URI: 
       # taz.de -- Russische Fußballerinnen: Randigster Randsport Russlands
       
       > Russlands Frauenauswahl hat es nicht zur WM geschafft. Kein Wunder in dem
       > Macholand. Dass es überhaupt eine Profiliga gibt, ist schon ein Erfolg.
       
   IMG Bild: Die russische Spielerin Ekaterina Sotschnewa (r) im Zweikampf mit der deutschen Sara Däbritz (l)
       
       Paris taz | Es ging um Fußball. Um das Champions-League-Finale. Und
       tatsächlich hatte es eine Frau auf die Titelseite der russischen
       Sportpostille Sowjetski Sport geschafft. Bei der abgebildeten Frau handelte
       es sich um Kinsey Wolanski, die junge Frau, die in der 18. Minute des
       Männerfinales zwischen Liverpool und Tottenham kaum bekleidet auf das
       Spielfeld in Madrid gerannt war.
       
       Sowjetski Sport präsentierte ein Exklusiv-Interview mit der Frau, die mit
       ihrer Flitzerei Reklame für dem Erotik-Kanal ihres Freundes gemacht hatte.
       „Ich wusste gar nicht, dass das so ein großes Event ist“, sagt Wolanski in
       dem Interview. Etliche männliche Fußballfans in Russland dürften sich
       bestätigt fühlen. Für die passt das eben immer noch nicht so recht
       zusammen: Frauen und Fußball.
       
       Das weiß auch die Trainerin der russischen Auswahl. „Bei uns in Russland
       kann man nicht zugeben, dass Frauen vielleicht auch mal etwas besser können
       als Männer“, meint Jelena Fomina, die selbst jahrelang in der
       Nationalmannschaft gespielt hat. [1][Russland hinke in dieser Hinsicht
       anderen Länder hinterher.]
       
       Für die WM hat sich ihr Team nicht qualifizieren können. Die EM-Teilnahme
       vor zwei Jahren war ein echter Erfolg für ihr Team. Wahrgenommen hat man
       ihn aber kaum in Russland. Und wenn, dann waren es oft nicht die
       freundlichsten Reaktionen. Fomina hat sie alle schon gehört. Beispiel
       gefällig? „Fußball? Die sollen Borschtsch kochen gehen.“ Es sei die Angst
       vor der Konkurrenz durch die Frauen, die Männer so etwas sagen ließen.
       
       Dass am Freitag die WM in Frankreich beginnt, wird kaum einer merken in
       Russland. Wer sich für Frauenfußball interessiert, der muss sein Interesse
       eh aufteilen. Während der WM läuft der Spielbetrieb in der Liga weiter. Die
       hat gerade einen neuen Internetauftritt verpasst bekommen.
       
       Ein bisschen scheint sich also doch zu tun, auch wenn das Interesse der
       Führung des Russischen Fußballverbands für die Frauen kaum messbar ist.
       Zwölf Teams spielen in der höchsten Spielklasse. Die besten sind derzeit
       die Frauenteams der Hauptstadtklubs von Lokomotive und ZSKA. In deren
       Reihen spielen auch die meisten Nationalspielerinnen.
       
       ## Vor zehn Jahren gab zumindest international Respekt
       
       Die bezeichnen sich selbst als Profis. Ihr Verdienst? „So viel wie in einem
       durchschnittlichen Bürojob“, sagt Nationaltrainerin Fomina. Sie sieht die
       Zukunft des Klubfußballs in Russland in den Frauenabteilungen der im
       Männerbereich erfolgreichen Profiklubs. Zenit St. Petersburg und Spartak
       Moskau sollen nachmachen, was ihnen von Lokomotive und ZSKA vorgemacht
       würde. Fomina meint, es sei leichter, Fans bestehender Klubs als Zuschauer
       zu gewinnen als eigenständige Frauenteams aufzubauen.
       
       Die große Zeit von Swesda Perm wäre dann zu Ende. Auch am Fuße des Ural
       wird zumindest semiprofessionell gearbeitet. Die größten Hoffnungen des
       russischen Frauenfußballs lagen bis vor nicht allzu langer Zeit auf dem
       Klub, der es 2009 ins Finale des Uefa-Cups geschafft hat.
       
       Nach einer 0:6-Niederlage zu Hause staunten die Russinnen nicht schlecht
       über die 28.000 Zuschauer, die zum Rückspiel in Duisburg ins Stadion
       gekommen waren. Die Russinnen mauerten sich zu einem 1:1 gegen den FCR 2001
       Duisburg, überließen den Cup den Deutschen und hatten doch Eindruck
       hinterlassen. Aber es folgte nichts Vergleichbares. Das Spiel war einer der
       wenigen internationalen Höhepunkte im russischen Fußball.
       
       ## Kaum Spielerinnen im Ausland
       
       Der größte Erfolg in jüngster Zeit war das Tor der russischen Stürmerin des
       FC Sevilla, Nadeschda Karpova, bei der 2:6-Niederlage gegen den FC
       Barcelona im Ligaspiel am 24. April. Viele Russinnen haben den Sprung ins
       Ausland bisher nicht gewagt. Auch in der russischen Liga spielen kaum
       Legionärinnen. Der internationale Austausch hält sich in Grenzen.
       
       Eine der wenigen Legionärinnen in der russischen Liga ist die Kamerunerin
       Gabrielle Onguene. Sie spielt seit vier Jahren bei ZSKA Moskau. Der
       russischen Nachrichtenwebsite lenta.ru hat sie gesagt, dass sie es in ihrer
       Heimat schwer gehabt habe, als Frau überhaupt eine bezahlte Arbeit zu
       finden. Als Fußballerin sei ihr das gelungen – wenn auch auf bescheidenem
       Niveau.
       
       Onguene steht im Kader der kamerunischen Nationalmannschaft für die WM in
       Frankreich. Am Montag soll sie gegen Kanada im Sturm spielen. Wenn ihr Klub
       am Freitag gegen Rjasan spielt, ist sie schon lange in Frankreich.
       
       6 Jun 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Bundestrainerin-ueber-Frauenfussball-WM/!5596966
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Rüttenauer
       
       ## TAGS
       
   DIR Frauen-Fußball-WM 2023
   DIR Russlands WM-Team
   DIR Russland
   DIR Frauen-WM 2019 
   DIR Fußball
   DIR Fußball
   DIR Frauen-WM 2019 
   DIR Frauen-WM 2019 
   DIR Frauen-WM 2019 
   DIR Frauen-WM 2019 
   DIR Frauen-Fußball-WM 2023
   DIR Frauenfußball
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Rassistische Ultras in Russland: Wasja, Artjom und die Schwarzen
       
       Der harte Kern der Fans von Zenit St. Petersburg gilt als rassistisch und
       homophob. Unser Autor war mit zwei von ihnen in Leipzig unterwegs.
       
   DIR Fußball-WM ohne Hope Solo: Spielführerin in der Sportpolitik
       
       Das US-Team startet ohne die legendäre Torhüterin in eine WM. Solo kämpft
       gegen die Privilegien der Männer und der weißen Mittelschicht.
       
   DIR China vor WM-Auftakt gegen Deutschland: Zurück an die Spitze
       
       China will mit kompakter Defensive und radikaler Verjüngung wieder
       Weltklasse werden. Helfen soll eine Legionärin aus Paris.
       
   DIR Kolumne Frauen-WM: Kickendes Huhn mit Pferdeschwanz
       
       In Paris ist es nicht schwer zu übersehen, dass gerade eine Fußball-WM
       stattfindet. Doch allzu viel wurde nicht ins City Dressing investiert.
       
   DIR Kommentar Zukunft des Frauenfußballs: Macht euer eigenes Ding
       
       Mehr Geld in den Frauenfußball pumpen? Das ist Franchise-Feminismus. Zur WM
       sollten die Frauen über progressiveren Fußball nachdenken.
       
   DIR Bundestrainerin über Frauenfußball-WM: „Wir wollen zurück an die Spitze“
       
       Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg möchte bei der Fußball-WM weit
       kommen. Sie warnt aber auch: „Wer weit oben ist, hat eine größere
       Fallhöhe“.
       
   DIR Champions League Finale der Frauen: Hilflose Konkurrenz
       
       Olympique Lyon unterstreicht mit dem 4:1-Erfolg gegen Barcelona seine
       Ausnahmestellung im Frauenfußball. Kein gutes Zeichen für den Wettbewerb.