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       # taz.de -- Rockergangs lösen sich auf: Hells Angels werfen hin
       
       > Offenbar aus Angst vor einer Beschlagnahmung des Vereinsvermögens
       > beschließen Rockergangs in Walsrode, Celle, Hildesheim und Pattensen bei
       > Hannover ihre Selbstauflösung. Doch an der Macht der Höllenengel ändert
       > dies wenig bis nichts.
       
   IMG Bild: Bei ihrer Razzia gegen das Charter Göttingen der Hells Angels fielen der Polizei neben Motorrädern und Waffen auch Kutten der Rocker in die Hände.
       
       HANNOVER taz | Die Hells Angels sind in Niedersachsen zumindest offiziell
       auf dem Rückzug. Die Rocker haben ihre „North Region“, „South Heath“
       „Badland“ und „North Gate“ genannten Regionalgliederungen in Walsrode,
       Celle, Pattensen bei Hannover und Hildesheim aufgelöst – offenbar aus Angst
       vor einem Verbot durch Landesinnenminister Boris Pistorius (SPD). „Diese
       vier Charter der Hells Angels existieren nicht mehr“, bestätigte der
       Sprecher des Landeskriminalamts (LKA), Frank Federau, der taz.
       
       Die niedersächsische Polizei erhöht seit zwei Jahren den Druck auf die
       Rockergang, die von den Ermittlern immer wieder mit dem Rotlichtmilieu,
       Raub, Erpressung und Körperverletzungen bis hin zu Tötungsdelikten in
       Verbindung gebracht wird. Das Charter Göttingen der Hells Angels war Ende
       Oktober wegen eines gescheiterten Erpressungsversuchs verboten worden: Die
       Höllenengel sollen versucht haben, einem 60-Jährigen 100.000 Euro
       abzunehmen.
       
       Bei einem spektakulären Einsatz, an dem rund 330 Polizisten teilnahmen,
       wurden 16 verdächtige Objekte durchsucht. In der Zentrale der Rocker im 700
       Einwohner zählenden Ort Güntersen wurde das Vereinsvermögen beschlagnahmt,
       darunter Computer, USB-Sticks – aber auch Waffen. Ob diese nur zur
       Dekoration dienten oder scharf gemacht waren, wird noch untersucht. „Die
       Ermittlungen dauern an“, ist aus dem Innenministerium in Hannover zu hören.
       Landespolizeipräsident Uwe Binias hatte gejubelt, seine Beamten hätten „die
       Ladung eines 7,5-Tonners“ sichergestellt.
       
       Im LKA wird nun spekuliert, dass die Rocker mit der Selbstauflösung ihrer
       vier Regionalgliederungen einer Beschlagnahme des Vereinsvermögens wie in
       Güntersen vorbeugen wollen – schließlich waren darunter auch mehrere
       schwere und teure Motorräder der Marke Harley-Davidson.
       
       Am Einfluss der Rocker dürfte das offizielle Ende der Charter wenig ändern:
       So ist die „Badland“-Gang in Pattensen aus dem Hells-Angels-Charter
       Hannover hervorgegangen, das deren „President“ Frank Hanebuth nach einer
       Razzia 2012 für aufgelöst erklärt hat. „Jetzt ist Ende im Gelände“, hatte
       der einstige König von Hannovers Rotlichtviertel Steintor erklärt, bevor er
       nach Spanien verschwand. Dort sitzt Hanebuth wegen Bildung einer
       kriminellen Vereinigung seit mehr als einem Jahr in Untersuchungshaft.
       Seine Rocker hielten dagegen die Geschäfte am Steintor weiter am laufen, so
       die Einschätzung der Polizeidirektion Hannover.
       
       Auch in Walsrode, wo der Hells Angel Wolfgang Heer teilweise über
       Strohmänner mehrere Etablissements betreiben soll, haben die Rocker mit den
       „Red Devils“ längst eine Auffangorganisationen etabliert. Und selbst in der
       Region Göttingen bleiben die Hells Angels präsent – wenn auch ohne ihre
       geliebten Kutten mit dem geflügelten Totenkopf: Zwar freute sich
       Polizeipräsident Binias, erstmals sei es gelungen, einem gesamten Chapter
       und nicht nur einzelnen Mitgliedern eine Straftat nachzuweisen. In
       Untersuchungshaft wanderte neben einem „Hangaround“ genannten
       Rocker-Anwärter aber nur der Chef der Göttinger. 13 weitere Höllenengel
       dagegen bleiben auf freiem Fuß.
       
       4 Nov 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Wyputta
       
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