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       # taz.de -- Regisseurin über das Buch ihres Vaters: „Verstörend und peinlich“
       
       > Die Schauspielerin und Regisseurin Susanne Reifenrath spürt auf der Bühne
       > ihrem Vater nach. Der war ein hoch produktiver Autor – und sexsüchtig.
       
   IMG Bild: Auf den Spuren des sexsüchtigen Vaters: Das Pressefoto zum Stück „Der manipulierte Sex“
       
       taz: Susanne Reifenrath, ein Stück über den eigenen Vater, genauer: über
       eines seiner Bücher – wie kam es zu diesem persönlichen Projekt? 
       
       Susanne Reifenrath: Seit 2017 wollte ich einen Theaterabend über das Buch
       meines Vaters machen, „Der manipulierte Sex“, das ich damals gelesen habe.
       Mein Vater war sexsüchtig. Mann und Werk konnte ich nur zusammen denken.
       
       Ihr Vater, Joachim Wolfgang Reifenrath, war Publizist, lange Mitarbeiter
       von Reader’s Digest, Chefreporter des Kölner Stadt-Anzeigers, freier Autor
       beim WDR-Hörfunk. Schon früh veröffentlichte er aber auch Gedichte,
       Erzählungen und mehrere Bücher. 
       
       Er hat sich immer als Schriftsteller gesehen. Eigentlich hat er fortwährend
       geschrieben. Deshalb habe ich für mein Stück zunächst drei Monate lang
       unglaublich viel Material gesichtet, in Archiven, aber auch in seinem
       Nachlass, darunter befinden sich tausende Seiten unabgeschlossener
       Manuskripte.
       
       Haben Sie finden können, was Sie suchten? 
       
       Das aufgeladene Fluidum bei uns in der Familie hat mich geprägt. Der
       schreibende Vater – das Schreiben zieht sich durch sein ganzes Leben –, wie
       auch seine Sexsucht. Wir waren sechs Kinder zu Hause, meine fünf Brüder und
       ich, als jüngste der Geschwister. Aus erster Ehe hatte er bereits sechs
       Kinder. Er war Vater von mindestens 14 Kindern – und hochgradig
       promiskuitiv.
       
       Väter prägen, beeinflussen ihre Töchter. Sie sind eine Blaupause für das
       Verhältnis zu Männern. Wie sehen Sie das? 
       
       Da ist die große Potenz des Vaters! Sein wildes Leben hat auch meine
       Geschlechteridentität und meine Kunst enorm geprägt. Wir schauen oft sehr
       stark auf die Mutter, ich aber wollte auf den Vater schauen. Seine
       Geschichte ist eben auch meine Geschichte! Ich mache mich mit diesem Stück,
       mit der Aufführung verletzlich.
       
       Der Schriftsteller [1][Michel Houellebecq] rechnet in „Elementarteilchen“
       mit seiner promiskuitiven Mutter ab. Trifft das auch Ihre Empfindungen? 
       
       Im Gegenteil. Ich bin überhaupt nicht wütend auf meinen Vater! Ich habe ja
       sehr viel von ihm bekommen. Er hat mich eben auch stark gemacht.
       
       Wie sehen Sie das Buch Ihres Vaters, „Der manipulierte Sex“? 
       
       Es ist ein missglücktes Buch. Doch spiegelt es die sexuellen Erfahrungen
       meines Vaters, ob es nun um Prostituierte, um exzessive Promiskuität oder
       überhaupt um den Blick auf Frauen geht. Das Bild, das er von seiner Zeit
       und indirekt von sich selbst zeichnet, ist höchst verstörend und peinlich.
       
       Was erwartet das Publikum? 
       
       Wie die sechs Kapitel in „Der manipulierte Sex“ hat auch mein Stück sechs
       „Abteilungen“. Zu sehen sind unterschiedliche Artefakte, darunter
       Super-8-Filme, auch Pornografisches. Diese Annäherung an meinen Vater ist
       kaleidoskopisch, fragmentarisch. Es wird auf jeden Fall ein expliziter
       Abend.
       
       5 Jan 2022
       
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