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       # taz.de -- Saisonstart in der Frauen-Bundesliga: Wolfsburgerinnen auf Titeljagd
       
       > Wolfsburgs Fußballfrauen sind auch kommende Saison die Favoritinnen der
       > Liga. Ihren Kader haben sie mit gleich vier Nationalspielerinnen
       > verstärkt.
       
   IMG Bild: Das sechste Double der Geschichte: Im Mai 2022 gewann der VfL den DFB-Pokal
       
       Hamburg taz | Die Zeit für die Saisonvorbereitung ist für die
       Fußballerinnen vom VfL Wolfsburg knapp. Kaum war die Europameisterschaft in
       England vorbei und das erste Trainingslager mit dem neuen Kader absolviert,
       muss Trainer Tommy Stroot schon wieder auf ganze 16 Spielerinnen
       verzichten: Derzeit laufen die letzten WM-Qualifikationsspiele. Für die
       Vereine ist das ungünstig, in knapp zwei Wochen beginnt schließlich die
       neue Bundesliga-Saison.
       
       Dass das den VfL besonders hart trifft, ist aber eher kein Grund für
       Mitleid. Wer so viele Nationalspielerinnen im Kader hat, ist ja irgendwie
       selbst Schuld. Gleich vier von fünf Transfers aus dem Sommer gehören zu
       dieser Spitzengruppe.
       
       Da ist zum einen die junge Slowenin Sara Agrež vom Traditionsklub Turbine
       Potsdam. Menschlich sei es in Wolfsburg genauso herzlich wie in Potsdam,
       sagt Agrež. „Aber fußballerisch ist es was anderes.“ Der Ex-Verein der
       Verteidigerin hat mit einem enormen Umbruch zu kämpfen: Viele sind
       gegangen, der Kader ist sehr jung. „Wenn ich ehrlich bin: Ich glaube nicht,
       dass die oben mitspielen.“ Überhaupt hätten es reine Frauenvereine in
       Zukunft schwer, glaubt Agrež.
       
       Zum professionelleren VfL – außer dem FC Bayern kann kein Klub solche
       Trainingsbedingungen und Spielstärke aufweisen –kommen zudem drei
       Spielerinnen, die deutsche Fußballfans spätestens seit diesem furiosen
       EM-Sommer kennen: Merle Frohms, Marina Hegering und Jule Brand.
       
       ## Außer Bayern gibt es nur erweiterte Konkurrenz
       
       Vor allem die Torhüterin Frohms, die zuletzt bei Eintracht Frankfurt
       gespielt hat und schon einmal beim VfL unter Vertrag war, hat bei der
       Europameisterschaft bewiesen, dass auch vergleichsweise kleine und leichte
       Torhüterinnen großartig halten können. Nur die englische Keeperin hat im
       Turnier noch weniger Gegentore kassiert als Frohms. Im Nationalteam hat sie
       Almuth Schult bereits als Nummer eins abgelöst, jetzt tritt sie auch im
       Verein ihre Nachfolge an. [1][Schult wechselte im Sommer in die USA.]
       
       Die erst 19-jährige Mittelfeldspielerin Brand machte ebenfalls bei der EM
       auf sich aufmerksam, als sie im Halbfinale gegen Frankreich für die an
       Corona erkrankte Klara Bühl von Beginn an spielte und komplett ablieferte –
       souverän, und gefährlich für die Gegnerinnen. Sie kommt von Hoffenheim und
       gilt als riesiges Talent.
       
       Die drei wechseln von Klubs, die in den vergangenen Jahren mit wenigen
       anderen Teams die Tabellenplätze hinter Wolfsburg und Bayern unter sich
       ausgemacht haben – und so zumindest zur erweiterten Konkurrenz gehören.
       [2][Vom Rivalen Bayern München] kommt Innenverteidigerin Marina Hegering.
       Sie trifft in Wolfsburg auf ihre Nationalteam-Kollegin Kathrin Hendrich.
       Trainer Stroot könnte bald zumindest theoretisch die Innenverteidigung des
       Vizeeuropameisters aufstellen.
       
       Die 32-jährige Hegering hat einen besonderen Vertrag unterzeichnet: Zwei
       Jahre Fußball spielen, anschließend geht es ins Trainer*innenteam. Bis
       2026 soll sie mindestens bleiben. Der Kader des VfL ist damit enorm
       gestärkt. Und das sind nur die Neuzugänge: Da wären ja noch
       [3][beispielsweise Stürmerin Alexandra Popp], die ihren Vertrag kürzlich
       bis 2025 verlängert hat, sowie Mittelfeldspielerin Lena Oberdorf. Letztere
       wurde als beste junge Spielerin der EM ausgezeichnet und – neben Hegering,
       Popp und zwei weiteren Deutschen – von der Uefa in die „Elf des Turniers“
       gewählt.
       
       Über die Konkurrenz innerhalb des Wolfsburger Kaders macht Hegering sich
       keine Gedanken. „Die kitzelt alles aus einem raus.“ Und dass der Kader so
       breit ist, sei angesichts der hohen Belastung während der Saison nur
       sinnvoll. Schließlich wolle man in allen drei Wettbewerben bis zum Ende
       mitspielen. In der vergangenen Champions-League-Saison war für Wolfsburg im
       Halbfinale Schluss. Man verlor gegen den späteren Zweiten Barcelona im
       Hinspiel mit 5:1. [4][Danach gab es das Double] – nur, könnte man fast
       sagen.
       
       Neben Hegering haben auch viele andere Nationalspielerinnen inzwischen
       einen Trainerschein gemacht. Auch der fünfte VfL-Neuzugang, Abwehrspielerin
       Kristin Demann, will eine ähnliche Richtung einschlagen: Rehatrainerin im
       Fußball. Die Frauen müssen sich frühzeitig Gedanken um einen Job nach der
       aktiven Karriere machen. Dabei sind die Wölfinnen noch gut dran: Aktuell
       betreiben deutsche Fußballerinnen ihren Sport meist nur als Nebenjob,
       selbst viele aus der ersten Liga.
       
       Nach der EM war das Thema Equal Pay, also die gleiche Bezahlung des Frauen-
       und Männernationalteams, in aller Munde. Popp verweist aber vor allem auf
       die Bundesliga: „Die Liga ist am Ende dafür zuständig, dass wir
       Spielerinnen haben, die auf hohem Level spielen können, und dafür brauchen
       wir professionelle Strukturen.“ Bestenfalls auch in der zweiten Bundesliga.
       Popp spricht von Grundgehältern und hofft, dass auch lange nach der EM die
       Medienpräsenz der Spielerinnen anhält und auch Unternehmen angesprochen
       wurden, die sich nun entscheiden, in den Frauenfußball zu investieren.
       
       ## In den Testspielen stand Wolfsburg gut da
       
       Die Teams aus Wolfsburg und Bayern kann so schnell aber wohl kein anderes
       toppen. Sie stellten gemeinsam mehr als die Hälfte der Spielerinnen des
       deutschen Kaders bei der EM. Die Frauen vom FC Bayern haben 2016 und 2021
       die Meisterschaft gewonnen, seit 2015 waren sie ansonsten immer der
       Vizemeister hinter Wolfsburg. Dass Wolfsburgs Stürmerin Popp [5][bei der EM
       so glänzen] konnte, lag auch daran, dass Bayerns Topstürmerin Lea Schüller,
       Fußballerin des Jahres 2022 und Torschützenkönigin der vergangenen Saison,
       coronabedingt fast alle Spiele verpasste.
       
       Der bekannteste Neuzugang in München ist wohl Georgia Stanway von
       Manchester City WFC. Die englische Nationalspielerin hatte England bei der
       EM ins Halbfinale geschossen und einen großen Anteil am Titelgewinn ihrer
       Nation.
       
       Zumindest das letzte Testspiel fiel für Bayern ernüchternder aus als für
       den VfL: Die Münchnerinnen verloren Zuhause mit 0:2 gegen Atlético Madrid.
       In Niedersachsen wurde das letzte Testspiel gegen den niederländischen
       Meister FC Twente kurzfristig abgesagt. Die Gäste hatten Coronafälle im
       Team. Das Spiel hätte ohne die Hilfe der abgestellten Nationalspielerinnen
       ohnehin wenig Aussagekraft gehabt. Die beiden Testspiele davor hat der VfL
       aber gewonnen. Ernst wird es für Wolfsburg am 17. September zu Hause gegen
       Essen.
       
       6 Sep 2022
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Alina Götz
       
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