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       # taz.de -- SPD-Vorstoß zu Schwangerschaftsabbrüchen: Wird Abtreibung doch noch legalisiert?
       
       > Nach dem Willen der SPD-Fraktion sollen frühe Abtreibungen künftig legal
       > sein. Geregelt werden soll das in einem eigenen Gesetz.
       
   IMG Bild: Berlin, 15. April 2024: Flashmob gegen die Abtreibungsregelungen
       
       Berlin taz | Nun kommt doch noch Bewegung in die Debatte um legale
       Abtreibung. Unter dem Titel „Selbstbestimmungsrecht von Frauen stärken –
       Schwangerschaftsabbrüche entkriminalisieren“ hat die Bundestagsfraktion der
       SPD am späten Dienstagnachmittag [1][ein Positionspapier] beschlossen: „Wir
       wollen den Paragrafen 218 StGB in seiner jetzigen Form streichen“, sagte
       die rechtspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Sonja Eichwede.
       
       Die Regelung im Strafrecht bringe „zum Ausdruck, dass ein selbstbestimmter
       Schwangerschaftsabbruch Unrecht ist“, so Eichwede. Das halte die Fraktion
       für nicht vereinbar mit den Grundrechten der Schwangeren.
       
       Bislang sind Abbrüche grundsätzlich verboten, bis zur 12. Woche aber unter
       bestimmten Bedingungen straffrei. Nun will die Fraktion mindestens frühe
       Abbrüche legalisieren: „Wir sprechen uns für eine Frist aus, die an der
       Überlebensfähigkeit des Fötus außerhalb des Uterus mit ausreichend
       zeitlichem Abstand anknüpft“, heißt es im Positionspapier. Überlebensfähig
       sind Föten ab etwa der 24. Schwangerschaftswoche. Wann der Abstand dazu
       „ausreichend“ ist, wird nicht näher definiert.
       
       Die derzeitige Pflichtberatung soll zu einer freiwilligen Beratung werden.
       Auch die Wartezeit von drei Tagen zwischen Beratung und Abbruch soll
       wegfallen. Geregelt werden sollen Abbrüche im
       Schwangerschaftskonfliktgesetz, finanziert werden sollen sie kostendeckend
       von den Krankenkassen.
       
       ## Verbot ist „nicht haltbar“
       
       Hintergrund des SPD-Papiers ist der [2][Bericht einer
       Expert*innenkommission], die von der Bundesregierung eingesetzt
       worden war und im April ihren Bericht vorgelegt hatte. Darin heißt es, das
       bisher in Deutschland geltende grundsätzliche Abtreibungsverbot sei nach
       völker-, verfassungs- und europarechtlicher Prüfung „nicht haltbar“. Die
       Kommission empfiehlt eine Regelung von Schwangerschaftsabbrüchen mindestens
       in der Frühphase außerhalb des Strafgesetzbuchs.
       
       Schon bei der Vorstellung des Berichts durch Gesundheitsminister Karl
       Lauterbach (SPD), Justizminister Marco Buschmann (FDP) und Lisa Paus
       (Grüne) war jedoch klar geworden, dass mit einem Gesetzentwurf des
       Kabinetts kaum zu rechnen ist. Die Initiative zeigt zumindest den Willen
       der SPD, von parlamentarischer Seite aus aktiv zu werden. „Schon der
       Respekt vor der Arbeit der Kommission gebietet es, dass wir uns nun auch
       ernsthaft mit den Ergebnissen befassen“, sagte Leni Breymaier,
       frauenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion.
       
       Auch die Grünen unterstützen den Vorstoß. „Wir wollen das
       Selbstbestimmungsrecht von Frauen stärken und setzen uns schon lange für
       eine differenzierte Regelung des Schwangerschaftsabbruchs außerhalb des
       Strafgesetzbuches ein“, erklärten Fraktionsvize Maria Klein-Schmeink und
       die frauenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Ulle Schauws. Sie
       erklärten, die Grünen strebten gesetzliche Änderungen noch in dieser
       Legislaturperiode an.
       
       ## Was will die FDP?
       
       Ob es dazu kommt, hängt nun von der FDP-Fraktion ab. Deren Blockadehaltung
       hatte dazu geführt, dass die Legalisierung von Abbrüchen nicht Teil des
       Koalitionsvertrags wurde – obwohl zwei der drei Koalitionspartner sie im
       Wahlprogramm stehen hatten. Als die Kommission ihren Bericht vorstellte,
       hatte die rechtspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Katrin
       Helling-Plahr, erklärt, an den bisherigen Regelungen festhalten zu wollen.
       
       Breymaier und Eichwede von der SPD kündigten an, mit der FDP-Fraktion ins
       Gespräch gehen zu wollen. „Jetzt ist klar: Das ist die Position der SPD“,
       sagte Breymaier. „Also lasst uns reden.“
       
       26 Jun 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.spdfraktion.de/themen/positionen
   DIR [2] /Abtreibungen-in-Deutschland/!6001744
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Patricia Hecht
       
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