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       # taz.de -- Referendum in Kirgistan: Mit aller Macht
       
       > Der kirgisische Staatschef Sadyr Japarow ist Anti-Korruptionskämpfer und
       > Nationalist. Mit der Verfassungsänderung hebelt er die Gewaltenteilung
       > aus.
       
   IMG Bild: Will mit aller Macht an die Macht: Sadyr Japarow gibt seine Stimme ab
       
       Das Motto lautet: Ein Mann will nach oben und das mit aller Macht. Diesem
       Ziel ist der kirgisische Staatschef Sadyr Japarow [1][ist der kirgisische
       Staatschef Sadyr Japarow] am Sonntag noch einen Schritt näher gekommen.
       Zwar blieb die Wahlbeteiligung mit knapp 36 Prozent eher überschaubar.
       Dennoch hat eine Mehrheit der Kirgis*innen mit ihrem Ja zu
       weitreichenden Verfassungsänderungen Japarow den gewünschten
       Freifahrtschein ausgestellt.
       
       Der Präsident kann künftig bei Besetzungen und Abberufungen von wichtigen
       Posten in der Regierung und der Justiz ein gewichtiges Wörtchen mitreden.
       Demgegenüber ist das verkleinerte Parlament auf die Rolle eines Statisten
       reduziert. Checks und Balances waren gestern.
       
       Auch die Zivilgesellschaft sieht dunklen Zeiten entgegen. Schwammige
       Formulierungen, wie der „Schutz moralischer Werte“ sind das ideale
       Einfallstor, um so grundlegende Rechte wie die Meinungs- und
       Versammlungsfreiheit auszuhebeln.
       
       Und so dürfte das demokratische Experiment, das das [2][zentralasiatische
       Land einst zu einem kleinen „Leuchtturm“ inmitten seiner autokratisch
       regierten Nachbarn gemacht hatte], wohl vorerst beendet sein.
       
       ## Der „Allmächtige“ muss liefern
       
       Japarow wird seine neuen Möglichkeiten nutzen – soviel steht fest. Dass der
       selbsternannte Anti-Korruptionskämpfer mit nationalistischen Anwandlungen
       es mit demokratischen Werten jedoch nicht so genau nimmt, zeigte auch die
       jüngste Volksabstimmung.
       
       Eine breite öffentliche Debatte im Vorfeld fand nicht statt. Auch am Tag
       der Abstimmung protokollierten unabhängige Beobachter*innen wieder
       zahlreiche Verstöße gegen geltende Gesetze. Die Ironie der Geschichte dabei
       ist, dass es die Proteste gegen die gefälschte Parlamentswahl vom
       vergangenen Oktober waren, die Japarows politische Blitzkarriere erst
       möglich machten.
       
       Jetzt muss der „Allmächtige“ liefern, was wahrlich kein Selbstgänger ist.
       Viele Menschen in Kirgistan haben mit wachsenden Existenznöten zu kämpfen.
       Diese wiegen umso schwerer, als Zahlungen von Verwandten, die im Ausland
       arbeiten, jetzt wegen der Corona-Pandemie ausbleiben. Doch die Geduld der
       Kirgis*innen ist endlich, wie die Geschichte zeigt. Bereits drei ihrer
       Präsidenten haben sie vom Hof gejagt. Warum nicht auch ein viertes Mal?
       
       12 Apr 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Praesidentenwahl-in-Kirgistan/!5742856
   DIR [2] https://de.wikipedia.org/wiki/Kirgisen
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Barbara Oertel
       
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