URI: 
       # taz.de -- Repressionen in Belarus: Haftstrafe für Oppositionellen
       
       > 2021 hatte Belarus einen Flieger mit dem Journalisten Protassewitsch zur
       > Landung gezwungen. Nun wurde er zu acht Jahren Haft verurteilt.
       
   IMG Bild: Der Angeklagte Roman Protassewitsch am 3. Mai vor Gericht in Minsk
       
       Acht Jahre Strafkolonie: So lautet das Urteil des Minsker Regionalgerichts
       gegen den 27-jährigen Roman Protassewitsch, Ex-Chefredakteur des
       oppositionellen Telegram-Kanals Nexta, an diesem Mittwoch. Mithilfe bei der
       Koordinierung der Massenproteste gegen die umstrittene Wiederwahl des
       belarussischen Staatschefs Alexander Lukaschenko im Sommer 2020 lautet der
       Vorwurf. Die monatelangen friedlichen Proteste gegen die gefälschten Wahlen
       in Belarus waren brutal niedergeschlagen worden.
       
       In einer besonders spektakulären Aktion hatten die belarussischen
       Machthaber am 23. Mai 2021 eine Ryanair-Maschine auf dem Flug von Athen ins
       litauische Vilnius mit Hilfe eines Kampfjets in Minsk zur Landung
       gezwungen. An Bord waren [1][Roman Protassewitsch und seine russische
       Freundin Sofia Sapega, die gleich nach der Landung festgenommen wurden].
       
       Zwei weitere Nexta-Mitarbeiter, [2][Chefredakteur Stepan Putilo und sein
       Kollege Jan Rudik], wurden in Abwesenheit zu 20 bzw. 19 Jahren Haft
       verurteilt. Sofia Sapega sitzt bereits seit Mai 2022 eine sechsjährige
       Haftstrafe ab.
       
       „Ich will alles Mögliche tun, um den Schaden wiedergutzumachen, der durch
       mein Handeln entstanden ist“, sagte Protassewitsch vor Gericht. „Ich bin
       froh, dass ich die Kraft gefunden habe, mir meine Taten selber
       einzugestehen, im Gegensatz zu denen, die sich im Ausland verstecken. Ich
       erkenne jetzt, falsche Prioritäten gesetzt zu haben“, sagte er.
       
       Nach Angaben der staatlichen belarussischen Agentur BelTA wurden Putilo,
       Rudnik und Protassewitsch mehr als 1.500 Straftaten vorgeworfen, unter
       anderem hätten sie Material „mit zerstörerischen Zielen“ veröffentlicht und
       „protestierende Bürger zu Terrorakten“ aufgerufen. Die Verurteilten müssen
       nun „im Interesse des Staates“ umgerechnet rund 11 Millionen Euro als
       Entschädigung für „Sachbeschädigung“ zahlen.
       
       Der Generalstaatsanwalt sah auch Verbindungen zu bereits verurteilten
       oppositionellen Politikern und stellte fest, Protassewitsch, Putilo und
       Rudik seien „an der Entwicklung eines Plans zur Übertragung der Staatsmacht
       an Swetlana Tichanowskaja beteiligt.“ [3][Die oppositionelle
       Präsidentschaftskandidatin Tichanowskaja] lebt seit August 2020 im
       litauischen Exil.
       
       [4][Das Oppositionsmedium Nexta ] spielte bei den Demos gegen Lukaschenko
       im Sommer 2020 wegen des Vorwurfs der Wahlfälschung eine entscheidende
       Rolle bei der Mobilisierung der Proteste. Der Oberste Gerichtshof von
       Belarus stufte Nexta als „terroristische Organisation“ ein. Der
       Nexta-Slogan lautet: „The largest Eastern European media. To let the world
       know.“
       
       3 May 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Repressionen-in-Belarus/!5776114
   DIR [2] /Festgenommener-Blogger-in-Belarus/!5774183
   DIR [3] /Belarussische-Oppositionelle/!5920531
   DIR [4] /Proteste-in-Belarus/!5702884
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gaby Coldewey
       
       ## TAGS
       
   DIR Belarus
   DIR Alexander Lukaschenko
   DIR Telegram
   DIR Schwerpunkt Krisenherd Belarus
   DIR Minsk
   DIR Pressefreiheit in Europa
   DIR Opposition
   DIR Journalist
   DIR Kolumne Stadtgespräch
   DIR Belarus
   DIR Belarus
   DIR Belarus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Gerüchte über Lukaschenkos Gesundheit: Die wandelnde Mumie
       
       Der belarussische Präsident war tagelang verschwunden. Jetzt ist er zurück,
       allerdings sichtlich angeschlagen. Die Zukunft des Landes ist unsicher.
       
   DIR Belarussisches Oppositionsmedium Nexta: Im Schwarm gegen Diktatoren
       
       Gefüttert von zahlreichen Einsendungen hat sich Nexta zu einer der
       wichtigsten Newsplattformen Osteuropas entwickelt. Ein Redaktionsbesuch im
       Warschauer Exil
       
   DIR Entführter Oppositioneller in Belarus: „Ein Mann mit Eiern aus Stahl“
       
       Der inhaftierte Blogger Roman Protassewitsch legt in einem Interview ein
       Geständnis ab und lobt Belarus' Machthaber. Alles deutet auf Folter hin.
       
   DIR Nach der Entführung Protassewitschs: Mit dem Herzen in der Heimat
       
       Unsere Autorin floh vor dem Regime Lukaschenkos. Über Belarus schreibt sie
       weiter, obwohl es kaum mehr auszuhalten ist.