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       # taz.de -- SPD-Strategie für Infrastruktur: SPD will mehr Staat beim Netzausbau
       
       > In ihrer Jahresauftakt-Klausur kündigt die SPD einen Turbo beim Ausbau
       > der Infrastruktur an. Industriepolitik und Klimaschutz will sie
       > versöhnen.
       
   IMG Bild: Oben ist doch am schönsten. Olaf Scholz und Genoss:innen bei der Klausur der SPD zum Jahresauftakt
       
       Berlin taz | Für die SPD soll es in diesem Jahr nur in eine Richtung gehen:
       aufwärts. Die Abteilung Öffentlichkeitsarbeit in der Berliner
       Parteizentrale hat den Fahrstuhl im Willy-Brandt-Haus extra mit roten, nach
       oben gerichteten Pfeilen versehen lassen. Damit die
       Medienvertreter:innen nicht etwa auf die böse Idee kommen, die
       Bilder rückwärts abzuspulen? So scheint es am Sonntag, als die Presse die
       beiden Parteivorsitzenden Saskia Esken und Lars Klingbeil dabei filmt, wie
       sie zusammen mit Bundeskanzler Olaf Scholz, sozialdemokratisch leger im
       Pulli, die gläserne Kabine betreten und nach oben entschweben.
       
       Der Parteivorstand der SPD trifft sich seit Sonntag zur zweitägigen
       Klausur. Ein Thema sind die Landtagswahlen in diesem und die Europawahl im
       nächsten Jahr. Die erste harte Bewährungsprobe für den Aufwärtskurs der SPD
       steht schon am 12. Februar an. Bei der zu [1][wiederholenden Berlin-Wahl]
       will die Regierende SPD-Bürgermeisterin Franziska Giffey nach nur 14
       Monaten im Amt dieses verteidigen. Am Montag werden Giffey und Scholz den
       Wahlkampfauftakt im Willy-Brandt-Haus mit der richtungsweisenden
       Beschilderung zelebrieren.
       
       Inhaltlich setzt die SPD in den kommenden Monaten auf einen starken Staat,
       der aktive Industriepolitik betreibt und Tempo macht beim Ausbau der
       öffentlichen Infrastruktur. Damit sind sowohl Verkehr-, Daten- und
       Energienetze gemeint als auch Bildung, Gesundheit und Verwaltung. Bei der
       Mobilitäts-, Energie- und Kommunikationsinfratstruktur kann sich die SPD
       auch eine stärkere staatliche Beteiligung und Kontrolle vorstellen. So
       steht es in einem Beschlussentwurf unter der Überschrift „Starke
       Infrastruktur für Deutschlands Zukunft“, der zu Beginn der Klausur
       verbreitet wurde.
       
       Im Streit zwischen Grünen und FDP, ob nur Schienen oder auch Straßen
       schneller ausgebaut werden sollen, will sich die SPD nicht positionieren.
       „Wir brauchen beides“, so Parteichefin Esken und wirbt dafür, bei der
       Mobilität auf Schiene und Straße „einen Turbo einzulegen“.
       
       ## Staatliche Beihilfen für Zukunftsindustrien
       
       Auch die Themen Klimaschutz und Industriepolitik will die Partei am
       liebsten als Win-win-Situation begreifen. Man wolle industrielle Produktion
       und aktiven Klimaschutz miteinander versöhnen, so Esken. Ob
       wirtschaftliches Wachstum so weitergehen und dabei Ressourcen und Umwelt
       geschont und geschützt werden können, [2][bezweifeln
       Wachstumskritiker:innen]. Doch in ihrem Fortschrittsglauben und der
       Zuversicht, dass sich wirtschaftlicher Erfolg eben zukünftig aus
       klimatneutralen Technologien speist, ist die SPD der FDP näher.
       
       Mit dem Unterschied, dass die Sozialdemokraten „die Rolle des Staates als
       Lenker der Transformation stärken“ wollen. In ihrem Strategiepapier werben
       die Sozialdemokraten dafür Schlüsseltechnologien, wie die Halbleiter- oder
       Batterieproduktion, zumindest zeitlich befristet stärker zu fördern. Des
       weiteren soll die Einrichtung eines staatlichen Transformationsfonds
       geprüft werden. Man wolle sich dafür stark machen, das europäische
       Beihilferecht zu reformieren. Im Moment verbietet es staatliche
       Subventionen, die den Wettbewerb verzerren können.
       
       Einen Boost will die SPD auch bei Bildung und Ausbildung hinkriegen. „Das
       Bildungsversprechen ist brüchig geworden“, konstatierte Esken. Sie nehme
       FDP-Finanzminister Christian Lindner gern beim Wort, dass man mehr in
       Bildung investieren müsse, so Esken. Und fordert, dass
       [3][Startchancen-Programm], mit dem 4.000 Schulen in sozialen Brennpunkten
       unterstützt werden sollen, noch in diesem Jahr zu starten. In einer Anfrage
       der Linken teilte die Bundesregierung im Dezember mit, das Programm befinde
       sich noch in der Konzeptionsphase.
       
       Die SPD setzt zudem auf „vermehrte Investitionen in unsere Berufsschulen“
       und einen Ausbau von Weiterbildung. Mit Blick auf den Fachkräftemangel
       wirbt man für die „Aktivierung von Arbeitskräftepotenzielen“ und versteht
       darunter auch die Steigerung der Beschäftigung für ältere Beschäftigte.
       Nach Rente mit 63 klingt das nicht mehr, eher nach Rente mit 70.
       
       Auch Bundeskanzler Scholz hatte im Dezember die Parole ausgegeben, dass
       mehr Menschen bis zum tatsächlichen Rentenalter arbeiten sollten. Dass sich
       der 64-jährige für seine Person auch darüber hinaus [4][eine lange aktive
       Beschäftigungszeit] vorstellen kann, ist kein Geheimnis. Das
       Strategiepapier der SPD ist ein Baustein, damit dieser Plan aufgeht.
       
       8 Jan 2023
       
       ## LINKS
       
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