# taz.de -- Rechte kriegen Zugangsrechte: NPD darf Flüchtlinge besuchen
> Verfassungsgericht Mecklenburg-Vorpommerns kippt Besuchsverbot in
> Aufnahmelager. Auch für NPD-Abgeordnete gälten alle parlamentarischen
> Rechte.
IMG Bild: Das Kind wartet in Nostorf-Horst auf Essen und wer kommt? Die NPD!
HAMBURG taz | NPD-Abgeordnete dürfen eine Flüchtlingsunterkunft besuchen –
allerdings nur unter Auflagen. Das Landesverfassungsgericht von
Mecklenburg-Vorpommern hat ein generelles Besuchsverbot des
Innenministeriums aufgehoben.
Mit dem Verbot, sagte der Sprecher des Gerichts, Sven Nickels, habe
Minister Lorenz Caffier (CDU) das Selbstinformations- und Kontrollrecht der
Landtagsabgeordneten verletzt. Der NPD-Fraktionsvorsitzende Udo Pastörs
zeigte sich erfreut: „Der Beschluss des Landesverfassungsgerichts ist eine
herbe Schlappe für den Innenminister“, sagte er.
In der Sommerpause hatte die NPD-Landtagsfraktion angekündigt, am 6.
September das Erstaufnahmelager für Flüchtlinge in Nostorf-Horst besuchen
zu wollen. In der ehemaligen Kaserne sind 650 Menschen untergebracht.
Caffier nannte das Ansinnen „scheinheilig“ und verbot den Besuch.
## „Nicht zu ertragen“
Daraufhin wandte sich die NPD an das Landesverfassungsgericht in
Greifswald: Die Landtagsabgeordneten hätten „das Recht, das Treiben der
Regierung zu kontrollieren“, argumentierte die NPD – und bekam Recht.
Mitarbeitern der NPD-Fraktion wurde kein Zugangsrecht eingeräumt.
Mit deutlichen Worten und persönlichem Tonfall hatte Caffier das Verbot
ausgesprochen: Es sei für ihn „nicht zu ertragen, dass zu ertragen, dass
die Leute, die tagtäglich gegen Asylbewerber hetzten und auf deren Rücken
Politik machten, die Landesaufnahmeeinrichtung besuchen wollten“.
Der Besuch würde das friedliche Zusammenleben der Flüchtling
beeinträchtigen, hatte das Innenministerium zudem argumentiert. Die
Situation in der ausgelasteten Unterkunft sei ohnehin angespannt. Die
Abgeordneten hätten selbstverständlich einen Informationsanspruch, aber
dieser sei „nicht schrankenlos“, erklärte das Innenministerium.
## Grundsatz der Gleichbehandlung
In der Entscheidung widersprach das Landesverfassungsgericht der Sichtweise
des Innenministeriums. Auch für NPD-Abgeordnete würden alle
parlamentarischen Rechte gelten. Unter bestimmten Aspekten könne zwar das
Informationsrecht eingeschränkt werden, aber der Grundsatz der
Gleichbehandlung dürfte nicht verletzt werden.
„In der Sache steht den Abgeordneten im Grundsatz ein
verfassungsunmittelbares (Selbst-)Informationsgewinnungsrecht zu, das auch
nachgeordnete Einrichtungen des Landes und den Zugang zu diesen
einschließt“, heißt es in der Entscheidung vom 27. August. Gründe für eine
Einschränkung des Informationsrechts seien im vorliegenden Einzelfall vom
Innenminister nicht geltend gemacht worden.
Der Innenminister muss nun innerhalb einer Frist erneut über das
Besuchsbegehren entscheiden. Dabei könne er, so das Gericht, durchaus
Einzelheiten für den Besuch festlegen wie etwa das Datum, die Dauer, den
Ablauf, die Untersagung von Filmaufnahmen und räumliche Beschränkungen. Das
Gericht betonte auch, dass die NPD-Abgeordneten nicht verlangen könnten,
die Aufnahmeeinrichtung bis zu einem bestimmten Datum zu besuchen. Diesem
Rechtsbegehren folgte das Gericht nicht.
Durch diese Einschränkungen fühlt sich Caffier „bestärkt“, weil das Gericht
auch den Besuch der kompletten Fraktion ablehnte. Der Rechtsanwalt der NPD,
Peter Richter, hat den Innenminister bereits aufgefordert, zeitnah einen
Termin vorzuschlagen.
2 Sep 2015
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DIR Andreas Speit
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