URI: 
       # taz.de -- Regierungsbildung in Spanien: Nochmal vier Jahre Sánchez
       
       > Die Regierung ist gebildet: In Spanien gibt es vier weitere Jahre
       > Linkskoalition. Möglich machen das auch die Stimmen der Katalanen.
       
   IMG Bild: Der neue alte spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez (m.) am Donnerstag in Madrid
       
       Madrid taz | Spanien hat für vier weitere Jahre eine Linkskoalition an der
       Regierung. [1][Pedro Sánchez], der bereits seit fünf Jahren Spanien
       regiert, wurde am Donnerstag nach einer zweitägigen Parlamentsdebatte im
       ersten Wahlgang erneut gewählt.
       
       Der alte und neue Ministerpräsident, dessen sozialistische PSOE mit 121
       Sitzen bei den Wahlen im vergangenen Juli nur zweitstärkste Kraft wurde,
       erhielt die Stimmen von 179 der 350 Abgeordenten und damit das Vertrauen
       der Mehrheit der Volksvertreter, etwas, woran Wahlsieger Alberto Nuñez
       Feijóo mit seiner Partido Popular (PP) Ende September scheiterte. Er
       paktierte mit der rechtsextremen VOX. Bis auf zwei kleinere rechte Parteien
       wollte sich diesem Pakt niemand anschließen. Es war die Chance für Sánchez
       und er nutzte sie.
       
       „Die PP öffnete der extremen Rechten die Türen zu fünf Regionalregierungen
       und 135 Gemeindeverwaltungen. Sie gab ihnen die Macht, das Leben von mehr
       als 12 Millionen Spaniern zu beeinflussen“, so Sánchez. „Wir müssen uns
       entscheiden, ob wir die Würde der Arbeit, die Stärkung der Frau, die
       Achtung der sexuellen Vielfalt, die Integration der Migranten weiter
       vorantreiben wollen“, oder ob man die Propheten des Hasses unterstütze.
       
       Sánchez versprach, weiterhin soziale Rechte auszubauen, wie er dies unter
       anderem mit der Anhebung des Mindestlohnes und der Renten sowie einem
       Gesetz zur sexuellen Freiheit und mit mehr Rechten für Transgender getan
       hat. Außerdem soll der Wandel weg von fossilen Brennstoffen beschleunigt
       werden.
       
       ## Große Forderungen seitens Basken und Katalanen
       
       Neben den Abgeordenten der Koalitionspartner, der PSOE und der
       linksalternativen Sumar folgten Sánchez die Vertreter der Regionalparteien
       der Kanaren, aus Galicien, dem Baskenland und Katalonien. Dies ist das
       Ergebnis [2][langwieriger Verhandlungen, bei denen die PSOE zahlreiche
       Zugeständnisse machte]. Die Kanaren und Galicien erhalten mehr
       Investitionen, das Baskenland endlich Kompetenzen, die seit 1979 im
       Autonomiestatut stehen, aber nie transferiert wurden.
       
       Die Katalanen bekommen einen Schuldenerlass, ein neues Steuersystem und
       eine Amnestie für diejenigen, die wegen der Abhaltung einer Bürgerbefragung
       2014 und eines Referendums zur Unabhängigkeit 2017 gerichtlich verfolgt
       werden, darunter den im Brüssler Exil lebenden ehemaligen katalanischen
       Präsidenten Carles Puigdemont, dessen Partei Junts per Cat ebenfalls für
       Sánchez stimmte.
       
       „Es handelt sich um eine Maßnahme, die von einem wichtigen Teil der
       katalanischen Gesellschaft gefordert (…), aber möglicherweise von vielen
       Bürgern nicht geteilt wird“, so Sánchez. Noch im Wahlkampf verneinte er
       selbst vehement einen Straferlass. Doch ohne katalanische
       Unabhängigkeitspolitiker hat Sánchez keine Parlamentsmehrheit. „Es ist aus
       Gründen des Allgemeininteresses notwendig, aus der Not eine Tugend zu
       machen“, versuchte Sánchez die Debatte um die Amnestie zu beenden.
       
       ## VOX-Chef beschimpft Sánchez als „Diktator“
       
       [3][PP und VOX] machten klar, dass der Straferlass das Hauptthema ihrer
       Oppositionsarbeit sein wird. Für Feijóo ist die Regierung „aus einem Betrug
       geboren“. „Über das, was heute dem Parlament vorgelegt wird, wurde bei den
       Wahlen nicht abgestimmt. (…) Es ist ein Akt der politischen Korruption.
       Entscheidungen gegen das Allgemeininteresse im Austausch für persönliche
       Vorteile zu treffen, hat keinen anderen Namen“, wetterte Feijóo und
       forderte Neuwahlen.
       
       VOX-Chef Santiago Abascal beschimpfte Sánchez am Mittwoch gar als Diktator
       und verglich ihn mit Hitler und Nero. Ohne auf die Gegenrede von Sánchez zu
       warten, verließ er mit den Seinen den Plenarsaal und schloss sich den
       Protesten vor dem Parlament und später dann der Demonstration vor der
       PSOE-Zentrale an, die seit knapp zwei Wochen jeden Abend stattfindet. Es
       kam erneut zu gewalttätigen Ausschreitungen und 15 Verhaftungen.
       
       16 Nov 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Regierungsbildung-in-Spanien/!5972199
   DIR [2] /Amnestiegesetz-in-Spanien/!5969589
   DIR [3] /Fluechtlinge-in-Spanien/!5969986
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Reiner Wandler
       
       ## TAGS
       
   DIR VOX 
   DIR Spanien
   DIR Pedro Sánchez
   DIR PSOE
   DIR PP
   DIR Baskenland
   DIR Spanien
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Spanien
   DIR Pedro Sánchez
   DIR Schwerpunkt Nahost-Konflikt
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Regionalwahlen im Baskenland: Erfolg für die Linksnationalisten
       
       Das baskische Linksbündnis zieht mit der konservativen PNV gleich. Dem
       Bündnis gehören auch Leute aus dem früheren ETA-Umfeld an.
       
   DIR Spaniens Amnestiegesetz: Erste Hürde im Parlament genommen
       
       Das Unterhaus nimmt das Amnestiegesetz zum Unabhängigkeitsreferendum in
       Katalonien gegen die Stimmen der Rechten zur Beratung an.
       
   DIR Umweltaktivist über Hitze in Spanien: „Spanien wird weniger beliebt sein“
       
       Hitze mache Ferien im Sommer an vielen Tagen unmöglich, sagt Javier Andaluz
       von Ecologistas en Acción. Die Bevölkerung werde sich im Land verlagern.
       
   DIR Amnestiegesetz in Spanien: Pragmatismus gewinnt
       
       Spaniens Ministerpräsident will Befürwortern der Unabhängigkeit
       Straffreiheit gewähren, um eine Mehrheit zu bilden. Eine Chance für
       Spanien.
       
   DIR Demonstrationen in Spanien: Aufstand von rechts
       
       Am Sonntag haben 450.000 Menschen gegen das Amnestiegesetz protestiert. Sie
       werfen Ministerpräsident Sánchez vor, „Spanien zu zerstören“.
       
   DIR Hamas-Angriff auf Israel: Europas Linke streiten über Nahost
       
       Es gibt nicht die eine linke Perspektive auf den Nahost-Konflikt. Was es
       aber immer gibt, ist Streit.