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       # taz.de -- Schlesinger, Bild-Zeitung, Lindner: Ein Kommen und Gehen
       
       > Der RBB scheitert seit Jahrzehnten vor sich hin, die FDP regiert, als
       > wäre schon Weihnachten und Gerhard Schröder irrlichtert durch die
       > Öffentlichkeit.
       
   IMG Bild: Markenzeichen von Schlesingers Kampagne: ironisierte Langeweile, Fremdscham und Bürokratie
       
       taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche? 
       
       Friedrich Küppersbusch: Der gemeine Islamist merklich entlastet durch den
       Russen.
       
       Und was wird besser in dieser? 
       
       Der Zustand von [1][Salman Rushdie].
       
       Beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) ist momentan ganz schön viel los:
       Die [2][Intendantin Patricia Schlesinger] ist nach vielzähligen Vorwürfen
       zurückgetreten ebenso wie Verwaltungsratschef Wolf-Dieter Wolf – und nun
       ermittelt sogar die Generalstaatsanwaltschaft Berlin. Beginnt jetzt das
       große Zittern auf den hohen Senderposten? 
       
       Wer unter euch einen Spreewaldgurkendöner essen mag, der werfe den ersten
       Stein: Der RBB bestrahlt Europas vitalste Metropole und die pampigste Pampa
       drumherum. Urbanes Publikum verschlummert, wenn der Blick ins Land geht;
       BrandenbürgerInnen schalten gern ein, wenn Berlin gedisst wird. Daran
       scheitert des Gebilde seit Jahrzehnten munter vor sich hin. Schlesinger
       packte das bei den Hörnern mit einer Kampagne, die Langeweile, Fremdscham
       und Bürokratie als Markenzeichen ironisierte. Danach muss irgendwas
       passiert sein. An dieser Stelle ein kurzer Disclaimer meinerseits: bei
       RadioEins und ChezKrömer arbeite ich selbst für den RBB, bewundere auch die
       exorbitanten Quoten der „Abendschau“ und anderer Programme. Vielleicht
       alles andere einfach lassen?
       
       Auch für Finanzminister Christian Lindner war es keine gute Woche, von
       [3][Gratismentalität] beim 9-Euro-Ticket bis zum steuerlichen
       Entlastungspaket. Die Vorwürfe an einen Finanzminister, der nur die Reichen
       mitdenkt, klingen nicht ab. Zu Recht? 
       
       Lindner zockt auf den rechnerisch möglichen Jamaika-Putsch. Der wäre, wenn
       CDU-Vorsitzender Friedrich Merz dem Wirtschaftsminister Robert Habeck die
       Kanzlerschaft anbietet. Also circa nie. Bis dahin versucht die solide
       durchgeohrfeigte FDP so zu regieren, als wäre schon Weihnachten:
       Umverteilung von unten nach oben an Brunnenkresse mit einem herbfeinen Jus
       von Fiskalreligion – und Olaf Scholz lässt die Lümmels vom Alete-Internat
       gewähren. Solange er schlumpfig grinst, haben sie keinen Vorwand zu
       springen.
       
       Mit Ralf Schuler verlässt ein weiterer Journalist die Bild-Zeitung, weil
       sie zu sehr „unter der Flagge“ der queeren Community arbeiten würde. Im
       Juni hatte schon Judith Sevinç Basad gekündigt und in einem offenen Brief
       Springers Umgang mit der woken Community kritisiert. Haben Sie die Bild
       jemals als zu „woke“ wahrgenommen? 
       
       Auch nicht leicht: Springer versucht, für seinen internationalen Auftritt
       aus den stylischen Highheels zu duften wie, zu Hause muss ja Geld verdient
       werden, der olle Schreihals Bild aus dem Wehrmachtstiefel. Da wird unter
       der Regenbogenfahne auf „Gender-Gaga“ eingehasst, freuen wir uns auf die
       Ratgeberserie „Richtig schwul sein mit Bild“. Schuler und die ähnlich
       gelagerte Fällin Basad neulich mögen bei Reichelt vor Anker gehen, alsbald
       von rechts: der Doppel-Achsel. Jedes Mal wenn einer wechselt, wird er
       „Journalist“ genannt: Win-in.
       
       Urlaubsbilder aus Italien sorgen in der Regel für Sommergefühle. Doch
       verfliegt die gute Sommerlaune, wenn Sie an die rechtsextreme Politikerin
       [4][Giorgia Meloni] denken, die bald die Ministerpräsidentin von Italien
       werden könnte? 
       
       Mit lückenlos strahlendem Lächeln predigt „der Westen“ seine Wertemission.
       Und nur der Zahnarzt weiß: auf dem Röntgenbild moderne Gruselclowns wie
       Trump und Johnson, eine gelernte Faschistin, illiberale Demokraten wie
       Orbán und ein Nicht-Le-Pen, ein kariöser Befund. Europa – der nächste Apfel
       könnte dein letzter sein. Das lädt eher zur Demut auch im Außenkontakt.
       
       Der Ex-Kanzler Gerhard Schröder verklagt den Bundestag, denn er will
       unbedingt sein Büro zurückhaben. Ist ein Leben ohne Büro möglich? Und wen
       wollten Sie schon immer mal verklagen? 
       
       Christian Wulff erzählte mal, wie ihm ein „Verschlag unterm Dach mit
       Taubenkot“ zugewiesen wurde für die „nachwirkenden Amtsgeschäfte“.
       Tatsächlich nahm er eine ganze Reihe von Vertretungen für urlaubende oder
       erkrankte Bundespräsidenten wahr. Schröder nachwirkt irrlichternder, und
       gerade drum wäre dem Parlament zu wünschen, in der Kategorie Würdelosigkeit
       die genannten nicht unbedingt tunneln zu wollen.
       
       Und was machen die Borrussen? 
       
       Kölns Denkmal Modeste auf dem Schlussverkauf geschnappt. Der weiß doch beim
       direkten Aufeinandertreffen nicht, wen er nach einem Treffer schmusen darf.
       
       Fragen: Larena Klöckner
       
       14 Aug 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Nach-Angriff-auf-Salman-Rushdie/!5874270
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       ## AUTOREN
       
   DIR Friedrich Küppersbusch
       
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