# taz.de -- Recht auf Abtreibung in Frankreich: Kein magisches Land
> Es ist ein historischer Sieg: In Frankreich wurde das Recht auf
> Abtreibung in der Verfassung verankert. Eine Einigung in einem
> gespaltenen Land.
IMG Bild: Paris, 4. März: Pro-Choice-Befürworterinnen feiern die Verfassungsänderung
Hunderte Aktivist:innen haben sich am Montagabend vor dem Eiffelturm
versammelt, um eine historische Abstimmung zu feiern: Mit überwältigender
Mehrheit hat das französische Parlament [1][das Recht auf Abtreibung in der
Verfassung aufgenommen] – als erstes Land der Welt.
Besonders überraschend kommt die Entscheidung nicht. Bereits im Januar hat
die Nationalversammlung für den Gesetzentwurf gestimmt. Und auch in der
französischen Gesellschaft sind knapp 81 Prozent der Menschen dafür.
Ein Kampf war es trotzdem: Das sogenannte „Loi Veil“, das Abtreibungen
erlaubt, wurde 1975 unter heftigen Widerstand verabschiedet. Knapp 50 Jahre
später gibt es noch immer Vorbehalte aus dem rechten Lager. Dazu kommt eine
tief gespaltene Gesellschaft, die das Vertrauen in die Regierung verloren
hat. Die monatelangen Debatten über die Rentenreform oder das
Migrationsgesetz haben dazu ihren Beitrag geleistet.
Man konnte das Aufatmen der Aktivist:innen nahezu hören, als der Senat
grünes Licht gab. Und [2][auch Präsident Emmanuel Macron freut sich], mal
wieder einen „Erfolg“ verkünden zu können, mit dem [3][er international
punkten kann]. Auf der Plattform X schreibt er von „französischem Stolz“
und einer „universellen Botschaft“ – obwohl die Maßnahme nicht mal Teil
seines Wahlprogramms war.
## Stutzig macht die Einigkeit
Ein wenig stutzig macht es, dass keine politische Partei diese Entscheidung
so richtig in Frage stellt, selbst der Senat, der schon immer konservativ
war, hat mehrheitlich dafür gestimmt. Die Grüne Senatorin Mélanie Vogel
formuliert es so: „Frankreich ist kein magisches Land, das immun gegen
Rückschläge ist. Wir haben das Glück, in Gesellschaft und Parlament eine
Mehrheit zu haben, die die Abtreibung als ein Grundrecht ansieht.“
Über die Formulierung des Gesetzes lässt sich zwar streiten – statt von
tatsächlichem „Recht“ ist die Rede von einer „garantierten Freiheit, einen
freiwilligen Schwangerschaftsabbruch in Anspruch zu nehmen“. Dennoch geht
Frankreich mit gutem Beispiel voran, indem es nicht erst darauf wartet, bis
das Recht bedroht ist, um es zu schützen.
5 Mar 2024
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## AUTOREN
DIR Elisa Kautzky
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