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       # taz.de -- SPD-Wahlprogramm: WG-Zimmer für alle!
       
       > Die Sozialdemokraten versuchen sich im Wahlkampf als Erneuerin und
       > Bewahrerin zugleich zu verkaufen. Ihr Programm ist ein Gegenentwurf zur
       > Union.
       
   IMG Bild: Allvater Scholz: Ein Auge bewahrt, ein Auge erneuert, jede Kamera filmt etwas anderes
       
       Lektüretipp gefällig? SPD-Generalsekretär [1][Matthias Miersch] hätte
       einen: Friedrich Merz’ „Mehr Kapitalismus wagen“. Ein etwas vergifteter
       Vorschlag. Die Streitschrift, die der Unionskanzlerkandidat 2008
       veröffentlichte, soll lediglich Kontrastfolie sein zum SPD-Programm, das
       Wahlkampf-Organisator Miersch ebenfalls anpreist. Dessen Titel könnte
       lauten: „Mehr Staat wagen.“
       
       [2][Was die SPD vorschlägt], liest sich an vielen Stellen wie ein
       Gegenentwurf zu den Absichten der Union. Mehr Investitionen in Wirtschaft,
       Infrastruktur und Verteidigung will die SPD durch höhere Steuern für Reiche
       und mehr Staatsschulden finanzieren. „Die Rolle des Staates wird eine
       zentrale Auseinandersetzung im Wahlkampf sein“, prophezeit Miersch.
       
       Am Sozialstaat soll dagegen nicht gespart werden, die SPD verspricht
       stabile Renten, 15 Euro Mindestlohn und eine Senkung der Mehrwertsteuer auf
       Lebensmittel von aktuell 7 auf 5 Prozent.
       
       Ganz durchgerechnet sind die Vorschläge nicht, die Deckungslücke beträgt
       nach Berechnungen des Instituts der Deutschen Wirtschaft 30 Milliarden pro
       Jahr. Im Programm der Union klafft laut IW allerdings ein dreimal so großes
       Loch.
       
       ## WG-Zimmer statt Raketen
       
       Die SPD versteht sich als Programmpartei, also diskutieren 600 Delegierte
       den Entwurf trotz Zeitdrucks auf einem Sonderparteitag am Samstag. Rund 90
       Änderungsanträge liegen vor. Sie beziehen sich etwa auf die
       Steuervorschläge. So fordern mehrere Anträge, die Vermögenssteuer im
       Wahlkampf nach vorn zu stellen. Neben der (Wieder-)Einführung der derzeit
       ausgesetzten Steuer plant die SPD eine Reform der Erbschaftssteuer, um
       Milliardenerben stärker abzuschöpfen. [3][Dass sie in einer Regierung auf
       beiden Instrumenten beharren wird, ist aber unwahrscheinlich.]
       
       Andere Antragsteller:innen fordern, in der Migrations- und Asylpolitik
       nicht nach rechts abzubiegen. Einige Forderungen hat die Antragskommission
       bereits übernommen – so steht im Leitantrag nun eine staatlich finanzierte
       Seenotrettung als Verpflichtung.
       
       Festgelegen wollen sich die Sozialdemokraten auch auf das von der Ampel
       beschlossene Selbstbestimmungsgesetz. „Ein Zurück wird es mit uns nicht
       geben“, heißt es im Leitantrag.
       
       ## SPD: Bewahrerin oder Erneuerin?
       
       Interessant dürfte die Diskussion über einen Antrag werden, der fordert,
       die Stationierung von U. S. Mittelstreckenraketen zu vermeiden.
       
       Für Gesprächsstoff sorgt auch der Antrag der Jusos, eine Garantie für
       bezahlbare WG-Zimmer einzuführen, was praktisch einem Mietendeckel
       gleichkäme. Den hat die SPD stets abgelehnt, stattdessen will sie eine
       dauerhafte Mietpreisbremse. Streit gibt es im Vorfeld über
       Begrifflichkeiten: Taucht die „Kindergrundsicherung“ im Wahlprogramm auf
       oder lieber nicht?
       
       Die SPD versucht sich im Wahlkampf als Bewahrerin und Erneuerin zugleich zu
       präsentieren. Verkaufen muss es Olaf Scholz. Er wird am Samstag zum
       Spitzenkandidaten gewählt. Sicherheitshalber per Akklamation und nicht in
       geheimer Wahl. Scholz hat übrigens auch ein Buch veröffentlicht:
       „Hoffnungsland.“ Passt ganz gut zur Lage der SPD.
       
       9 Jan 2025
       
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