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       # taz.de -- Russische Interessen in Kiew: Putins Ukraine
       
       > Russische Medien zeichnen die ukrainischen Demonstranten als Chaoten: Die
       > eigene Bevölkerung soll nicht auf dumme Gedanken kommen.
       
   IMG Bild: Solche Bilder möchte Wladimir Putin nicht in Moskau sehen.
       
       MOSKAU taz | Als auf den Straßen Kiews schon längst bürgerkriegsähnliche
       Zustände herrschten, kam aus dem Kreml ein kühles Statement: Russland halte
       am Prinzip der Nichteinmischung fest und folge den Ereignissen in Kiew
       aufmerksam, teilte der Kreml am Mittwoch mit. Je härter die
       Auseinandersetzungen in der Ukraine werden, desto weniger meldet sich der
       Kreml zu Wort. Beobachter werten gerade das als Zeichen, für eine tiefe
       Verstrickung des Kreml beim Nachbarn.
       
       Zuvor hatte das russische Außenministerium offiziell noch „westlichen
       Politikern und europäischen Strukturen“ die Schuld an der Eskalation in der
       Ukraine zugeschoben. Sie hätten von Beginn an „die Augen vor den
       aggressiven Aktionen radikaler Kräfte in der Ukraine geschlossen“, hieß es.
       
       Moskau will der eigenen Bevölkerung weiterhin weismachen, dass der
       Aggressor im Westen zu suchen ist. Dass es eher das Desinteresse der EU und
       des Westens gewesen ist, das die Lage zuspitzte, bleibt russischen
       Zuschauern der staatlich gelenkten Medien verschlossen.
       
       Stattdessen läuft ein Dauerprogramm ideologischer Berieselung. Die
       Propagandamaschine reduziert den Konflikt auf das Wirken rechter und
       faschistischer Kräfte aus der Westukraine. Es sind abgegriffene Klischees,
       die die Lage im Land nicht mehr richtig abbilden. Sie sollen vermeiden,
       dass der russische Zuschauer den Konflikt als das begreift, was er ist: ein
       Aufbegehren der Zivilgesellschaft gegen eine postsowjetische,
       kleptokratische Autokratie, der ein aktiver Teil der ukrainischen
       Gesellschaft nicht mehr dienen will.
       
       Dass die Bevölkerung Zuhause dies erkennen könnte, fürchtet der Kreml noch
       mehr, als die geopolitische Dimension einer langsam nach Westen
       tendierenden Ukraine. Das russische Engagement in Kiew dient der Macht- und
       Selbsterhaltung.
       
       ## Herablassende Darstellung
       
       Die Ukrainer fühlen sich durch die einseitige Darstellung in russischen
       Medien verletzt. Auch solche, die eher ein Bündnis mit Russland eingehen
       würden. Pauschal werden sie herablassend als Chaoten bezeichnet, die
       unfähig seien, einen Staat zu bilden, sowie Ordnung und Disziplin
       ablehnten. Die Handhabung des Konfliktes zeigt: Moskau will die
       gesellschaftliche Dynamik beim Nachbarn nicht wahrhaben. Das
       russisch-imperiale Bewusstsein ist nicht in der Lage, diese Realität
       zuzulassen.
       
       Die Verteufelung der Ukrainer schlägt sich auch in Umfrageergebnissen
       nieder. Die negative Haltung zum Nachbarn wächst in der einfachen
       Bevölkerung. Selbst die russische Intelligenz ist davor nicht gefeit. Sie
       begegnet den politisch aktiveren und erfolgreicheren Ukrainern zunehmend
       mit Neid, stellte das Moskauer Meinungsforschungsinstitut Lewada fest.
       
       Auf den ersten Blick vermeidet Moskau, mit dem Konflikt in Verbindung
       gebracht zu werden. Nicht einmal der russische Botschafter in Kiew zeigte
       sich in der Öffentlichkeit. Doch natürlich ist Russland in der Ukraine
       trotzdem aktiv: Der Erfinder der Putinschen Machtvertikale, Wladislaw
       Surkow, ist seit einigen Wochen schon in der Ukraine auf Tour. Zuletzt soll
       er auf der Krim gewesen sein und ein Casting für potenzielle Nachfolger von
       Präsident Janukowitsch veranstaltet haben. Moskau hat den Amtsinhaber
       anscheinend schon abgeschrieben. Umtriebig ist auch der Kremlbeauftragte,
       Sergej Glasew. Er schlug vor, die Ukraine in West und Ost aufzuteilen. Der
       Osten falle an Russland, der Westen dürfe sich um Mitgliedschaft in der EU
       bemühen.
       
       Die Stereotypen sind einer langsamen Veränderung unterworfen. Sie werden
       aber vom Kreml gezielt am Köcheln gehalten. Moskau braucht eine instabile
       Ukraine.
       
       19 Feb 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Klaus-Helge Donath
       
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