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       # taz.de -- Schifffahrt vor Klima-Verhandlungen: Die Konkurrenz rückt zusammen
       
       > Klimaschutz in der Schifffahrt ist bisher regional zersplittert. Das soll
       > sich bei Verhandlungen ändern. Die Industrie hat ehrgeizige Pläne.
       
   IMG Bild: Die Schifffahrt ist für zwei bis drei Prozent der globalen CO₂-Emissionen verantwortlich, setzt sich aber auch ehrgeizige Ziele
       
       Hamburg taz | Kreuzfahrtveranstalter, Frachtreedereien und Werften leben
       von der Globalisierung. Schiffe transportieren mehr als 90 Prozent aller
       Waren im interkontinentalen Handel.
       
       Doch bei den Umweltauflagen stößt die maritime Wirtschaft auf einen
       Flickenteppich aus kontinentalen, nationalen und lokalen Regeln. Das soll
       sich ändern: In der kommenden Woche, beginnend am 14. Oktober, verhandeln
       in London die Mitgliedsstaaten der Internationalen Schifffahrtsorganisation
       IMO über einheitliche, weltweit geltende Regeln zur Dekarbonisierung.
       
       Dabei sind die Klima-Ziele der globalisierten Branche, die für zwei bis
       drei Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich ist,
       vergleichsweise ehrgeizig. Als erste Industrie [1][hat sich die maritime
       Wirtschaft international ein Netto-Null-Ziel gesteckt]. Es soll bis 2050
       erreicht werden.
       
       Zusammen mit den Zwischenetappen für 2030 und 2040 hat die IMO vor zwei
       Jahren einen schiffbaren Reduktionspfad eingeschlagen. Der damalige
       Koordinator der Bundesregierung für die maritime Wirtschaft,
       Grünen-Politiker Dieter Janecek, begrüßte die Einigung als „richtigen und
       wichtigen Schritt“ für den Klimaschutz.
       
       ## Deutsche Reedereien unterstützen Abkommen
       
       In der „International Maritime Organization“, kurz IMO, sind 176 Staaten
       organisiert. Beschlüsse der IMO gelten in der internationalen Schifffahrt
       quasi als Gesetz. Der IMO-Umweltausschuss MEPC entscheidet nun bis zum 17.
       Oktober über die Einführung knotensicherer weltweiter Maßnahmen.
       
       Deutsche Reedereien sehen die Schifffahrt vor einer „entscheidender
       Weichenstellung im Klimaschutz“, heißt es beim Verband Deutscher Reeder
       (VDR) in Hamburg. „Die Schifffahrt [2][braucht endlich einheitliche
       Spielregeln]“, betont VDR-Geschäftsführer Martin Kröger. Die Vielzahl
       unterschiedlicher Regelungen verursache enorme Bürokratie und bremse den
       Klimaschutz. „Entweder wir schaffen jetzt gemeinsame globale Regeln oder
       wir verlieren uns in einem Dschungel aus regionalen Vorschriften.“
       
       Der Naturschutzbund NABU in Berlin, der die Verhandlungen in London
       federführend für deutsche NGOs begleitet, gibt sich immerhin verhalten
       optimistisch. „Wir erwarten, dass die Staatengemeinschaft ihrer Pflicht zum
       Klimaschutz gerecht wird und das vorgeschlagene Net-Zero Framework final
       verabschiedet“, sagt NABU-Schifffahrtexperte Lukas Leppert auf taz-Anfrage.
       
       Ein solcher IMO-Beschluss wäre zugleich ein starkes Signal für eine
       „funktionierende internationale Zusammenarbeit“. Ein stabiles Bündnis von
       Staaten unterstütze das Abkommen, wie auch Industrieverbände.
       
       ## Netto-Null-Ziel bereits verbindlich gesteckt
       
       So hofft ebenfalls Reinhard Lüken auf eine „historische Einigung“. Der
       Hauptgeschäftsführer des Verbandes für Schiffbau und Meerestechnik (VSM) in
       Hamburg sieht Werften, Maschinenbau und Zulieferindustrie dafür bestens
       aufgestellt. Die deutsche Schiffbauindustrie gehöre zu den [3][weltweit
       führenden „Innovationsstandorten“] für effiziente, klimafreundliche
       maritime Technik, sagt Lüken der taz. „So verbinden wir wirtschaftliches
       Wachstum, fördern Innovation und treiben den Klimaschutz aktiv voran.“
       
       „Nach dem Beschluss“ wäre aber auch bei der IMO „vor dem Beschluss“. Die
       konkrete Ausgestaltung des allgemeinen Regelwerks muss durch detaillierte
       Richtlinien innerhalb der nächsten zwei Jahre abgeschlossen werden, damit
       die Londoner Beschlüsse ihre volle Wirkung entfalten können.
       
       Der politische und ökonomische Druck scheint dafür stark genug zu sein.
       Bereits im April hatte die Kern-Staatengemeinschaft in der IMO nach
       intensiven Verhandlungen mit 63 zu 16 Stimmen den klimapolitischen Anker
       geworfen und sich mit dem „IMO Net-Zero Framework“ das Netto-Null-Ziel
       verbindlich gesteckt. Vorgesehen sind ein weltweiter Emissionshandel und
       ein Kraftstoffstandard, die Schiffe etappenweise zu klimaneutralem Betrieb
       führen sollen.
       
       12 Oct 2025
       
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