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       # taz.de -- Rennen ums Rote Rathaus eröffnet: Brückenbauerin oder Kapitänin
       
       > Die Spitzenkandidatinnen stehen fest. Die Wahl zwischen Bettina Jarasch
       > (Grüne) und Franziska Giffey (SPD) ist auch eine Frage des Führungsstils.
       
   IMG Bild: Wird ein Langlauf: Bettina Jarasch kriegt Turnschuhe auf der Landesdelegiertenkonferenz geschenkt
       
       Wer regiert Berlin? Knapp zweieinhalb Millionen Menschen können im nächsten
       September darüber entscheiden, am selben Tag, an dem auch Bundestagswahl
       ist. Aus den lange bloß mutmaßlichen oder designierten Kandidaten sind
       inzwischen echte geworden – die Grünen wählten dabei vergangenen Samstag
       Bettina Jarasch zur Spitzenkandidatin.
       
       Ihre Bewerbungsrede auf dem ersten rein digitalen Parteitag des
       Grünen-Landesverbands wirft aber nicht nur die Frage auf, wer regiert,
       sondern auch, welcher Regierungsstil sich durchsetzen wird. Denn Jaraschs
       Angebot unterscheidet sich klar von dem der Frau, die mutmaßlich ihre
       größte Konkurrenz im Rennen um den Topjob im Roten Rathaus ist: Franziska
       Giffey, bei der SPD knapp zwei Wochen zuvor zur Spitzenkandidatin gewählt.
       
       Die Frage ist, ob die besagten zweieinhalb Millionen eine Frau an der
       Spitze wollen, die wie Jarasch nicht sagt: Ich hab’s raus, folgt mir!
       Sondern stattdessen ankündigt, Bündnisse zu schließen, Brücken zu bauen und
       Mehrheiten zu finden. Eine Frau, die, auf fehlende Verwaltungserfahrung
       angesprochen, im taz-Interview sagte, es sei „alte Denke“ und ein
       überholtes Politikverständnis, dass sich Können, Macht und Einfluss immer
       nur von Ämtern ableite.
       
       Oder will die Wählerschaft mehrheitlich eine, die sich merklich an einem
       Satz des verstorbenen früheren FDP-Chefs Guido Westerwelle orientiert: „Auf
       jedem Schiff, das dampft und segelt, gibt’s einen, der die Sache regelt –
       und das bin ich.“
       
       ## Das Ganze ist ein Experiment
       
       Wenn Jarasch von Bündnissen und Mehrheiten spricht, so sind das keine
       parlamentarischen, sondern solche mit gesellschaftlichen Interessengruppen,
       die nicht unbedingt grün sind, mit denen sie aber Schnittmengen sieht:
       Schnitzelliebhaber, die gegen Massentierhaltung sind; Autofahrer, die eine
       Verkehrswende unterstützen; private Vermieter, die nicht den letzten Cent
       rauszupressen versuchen.
       
       Das Ganze ist ein Experiment. Wird sich die Wählerschaft für ein großes
       Partizipationsprogramm begeistern, mit Teilhabe und Experten, die eine
       verwaltungsunerfahrene Regierungschefin beraten, deren Zeiten als
       erfolgreiche Landesvorsitzende heute vier Jahre zurückliegen? Oder werden
       sie dem folgen, was für Jarasch „alte Denke“ ist? Nämlich darauf zu setzen,
       dass eine durchsetzungsstarke Ex-Bezirksbürgermeisterin und
       Bundesministerin mit ihrem Stil als „Macherin“ auch auf Landesebene Erfolg
       hat.
       
       „Man muss Führung auch zulassen“, hat auf dem SPD-Parteitag Giffeys
       Vizechef Andreas Geisel von seinen Genossen verlangt, als dort einige
       Giffey gleich schon wieder Knüppel zwischen die Beine warfen. Die Frage ist
       bloß, welche Führung und wie viel.Brückenbauerin oder Kapitänin – die
       Entscheidung fällt am 26. September.
       
       19 Dec 2020
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Alberti
       
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