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       # taz.de -- Rechstruck in einst linkem Magazin: Die Weltbühne wankt
       
       > Antisemitismus-Vorwürfe, Nähe zur Neuen Rechten: Die Neuauflage der
       > „Weltbühne“ sorgt für Kritik. Alte Weggefährt*innen ziehen die
       > Reißleine.
       
   IMG Bild: Carl von Ossietzky (Weltbühne-Herausgeber) verabschiedet sich am Gefängnis Berlin-Tegel 1932 von Schriftstellern und Journalisten
       
       Die Enttäuschung kann Holger Friedrich „gut verstehen“. Der Berliner
       Verleger hat [1][die Zeitschrift Die Weltbühne neu aufgelegt]. Die
       Neuerscheinung der früheren linksbürgerlichen „Wochenschrift für Politik,
       Kunst, Wirtschaft“ erfreut Nicholas Jacobsohn auch weniger.
       
       Der Enkel des jüdischen Gründers Siegfried Jacobsohn spricht von einer
       Enteignung. Die Nationalsozialisten verboten 1933 die Weltbühne.
       
       Im „[2][Ettersburger Gespräch]“ auf dem Weimarer Schloss nahe der
       Gedenkstätte Buchenwald führt Friedrich zum Enkel in den Vereinigten
       Staaten aus, dass er nachvollziehen könne, dass der „amerikanische
       Ostküstengeldadel“ nun erschrocken sei, von einem „Ossi“ so „an die Wand“
       gespielt worden zu sein.
       
       Die Rhetorik des gebürtigen Ostberliners könnte antisemitische
       Ressentiments andeuten. In der ersten Ausgabe der neuen Weltbühne im Mai
       hatte sich schon Deborah Feldman als Expertin für das „Jüdischsein“ in
       Szene gesetzt. Sie zweifelte fälschlicherweise [3][die jüdische Herkunft
       des Chefredakteurs der Jüdischen Allgemeinen, Philipp Peyman Engel,] an.
       
       ## Thomas Fasbender und die „Junge Freiheit“
       
       Das sind zwei Gründe, warum die Redaktion des antifaschistischen Magazins
       Der Rechte Rand weiter zu der Weltbühne recherchierte. Dass Herausgeber
       Behzad Karim Khani die Kritik an seinem Co-Herausgeber Thomas Fasbender
       wegen dessen Autorenschaft in der neurechten Wochenzeitung Junge Freiheit
       relativierte, war ein weiterer Grund.
       
       Im Freitag legte Khani zwar dar, dass das Publizieren in dem „Drecksblatt“
       nicht der „Höhepunkt einer seriösen Karriere“ sei; die Zahl der Texte sei
       jedoch „ziemlich überschaubar“. Für den Autor des 2022 gelobten Debütwerks
       „[4][Hund. Wolf. Schakal]“ sei die Kritik nur der Vorwurf einer
       „Kontaktschuld“.
       
       Schuld wegen Kontakt? Diese Argumentation löst die Veröffentlichung nicht
       bloß von ihrem Inhalt, sie blendet auch aus, dass Fasbender nach Recherchen
       von Der Rechte Rand alleine von 2014 bis 2023 an die 60 Artikel in der
       Jungen Freiheit veröffentlichte. Als „Russlandexperte“, wo er ein
       „Vierteljahrhundert“ nach Angaben der Wochenzeitung lebte, beklagter er
       2023, dass die Nato die „größte Bedeutung“ beim „Eskalationspotential“
       habe.
       
       Im selben Jahr beschrieb er in einem Nachruf den in rechtsradikalen Kreisen
       beliebten Autor Alexander Axt wohlwollend als „Projektionsfläche
       postdemokratischer Sehnsüchte“, nicht ohne weiter auszuführen, dass hier
       „ein Tatmensch, kein androgynes Hänschen im Konfirmandenanzug, ein He-Man,
       keine urbane Heulsuse“ präsent war.
       
       ## Eigene Verwicklung
       
       Ein antiwestlicher Sound klingt an – gegen Diversität und Liberalität. Dem
       Rechten Rand fielen ebenso Beiträge von Fasbender in der [5][Cato] auf,
       einem Zeitungsprojekt aus dem neurechten Milieu sowie Auftritte bei der AfD
       und der Jungen Freiheit. In der extrem rechten Bibliothek des
       Konservatismus soll er mehrfach referiert haben. Einzelne Bücher von
       Fasbender erscheinen in einschlägigen Verlagen.
       
       „Kontaktschuld?“, fragt Nina Rink von Der Rechte Rand. Und sie fragt
       gegenüber der taz auch, warum ein Hinweis von Khani auf seine iranische
       Herkunft die Kritik an der Rechtslastigkeit Fasbenders relativieren könne.
       Identität soll wohl „ganz natürlich gegen rechts immunisieren“, sagt die
       Redakteurin.
       
       In der Recherche fiel dem Rechten Rand auch eine eigene Verwicklung auf.
       Die Wortmarke Weltbühne will Friedrich von dem Verein Weltbühne e. V.
       erworben haben. Der Verein aus Dähre in Sachsen-Anhalt gibt die
       [6][Ossietzky] heraus.
       
       Im Vorstand des 2024 gegründeten Vereins sitzen Matthias Berger und Katrin
       Herrmann. Im Editorial der Ausgabe 10/2025 begrüßte die Ossietzky die neue
       Weltbühne. Die „Neugründung“ sei ein Herzensprojekt von Friedrich, der sie
       „frühzeitig“ informiert und um ihre Kooperation gebeten habe. „Die sichern
       wir gerne zu“, heißt es im Editorial.
       
       ## Zusammenarbeit aufgekündigt
       
       Berger und Hermann betreiben auch die wortwerkstatt, die Druck und Satz
       anbietet für linke Publikationen. Der rechte Rand wird seit Jahrzehnten
       hier gedruckt.
       
       Die ehrenamtliche Redaktion von [7][Der Rechte Rand] hat nun die
       Zusammenarbeit mit der Druckerei wortwerkstatt wegen des prorussischen
       Kurses und der Kontakte in rechtsradikale Kreise aufgekündigt. Das möchte
       Berger nicht direkt kommentieren. Der Verein habe bloß die Wortmarke
       verkauft, sagte er der taz.
       
       Sie hätten anfänglich Bedenken gehabt, ob das neue Magazin nicht Konkurrenz
       sein könne. In Gesprächen – auch mit Friedrich – wären diese Sorgen
       ausgeräumt worden. „Wir sind Antifaschisten“, versichert Berger, zu
       Russland hätten sie aber eine andere Meinung als Der Rechte Rand.
       
       Seit rund 35 Jahren erscheint Der rechte Rand alle zwei Monate. „Wir haben
       uns immer für eine klare Grenzziehung zum Autoritären starkgemacht“, sagt
       Nina Rink. Zu ihrem Bedauern wurde eine Grenze überschritten. Die neue
       Weltbühne sei weit entfernt von den Positionen eines Carl von Ossietzky und
       Kurt Tucholsky, die die legendäre Zeitschrift prägten.
       
       Wegen der Aufkündigung der Zusammenarbeit mit der Druckerei wird die
       kommende Ausgabe von Der Rechte Rand nun später erscheinen. „Unsere
       Abonnent*innen dürften die Entscheidung mittragen. Wir sind Teil der
       Brandmauer“, betont Rink.
       
       Transparenzhinweis: Der Autor schreibt auch für den Rechten Rand
       
       27 Jun 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Die-Weltbuehne-wird-neu-verlegt/!6087025
   DIR [2] https://www.youtube.com/watch?v=v_XIufOjzqU
   DIR [3] /Chef-der-Juedischen-Allgemeinen/!6089553
   DIR [4] /Neukoelln-Roman-im-Gorki-Theater/!5988794
   DIR [5] /Neurechtes-Magazin-Cato/!5729896
   DIR [6] https://www.ossietzky.net/
   DIR [7] https://www.der-rechte-rand.de
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Speit
       
       ## TAGS
       
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