, ob sie zurückgehen.“
       
       6 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dominic Johnson
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Kongo-Kriegsverbrecherprozess
       
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